Leitsatz

Leitsatz: Die in einem formularmäßigen Mietvertrag enthaltene Klausel, nach der der Mieter verpflichtet ist, bei seinem Auszug alle von ihm angebrachten oder vom Vormieter übernommenen Tapeten zu beseitigen, ist wegen unangemessener Benachteiligung des Mieters unwirksam (amtlicher Leitsatz des BGH).

 

Normenkette

BGB § 535

 

Kommentar

In einem Wohnungsmietvertrag waren unter anderem folgende Klauseln enthalten:

§ 8

… 2. Der Mieter ist verpflichtet, die während der Dauer des Mietverhältnisses entsprechend nachstehenden Fristen fällig werdenden Schönheitsreparaturen fachgerecht auszuführen (Küche/Bäder/Duschen/Toiletten: alle 3 Jahre, Wohn- und Schlafräume/Flure/Dielen: alle 5 Jahre, übrige Räume/Fenster/Türen/Heizkörper: alle 6 Jahre) …

§ 13

1. Bei Mietende hat der Mieter … die Mieträume in vertragsgemäßem Zustand (vgl. § 8) zurückzugeben.

Eine nach Ablauf der in § 8 Nr. 2 genannten Fristen entstandene, aber nicht erfüllte Verpflichtung zur Durchführung der Schönheitsreparaturen hat der Mieter bis zur Beendigung des Mietverhältnisses nachzuholen.

2. Insbesondere hat der Mieter bei seinem Auszug … die von ihm angebrachten oder vom Vormieter übernommenen Bodenbeläge sowie Wand- und Deckentapeten zu beseitigen und die durch die Anbringung oder Beseitigung verursachten Schäden an Unterböden sowie Wand- oder Deckenputz zu beheben.

Der Mieter hat die Tapeten bei Vertragsende nicht entfernt. Der BGH hatte zu prüfen, ob dem Vermieter aufgrund der vertraglichen Vereinbarungen Schadensersatzansprüche zustehen.

Dies wird vom BGH verneint, weil die Klauseln in § 8 Nr. 2 und § 13 Nr. 2 des Mietvertrags unwirksam sind. Maßgeblich hierfür sind folgende Erwägungen:

1. Zur Klausel in § 13 Nr. 2 des Mietvertrags ist anzumerken: Der BGH hat mit Urteil vom 14.5.2003 (VIII ZR 308/02) und vom 25.6.2003 (VIII ZR 335/02) entschieden, dass eine Formularklausel unwirksam ist, wenn sie den Mieter verpflichtet, die Mieträume unabhängig vom Zeitpunkt der Vornahme der letzten Schönheitsreparaturen renoviert zu übergeben. Bei dieser Vertragsgestaltung kann nicht ausgeschlossen werden, dass der Mieter mit Renovierungspflichten belastet wird, die über den tatsächlichen Renovierungsbedarf hinausgehen. Ein solcher Fall wird insbesondere dann vorliegen, wenn sich die Wohnung noch in einem vertragsgemäßen Zustand befindet, etwa weil der Mieter erst vor kurzem Schönheitsreparaturen vorgenommen hat. Aus denselben Gründen ist auch die in § 13 Nr. 2 des Mietvertrags postulierte Verpflichtung zur Entfernung der Tapeten bei Vertragsende unwirksam. Nach dem Wortlaut der Klausel muss der Mieter die Tapeten nämlich auch dann entfernen, wenn sich diese noch in gutem Zustand befinden.

2. Die Regelung in § 8 Nr. 2 des Mietvertrags verpflichtet den Mieter zur Durchführung von Schönheitsreparaturen, wenn die in der Klausel genannten Fristen abgelaufen sind. Solche "starren" Fristen können nach ständiger Rechtsprechung des BGH nicht durch Formularvertrag vereinbart werden (BGH, Urteil v. 23.6.2004, VIII ZR 361/03; Urteil v. 22.9.2004, VIII ZR 360/03; Urteil v. 5.4.2006, VIII ZR 106/05). Die Unwirksamkeit des Fristenplans hat auch die Unwirksamkeit der Renovierungsklausel zur Folge (BGH, Urteil v. 23.6.2004, VIII ZR 361/03).

3. Nach der gesetzlichen Regelung in § 546 Abs. 1 BGB ist der Mieter grundsätzlich verpflichtet, die Mietsache so zurückzugeben, wie er sie erhalten hat. Er muss deshalb Einrichtungen entfernen und bauliche Änderungen rückgängig machen. Der BGH hat offen gelassen, ob der Mieter nach der gesetzlichen Regelung die von ihm angebrachten Tapeten entfernen muss. Eine solche Verpflichtung besteht jedenfalls dann nicht, wenn der Mieter zur Durchführung von Schönheitsreparaturen verpflichtet ist und die Tapeten in Erfüllung dieser Verpflichtung angebracht hat.

In dem zur Entscheidung stehenden Fall ist die Renovierungsklausel zwar unwirksam; hier gilt allerdings der Grundsatz, dass sich der Verwender eines Formularvertrags nicht auf die Unwirksamkeit einzelner Klauseln berufen kann (BGH, Urteil v. 4.12.1997, VII ZR 187/96; Urteil v. 13.10.2004, I ZR 249/01).

 

Link zur Entscheidung

BGH, Urteil vom 05.04.2006, VIII ZR 109/05, WuM 2006, 310

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