Einführung

Während in der Anwaltspraxis im Verkehrsrecht die Frage nach einer Rechtsschutzversicherung zum absoluten Standard gehört, wird bei einer familienrechtlichen Beratung danach nur in den seltensten Fällen gefragt – zu Unrecht, wie in diesem Beitrag für den Praktiker gezeigt werden soll.

Denn gerade in den letzten Jahren wurden die Produkte der Rechtsschutzversicherer insoweit geradezu drastisch erweitert. Neben dem auch seit langem gewährten Beratungsrechtsschutz und dem Rechtsschutz für allgemein schuldrechtliche Streitigkeiten zwischen Eheleuten bieten viele Versicherer heute auch eine Abdeckung für die weiterführende Tätigkeit über die Beratung hinaus.

1. Vertragsinhaber

Die Eingangsfrage für den Anwalt sollte als erstes lauten:

Wer ist der Versicherungsnehmer (VN) der Rechtsschutzversicherung?

Denn nur der VN als Vertragsinhaber der Versicherung genießt Versicherungsschutz. Der – nur – mitversicherte Ehegatte kann nach allgemeinen Bedingungen keine Ansprüche gegen den VN erheben. Das ist logisch: Die Versicherung finanziert nicht Aktionen gegen den eigenen Vertragspartner, den VN.

 
Hinweis

Praxistipp:

Nützlich es auch gleich zu Beginn nach einer Selbstbeteiligung (SB) zu fragen:

Die Deckung für eine Beratung nützt nichts, wenn eine SB von 250 EUR besteht. Selbstbeteiligungen sind häufig, Verträge mit SBs teilweise bis zu 500 EUR sind nicht selten!

2. Schuldrechtlicher Anspruch

Stets gedeckt ist/war im Modul Familienrecht die erste Beratung.

Ebenfalls seit jeher sind natürlich auch schuldrechtliche Streitigkeiten der Eheleute gedeckt. Die Einschränkung mit dem Hinweis, dass hier ja zwischen Ehefrau und Ehemann gestritten wird, ist bei Versicherern ebenso beliebt wie unzutreffend. Ein Anspruch ist nicht familienrechtlicher Natur nur wegen der beteiligten Personen.

 
Hinweis

Praxistipp:

Eine griffige Abgrenzung bringt stets die Kontrollfrage des Anwalts nach der Anspruchsgrundlage. Einfach ausgedrückt: Ist die Vorschrift, aus der ich meinen Anspruch ableite, aus dem Familienrecht oder aus dem Schuldrecht? Letzteres wird gedeckt, anderes nicht.

Mit der Einführung der erweiterten Zuständigkeit des Familiengerichts auch für schuldrechtliche Streitigkeiten im Rosenkrieg wurde dieses Ablehnungsargument bei Versicherern natürlich beliebter, aber nicht richtiger. Denn die gerichtliche Zuständigkeit hat nichts mit der Natur des Anspruchs zu tun.

3. Deckungsumfang

Nun haben seit geraumer Zeit – von den meisten Scheidungsanwälten unbemerkt – viele, vor allem einige der marktstärksten Versicherer den Deckungsumfang erweitert.

Am häufigsten wird dabei auch eine über die Beratung hinausgehende Tätigkeit bis zu einem bestimmten Gebührenvolumen vom Versicherer übernommen.

Hier soll die nachfolgende kleine Tabelle eine Orientierung für die Praxis bieten, ohne Anspruch auf Vollständigkeit zu erheben.

 
Rechtsschutzversicherungen im Familienrecht – wer zahlt was?
Hinweis: Aufgrund der völlig unterschiedlichen Struktur der einzelnen ARBs ist eine Prüfung im Einzelfall unerlässlich! Gute Seite als Überblick: www.rsv-bedingungen.de
Versicherer nur Beratung Geschäftsgebühr/Verfahrensgebühr bis zu Weiteres Extratarife Leistungen
ADAC nichts          
ADVOCARD   x 1.000 EUR Betreuung/Vorsorge    
ARAG   0,5 1.000 EUR   Komfort Familie Scheidung bis 30.000 EUR
ALLIANZ x          
Alte Leipziger/R. Union/Itzehoher x       Comfort bis zu 1.000 EUR
AllRecht   x 750 EUR      
Auxilia   x 1.500 EUR Mediation    
BGV x     Mediation    
Concept IF   x 2.000 EUR Scheidung bis 2.500 EUR Comfort div.
Concordia   x 500 EUR Vorsorge bis 750 EUR    
Continentale x     Betreuung    
DAS   x 1.000 EUR      
DEBEKA x     Betreuung    
Deurag x          
HDI x          
HUK x       Rechtsschutz PLUS bis zu 1.000 EUR/Mediation u.a.
LVM   x 1.500 EUR nur außergerichtlich    
NRV x       XXL Rechtsschutz bis zu 1.000 EUR
ÖRAG x          
Roland x     u.U. Mediation    
VGH   x 520 EUR      
VHV x       XXL Rechtsschutz bis zu 1.000 EUR
Hinweis: Diese Aufstellung erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit!

Natürlich kann nicht der gesamte Markt mit allen Versicherungen dargestellt werden. Auch sind die Bedingungen so unterschiedlich in Aufbau und Darstellung und den einzelnen Strukturen, dass in jedem Einzelfall ein Blick in die Bedingungen notwendig sein wird. Dennoch zeigt sich eine für die Praxis und den Betroffenen erhebliche Ausweitung gegenüber dem früher ausschließlich für die Beratung gewährten Rechtsschutz.

Natürlich ist dabei auch zu beachten, dass der Schutz für jede einzelne Angelegenheit im gebührenrechtlichen Sinn zu gewähren ist.

Also kann der Getrenntlebensunterhalt neben einem Streit über die elterliche Sorge abrechnet werden. Streit über die Zahlung gemeinsamer Schulden ist neben der Ehescheidung abzurechnen. Die Summe der anwaltlichen Gebühren kann damit zugunsten des Mandanten über dessen Rechtsschutzdeckung deutlich reduziert werden.

4. Verfahrenskostenhilfe

Ein Problem in der Praxis wird dabei in Zukunft häufiger auftreten: die Gewährung von Verfahrenskostenhilfe.

Im Erklärungsformular befindet sich immer die Frage nach dem Bestand einer Recht...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge