BGB § 249 Abs. 1 § 251 Abs. 1

Leitsatz

1. Erwirbt der Geschädigte für sein unfallbeschädigte "Unikat" (hier: Alfa Romeo 156) mit umfangreicher Sonderausstattung ein ähnliches Fahrzeug ohne Sonderausstattung, aber in einem vergleichbaren Preissegment, kann hierin die Anschaffung eines gleichwertigen Ersatzfahrzeugs liegen und den Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung begrenzen.

2. Weist das Ersatzfahrzeug alsbald Defekte auf, liegt dies nicht mehr in der Verantwortungssphäre des Schädigers, sondern gehört zum allgemeinen Risiko des Geschädigten.

OLG Düsseldorf, Urt. v. 13.4.2021 – I-1 U 119/20

Sachverhalt

Der Kl. hat die Bekl. nach einem Unfall u.a. auf Zahlung einer Nutzungsausfallsentschädigung für 90 Tage in Anspruch genommen. Tatsächlich hatte er sich bereits nach 20 Tagen zu einem etwas über dem Schätzwert liegenden Preis einen entsprechenden Gebrauchtwagen angeschafft, der aber nicht über dieselben Sonderausstattungen, wie Xenonscheinwerfer, Multifunktionslenkrad, Regensensor, beheizte Scheiben und Spiegel sowie Sitzheizung und Klimaautomatik verfügte und der zudem bereits nach kurzer Zeit wegen technischer Mängel nicht mehr fahrtüchtig war.

Das LG hat dem Kl. nur eine Nutzungsausfallsentschädigung für die Dauer von 20 Tagen zuerkannt und den weitergehenden Anspruch abgewiesen. Dass der Ersatzwagen bereits nach kurzer Zeit nicht mehr fahrtüchtig gewesen sei, falle nicht mehr in die Risikosphäre der Bekl. und könne daher nicht zu einer Haftung der Bekl. für weiteren Nutzungsausfall führen.

Die dagegen eingelegte Berufung hatte keinen Erfolg.

2 Aus den Gründen:

"… Die zulässige Berufung des Kl. ist nicht begründet."

Das LG hat zu Recht entschieden, dass dem Kl. kein über den Betrag von 890 EUR hinausgehender Anspruch auf Nutzungsausfallersatz zusteht.

Der Kl. hat grundsätzlich für den Zeitraum, in welchem er sein Fahrzeug unfallbedingt nicht hat nutzen können, einen Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung. Anspruchsgrundlage ist insoweit § 251 Abs. 1 BGB. Der unfallbedingte Ausfall eines Kfz stellt nach st. Rspr. einen wirtschaftlichen Schaden dar, weil die ständige Verfügbarkeit eines Kfz als geldwerter Vorteil anzusehen ist (BGH, Urt. v. 10.6.2008 – VI ZR 248/07, juris Rn 6). Anspruchsvoraussetzung ist, dass der Geschädigte einen Nutzungswillen und eine hypothetische Nutzungsmöglichkeit hat (BGH, a.a.O., Rn 7). Die Lebenserfahrung spricht dafür, dass der Halter und Fahrer eines privat genutzten Pkw diesen während eines unfallbedingten Ausfalls benutzt hätte (Senat, Urt. v. 22.1.2007 – I-1 U 151/06, juris Rn 18 ff.; Urt. v. 1.10.2001 – 1 U 206/00, juris Rn 40; so auch OLG Celle VersR 1973, 717; OLG Frankfurt DAR 1984, 318; OLG Köln VRS 96, 325).

Die mit der Zerstörung seines Fahrzeugs bei dem Unfall weggefallene Möglichkeit, ein Kfz zu nutzen, wurde indes durch die Beschaffung des Ersatzfahrzeugs am 3.6.2015 beseitigt, sodass nach diesem Zeitpunkt kein weiterer Anspruch auf Ausgleich des in dem Verlust der Nutzungsmöglichkeit liegenden Schadens mehr besteht.

Gem. § 249 Abs. 1 BGB hat der zum Schadensersatz Verpflichtete den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre (Naturalrestitution). Dies kann im Falle der Beschädigung eines Fahrzeugs sowohl durch dessen Reparatur als auch durch die Anschaffung eines gleichwertigen Ersatzfahrzeugs geschehen (BGH, Urt. v. 23.5.2017 – VI ZR 9/17, juris Rn 7). Dabei kommt es allein auf eine wirtschaftliche Gleichwertigkeit der Ersatzbeschaffung unter objektiven Gesichtspunkten an. Entscheidend ist daher nicht, wie gerade der Geschädigte den Wert seines alten und den Wert eines Ersatzfahrzeugs ansetzt, sondern ob eine Schätzung unter objektiven Wertmaßstäben zur Feststellung einer wirtschaftlichen Gleichwertigkeit führt. Auf bestimmte Ausstattungsmerkmale und Sonderfunktionen kann es daher grundsätzlich nur ankommen, soweit sie auf dem Markt objektiv werterhöhend wirken. Auf der anderen Seite ist gerade eine wirtschaftliche Gleichwertigkeit im Rahmen der subjektbezogenen Schadensbetrachtung nur gegeben, wenn das Ersatzfahrzeug das beschädigte Fahrzeug in seiner konkreten, ihm vom Geschädigten in objektiv nachvollziehbarer Weise zugedachten und wirtschaftlich relevanten Funktion ersetzen kann (BGH, Urt. v. 23.5.2017 – VI ZR 9/17, juris Rn 8).

Da der Kl. das Unfallfahrzeugs zu Fortbewegungs- und Transportzwecken genutzt hat, ist das Ersatzfahrzeug geeignet, dessen Funktion ohne Einschränkungen zu erfüllen. Dafür sind die durch den Kl. angeführten besonderen Ausstattungsmerkmale des Unfallfahrzeugs wie Xenonscheinwerfer, Multifunktionslenkrad, Regensensor, beheizte Scheiben und Spiegel, Sitzheizung und Klimaautomatik nicht von Bedeutung. Überwiegend dienen diese Ausstattungsmerkmale der nach dem Vorstehenden nicht maßgeblichen Erhöhung des subjektiven Fahrkomforts. Daneben haben Komponenten wie etwa Xenonscheinwerfer oder das Multifunktionslenkrad zwar auch einen Einfluss auf die Fahrsicherheit, weil die Sichtverhältnisse verbessert werden bzw. der Fahr...

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