Komplizierte Forderungsaufstellung

Der BGH muss sich immer wieder mit der Forderungsaufstellung im Formular zum Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses beschäftigen. Der Grund liegt darin, dass die Forderungsaufstellung nicht einmal alle Standardfälle der Praxis, geschweige denn durchaus nicht seltene Konstellationen besonderer Art erfasst.

 

Hinweis

Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz hat zumindest angekündigt, in der neuen Legislaturperiode die Frage der Überarbeitung der Muster in modularer Hinsicht anzugehen. Hier ist wünschenswert, dass dazu auch die Forderungsaufstellung sehr viel flexibler gestaltet wird. Zumindest die gängigen Softwareanbieter der Rechtsanwälte und Inkassodienstleister sollten hier eingebunden werden, um einen automatisierten Übertrag zu ermöglichen. Das hilft auch, Fehler zu vermeiden.

Der BGH macht dabei von dem Grundsatz, dass die Forderungsaufstellung auszufüllen ist, verschiedene Ausnahmen, die der Gläubiger und seine Rechtsdienstleister kennen sollten, um unnötigen Aufwand zu vermeiden. Die nachfolgende Rechtsprechungsübersicht dokumentiert die wichtigsten Entscheidungen des BGH.

 

Aktuelle Rechtsprechung des BGH zur ZVFV

 
Entscheidung Leitsatz

BGH v. 15.6.2016

VII ZB 58/15

FoVo 2016, 198

1. Sofern das Antragsformular gemäß Anlage 2 zu § 2 Satz 1 Nr. 2 ZVFV für den Antrag des Gläubigers auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses hinsichtlich der zu vollstreckenden Forderungen auf Seite 3 keine vollständige und zutreffende Eintragungsmöglichkeit bietet, ist es nicht zu beanstanden, wenn der Gläubiger wegen der zu vollstreckenden Forderungen insgesamt auf eine in einer Anlage beigefügte Forderungsaufstellung verweist, auch wenn eine zutreffende Eintragung der zu vollstreckenden Forderungen in die vorgegebene Forderungsaufstellung teilweise möglich gewesen wäre.

2. Das Antragsformular bietet auf Seite 3 keine vollständige und zutreffende Eintragungsmöglichkeit, wenn der Gläubiger die Vollstreckung wegen mehrerer Kostenforderungen nebst Zinsen mit gleicher Zinshöhe, aber unterschiedlichen Zinsläufen betreibt.

3. Das Vollstreckungsgericht ist im Rahmen des streng formalisierten Zwangsvollstreckungsverfahrens nicht befugt, eine vom Gläubiger vorgenommene Verrechnung an ihn geleisteter Zahlungen auf ihre Richtigkeit gemäß § 367 Abs. 1 BGB hin zu überprüfen.
   

BGH v. 11.5.2016

VII ZB 54/15

FoVo 2016, 172
Es ist nur die noch zu vollstreckende Restforderung in der zweiten Zeile auf Seite 3 des Formulars einzutragen. Die Erfassung der von Seiten der Schuldnerin erfolgten Ratenzahlungen ist nicht erforderlich. Ein Bedürfnis des Gerichtes oder des Drittschuldners, über die Höhe der ursprünglichen Hauptforderung, die erfolgten Ratenzahlungen und deren Anrechnung informiert zu werden, besteht nicht. Eine solche Eintragung ist im amtlichen Formular möglich.
   

BGH v. 4.11.2015

VII ZB 22/15

FoVo 2016, 77

1. Die Summe mehrerer Hauptforderungen kann in der ersten Zeile auf Seite 3 des Formulars eingetragen werden.

2. Zwar bietet das Formular im Folgenden nicht die Möglichkeit, ausgerechnete Zinsen für die jeweiligen Teilforderungen und zusätzlich weiter laufende Zinsen aufzuführen. Das bleibt aber zumindest dann unerheblich, wenn für alle Teilforderungen der gleiche Zinssatz und der gleiche Zinsbeginn zu berücksichtigen ist.

3. Vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten können in der sechsten Zeile, die festgesetzten Kosten in der achten Zeile, die Zinsen auf die festgesetzten Kosten in der zehnten Zeile und die bisherigen Vollstreckungskosten in der elften Zeile eingetragen werden.
   

BGH v. 20.2.2014

VII ZB 42/13

JurBüro 2014, 322
Die den Formularzwang für Anträge auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses regelnden Rechtsnormen können verfassungskonform dahingehend ausgelegt werden, dass der Gläubiger vom Formularzwang entbunden ist, soweit das Formular unvollständig, unzutreffend, fehlerhaft oder missverständlich ist.
   

BGH v. 13.2.2014

VII ZB 39/13

FoVo 2014, 46

1. Die Forderungsaufstellung auf Seite 3 zeigt sich für eine Vielzahl der praktischen Fälle als ungeeignet. Sie ist darüber hinaus in sich missverständlich.

2. So ist aufgrund des Aufbaus des Formulars, das in der ersten und vorletzten Zeile die Möglichkeit vorsieht, auf eine anliegende Forderungsaufstellung zu verweisen, unklar, ob zwingend in der ersten Spalte ein Betrag einzutragen ist oder ob alternativ dazu auf eine beigefügte Forderungsaufstellung verwiesen werden kann.
 

3. Missverständlich sind zudem die Zeilen 3 und 4 betreffend die Zinsansprüche. So kann das Formular dahingehend verstanden werden, dass in der ersten Spalte die ausgerechneten Zinsen einzutragen sind, die sodann in der zweiten Spalte erläutert werden, wofür der Gesamtaufbau der Forderungsaufstellung spricht. Bei einem solchen Verständnis des Formulars findet der Antragsteller jedoch keine Eintragungsmöglichkeit für die weiteren, ab Antragstellung laufenden Zinsen. Die Zeilen 3 und 4 können jedoch auch dahingehend aufgefasst werd...

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