Leitsatz

In einem gewerblichen Mietvertrag hält eine Klausel, die dem Vermieter ein Leistungsbestimmungsrecht dahingehend einräumt, bei einer Änderung der ortsüblichen oder angemessenen Miete den vom Mieter zusätzlich oder weniger zu zahlenden Betrag nach billigem Ermessen (§ 315 BGB) festzusetzen, der Inhaltskontrolle gemäß § 307 Abs. 1 BGB stand.

(amtlicher Leitsatz des BGH)

 

Normenkette

BGB § 307 Abs. 1

 

Kommentar

Zwischen der Wasserstraßenverwaltung des Bundes und einem Segelverein besteht ein Mietvertrag über eine Steg- und Slipanlage sowie eine Wasserfläche. Der Mietzins betrug ursprünglich 2.099 DM/p.a.

In § 5 Abs. 4 des Vertrags ist folgende Mietanpassungsklausel vereinbart: "Die WSV prüft nach Ablauf von jeweils 3 Jahren, erstmals zum 1. Januar 1999, ob das Nutzungsentgelt noch ortsüblich oder sonst angemessen ist. Bei einer Änderung setzt sie den zusätzlich oder weniger zu zahlenden Betrag nach billigem Ermessen (§ 315 BGB) fest und teilt dem Nutzer die Höhe des künftig zu zahlenden Nutzungsentgelts mit."

Die Vermieterin machte von der Anpassungsklausel am 1.1.1999, am 1.1.2002 und am 1.1.2005 Gebrauch. Die Mieterin hat die ersten beiden Anpassungen akzeptiert; die Anpassung zum 1.1.2005 lehnt die Mieterin ab. Das Berufungsgericht hat die Zahlungsklage der Vermieterin abgewiesen und ausgeführt, dass die Mietanpassungsklausel gegen § 307 Abs. 1 BGB verstoße und damit unwirksam sei.

Der BGH ist anderer Ansicht. Die Entscheidung beruht auf folgenden Grundsätzen:

1. AGB-Vereinbarung

Mietanpassungsklauseln können grundsätzlich durch eine Allgemeine Geschäftsbedingung vereinbart werden.

2. Inhaltskontrolle der Vertragsklausel

Ist die Klausel so gefasst, dass dem Vermieter hinsichtlich der Mietänderung ein Ermessensspielraum verbleibt, gelten die Grundsätze über den Leistungsvorbehalt. Solche Klauseln unterliegen nicht dem Preisklauselverbot des § 1 Abs. 1 Preisklauselgesetz (PrKG), aber der Inhaltskontrolle nach § 307 BGB.

3. Transparente Klauselformulierung

Nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB muss die Klausel dem Transparenzgebot genügen. Dies erfordert, dass die Klausel verständlich formuliert ist. Im Einzelnen muss sich aus der Klausel ergeben

  • der Anlass der Mietänderung,
  • die Bezugsgröße und
  • der Umfang der Mietanpassung.

Die zur Beurteilung stehende Klausel genügt diesen Anforderungen, weil die dort verwendeten Begriffe der Auslegung zugänglich sind: Hinsichtlich der Ortsüblichkeit des Entgelts kann auf § 546a Abs. 1 BGB zurückgegriffen werden. Angemessen ist die Mietänderung, wenn als Maßstab die bei einem Neuabschluss erzielbare Miete gewählt wird.

4. Unbillige Benachteiligung

Nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB darf der Mieter durch die Klausel nicht unbillig benachteiligt werden. Unbillig ist eine Klausel, wonach der Vermieter das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung zu seinen Gunsten einseitig ver­ändern kann, um dadurch seinen Gewinn zu maximieren. Hiervon ist nicht auszugehen, wenn

  • eine Mietanpassung für beide Seiten möglich ist und
  • als Bezugsgröße die ortsübliche Miete für vergleichbare Mietobjekte gewählt wird.

Die erste Voraussetzung ist bei einem Leistungsvorbehalt regelmäßig gegeben, weil der Vermieter zur Leistungsbestimmung verpflichtet ist, wenn der Mieter hieran ein Interesse hat. Weigert sich der Vermieter, kann der Mieter Klage auf Leistungsbestimmung durch das Gericht erheben.

Die zweite Voraussetzung ist ebenfalls gewahrt.

5. Kündigungsausschluss

Der Umstand, dass dem Mieter bei einer Mieterhöhung kein Recht zur vorzeitigen Kündigung eingeräumt wird, steht der Wirksamkeit der Mietanpassungsklausel nicht entgegen.

 

Link zur Entscheidung

BGH, Urteil v. 9.5.2012, XII ZR 79/10, NJW 2012 S. 2178

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