Ausgangspunkt des Anspruchs des VN ist der Versicherungsschein (§ 3 VVG) und gegebenenfalls Nachträge, aus denen sich ergibt, ob und in welchem Umfang (Teil- oder Vollkaskoversicherung, Höhe der Selbstbeteiligung, Werkstattbindung etc.) das Fahrzeug kaskoversichert ist. Die weiteren Einzelheiten ergeben sich aus den diesem Vertrag zugrunde liegenden Versicherungsbedingungen. In der Kaskoversicherung ist der Fahrzeugschaden inklusive der mitversicherten Teile (A.2.1 AKB) versichert. Der Fahrzeugschaden wird abzüglich der Selbstbeteiligung (A.2.5.8 AKB) gezahlt, wobei die Höhe der Selbstbeteiligung zwischen Teil- und Vollkasko variieren kann. Die Einzelheiten zur Höhe der Entschädigung ergeben sich aus A.2.5 AKB ("Was zahlen wir im Schadenfall?"). Für die fiktive Abrechnung ist eine Vergleichsbetrachtung zwischen Reparaturkosten und Wiederbeschaffungsaufwand erforderlich, in deren Mittelpunkt die Klausel A.2.5.2.1 AKB steht. Wenn das Fahrzeug nicht vollständig oder nicht fachgerecht repariert wird, werden nach lit. b. dieser Klausel die Reparaturkosten nur bis zur Höhe des um den Restwert verminderten Wiederbeschaffungswerts (= Wiederbeschaffungsaufwand) erstattet. Die vollständige und fachgerechte Reparatur muss "durch eine Rechnung" nachgewiesen werden, wobei alle Voraussetzungen kumulativ erfüllt sein müssen, was sich aus dem klaren Wortlaut von A.2.5.2.1 lit. a AKB ergibt. Eine Bestätigung des Sachverständigen über die vollständige und fachgerechte Reparatur oder andere Nachweise (Zeugen, Bilder o.Ä.) genügen danach grundsätzlich nicht.[13] Gegen diese Regelung bestehen in der Rechtsprechung keine Bedenken, weil der VN in der Kaskoversicherung nur den tatsächlich erlittenen Schaden ersetzt erhalten soll.[14] Diese Klausel verstößt auch nicht gegen das wirtschaftliche Sicherungsinteresse des VN, weil er mit dem Verbleib des Restwertes in seinem Vermögen und der Zahlung der Differenz zum Wiederbeschaffungswert letztendlich den Wert seines Fahrzeugs vollständig erstattet bekommen kann. Wenn die Reparatur fachgerecht und vollständig durch eine Rechnung nachgewiesen wird, ist die Grenze der Wiederbeschaffungswert. Bei fiktiver Abrechnung ist dagegen der Wiederbeschaffungsaufwand maßgeblich. Liegen bei einem Vergleich die Reparaturkosten unter dem Wiederbeschaffungsaufwand, können die fiktiven Reparaturkosten beansprucht werden. Ansonsten kann nur auf Totalschadenbasis abgerechnet werden.

[13] Meinecke, in: Stiefel/Maier, Kraftfahrtversicherung, 19. Aufl. (2017), A.2 AKB, Rn 581, anders und ohne Begründung nur Jacobsen, in: Feyock/Jacobsen/Lemor, Kraftfahrtversicherung, 3. Aufl. (2009), A.2 AKB 2008, Rn 123.
[14] BGH, NJW-RR 2021, 756 Rn 14, 17 = zfs 2021, 687; OLG Saarbrücken zfs 2020, 571; OLG Hamm, zfs 2021, 574.

I. Erforderliche Kosten

Gemäß A.2.5.2.1 AKB werden die für die Reparatur "erforderlichen Kosten" gezahlt. Wie hoch diese Kosten sind, ergibt sich indes nicht aus den Bedingungen. Für die Auslegung dieses Begriffs greift der BGH[15] nicht auf das allgemeine Schadensrecht und den Begriff des "erforderlichen Geldbetrages" aus § 249 Abs. 2 S. 1 BGB zurück, sondern legt die allgemeinen Maßstäbe für die Auslegung von Versicherungsbedingungen zugrunde. Diese sind so auszulegen, wie sie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und unter Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs verstehen muss. Dabei kommt es auf die Verständnismöglichkeiten eines VN ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse und damit auch auf seine Interessen an. In erster Linie ist vom Wortlaut der jeweiligen Klausel auszugehen. Der mit dem Bedingungswerk verfolgte Zweck und der Sinnzusammenhang der Klauseln sind zusätzlich zu berücksichtigen, soweit sie für den VN erkennbar sind.

[15] BGHZ 207, 358 = NJW 2016, 314 Rn 9 f. = zfs 2016, 29.

1. Höhe der Reparaturkosten

Die Höhe der Reparaturkosten ist abhängig von der jeweiligen Werkstatt, die unterschiedliche Kosten (Stundenverrechnungssätze, Verbringungskosten, Ersatzteilaufschläge u.a.) in Rechnung stellen. Am günstigsten sind in der Regel die Preise in den Partnerwerkstätten der VR, dann folgen die freien Werkstätten, während die markengebundenen Fachwerkstätten die höchsten Kosten in Rechnung stellen. Aus dem Wortlaut von A.2.5.2.1 lit. a AKB ergibt sich zunächst, dass die Kosten zu erstatten sind, die für eine vollständige und fachgerechte Reparatur objektiv erforderlich sind. Kann aufgrund des Umfangs und/oder der Schwierigkeiten eine vollständige und fachgerechte Reparatur nur in der Fachwerkstatt durchgeführt werden, sind deren Kosten maßgeblich.[16] Die weitere Auslegung der Bedingungen führt nach der Rechtsprechung des IV. Senats des BGH im Ergebnis zu einem teilweisen Gleichklang mit den vom VI. Senat für das allgemeine Kfz-Schadensrecht entwickelten Grundsätzen.[17] Dabei stellt der BGH für seine Auslegung zutreffend darauf ab, dass der durchschnittliche VN nicht davon ausgeht, dass seine Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag hinter den deliktischen Ansprüchen zurückbl...

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