Leitsatz

Ausdrückliche Hinweispflicht des Verwalters zur Einsichtsberechtigung in sämtliche Abrechnungsunterlagen und auch Einzelabrechnungen (Saldenlisten)!

 

Normenkette

§ 28 WEG

 

Kommentar

  1. Ein Abrechnungsbeschluss ist (erfolgreich) anfechtbar, wenn der Verwalter nicht rechtzeitig vor der Eigentümerversammlung Eigentümern die Möglichkeit zur Einsichtnahme auch in sämtliche Einzelabrechnungen vor der entsprechenden Beschlussfassung gewährt (ständige Rechtsprechung des Senats). Eine Beschlussfassung ohne die Möglichkeit der sachgerechten Vorprüfung aller Gegenstände des Beschlusses nach § 28 Abs. 5 WEG ist keinem Eigentümer zumutbar, da etwaige Fehler in Einzelabrechnungen anderer Eigentümer nach Eintritt der Bestandskraft solcher Beschlüsse nicht mehr zu beheben sind. Vor und spätestens während einer Eigentümerversammlung ist deshalb den Eigentümern uneingeschränkt und in zumutbarer Weise Gelegenheit zu geben, die Einzelabrechnungen sämtlicher Miteigentümer einzusehen; hierauf sind die Eigentümer auch ausdrücklich hinzuweisen (Senat, WE 1997, 232). Die Offenlegung der Unterlagen hat dabei zeitlich so zu erfolgen, dass einzelnen Eigentümern ausreichend Zeit bleibt, alle Saldenlisten zu prüfen. Ein Verwalter kann seiner dementsprechenden Auskunftspflicht insoweit auch nicht durch Bereithalten der Unterlagen in seinem Büro nachkommen; vielmehr muss er die Auskünfte dort geben, wo sie benötigt werden, also am Ort der Eigentümerversammlung. Es genügt nicht, dass der Verwalter die entsprechenden Unterlagen bei der Versammlung lediglich mitführt, ohne auf deren Vorhandensein und die Einsichtsmöglichkeit schon vorab ausdrücklich hinzuweisen. Ein solcher Hinweis erfolgte im vorliegenden Fall weder in der Einladung noch zu Beginn der Versammlung. Ein Hinweis im Einladungsschreiben, für etwaige "Belegeinsichten" sei vorherige Terminvereinbarung erforderlich, genügt nicht, da unter "Belege" nicht die Einzelabrechnungen sämtlicher Eigentümer bzw. entsprechender Saldenlisten fallen. Nicht ausreichend ist auch, dass der Verwalter bei der Versammlung die Einzelabrechnungen mit sich geführt hat und bereit gewesen wäre, Einsicht "auf Verlangen" zu gewähren, ohne dies ausdrücklich bekannt zu geben und eine zumutbare Einsichtsmöglichkeit einzuräumen. Es reicht auch nicht aus, wenn sich ein Verwalter lediglich bereit erklärt, in seinen Büroräumen die Unterlagen bereitzustellen.
  2. Im Zuge der Beschlussanfechtung kommt es auch nicht darauf an, ob einer der Eigentümer vor der Abstimmung nach Saldenlisten gefragt hat (was offensichtlich vorliegend nicht der Fall war) oder ob geltend gemacht wird, nach Einsicht wäre anders abgestimmt worden.
Anmerkung

Dieses Entscheidungsergebnis hinsichtlich geforderter Hinweispflichten eines Verwalters – auch unaufgefordert – geht m. E. zu weit. Selbstverständlich besitzen alle Eigentümer vor, während und auch nach einer Versammlung Einsichtsrechte – unstreitig – in alle Verwaltungsunterlagen und damit auch in Einzelabrechnungen anderer Miteigentümer, allerdings m. E. auch in einer für Verwalter und die Gesamtgemeinschaft zumutbaren Weise. Auch Saldenlisten können überprüft werden, da innerhalb einer Gemeinschaft insoweit keine Anonymitätszwänge bestehen. Hat hier ein Eigentümer zu Einzelabrechnungsergebnissen und insbesondere korrekter Kostenverteilung Fragen, kann er selbstverständlich auch noch nach einer Versammlung in bestehender einmonatiger Beschlussanfechtungsklagefrist Einsicht nehmen, um aus seiner Sicht einen etwa fehlerhaften Abrechnungsgenehmigungsbeschluss angreifen zu können. Von einer steten Pflicht eines Verwalters, unaufgefordert Eigentümer auf zumutbare Einsichtnahme hinzuweisen, überdies mit vielleicht zeitraubender Einsichtgewährung in der Versammlung zu betreffendem Beschlusspunkt, ergibt sich m. E. nicht aus dem Gesetz und im Regelfall auch nicht aus einem abgeschlossenen Verwaltervertrag. Abstimmungsvorgänge könnten hier auch zum Unwillen der anderen Eigentümer nicht unerheblich verzögert werden, sodass solche Einsichten bei etwa bestehenden Bedenken eines einzelnen Eigentümers vor oder auch nach einer Versammlung vorgenommen werden sollten. Auch in Einladungsschreiben muss auf solche Einsichtsrechte nach bisher gängiger und weitgehend unbestrittener Praxis entgegen der Meinung des Senats nicht bereits ausdrücklich hingewiesen werden. Um berechtigten Eigentümerwünschen Rechnung zu tragen, habe ich i. Ü. stets die Empfehlung ausgesprochen, gerade in größeren Gemeinschaften vor einer Versammlung evtl. Sprechnachmittage einzurichten, um hier mögliche Einzelfragen zur Abrechnung bereits im Vorfeld einer Versammlung ohne Zeitdruck abklären zu können.

Die Rechtsprechung des Kölner Senats geht in allen diesen Fragen m. E. zu weit, bedenkt man auch die früheren, heftig kritisierten Entscheidungen des Senats sogar zum Gebot einer Aushändigung aller Einzelabrechnungen an alle beschließenden Miteigentümer (!) und später – eingeschränkt – auf Mitnahme aller Einzelabrechnungen durch den Verwalt...

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