ZPO §§ 93, 276, 307 S. 2

Leitsatz

Ein sofortiges Anerkenntnis liegt nach Anordnung des schriftlichen Vorverfahrens regelmäßig nur vor, wenn der Beklagte dieses innerhalb der Klageerwiderungsfrist erklärt und er in seiner Verteidigungsanzeige weder einen klageabweisenden Antrag angekündigt hat, noch dem Klageanspruch auf sonstige Weise entgegengetreten ist.

BGH, Beschl. v. 21.3.2019 – IX ZB 54/18

1 Sachverhalt

Der Kläger, Verwalter in dem Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin, verlangte die Rückgewähr von Zahlungen der Schuldnerin an das Finanzamt nach §§ 143, 133 InsO. Außergerichtlich lehnte dieses Zahlungen ab. Daraufhin hat der Kläger das beklagte Land verklagt; die Klageschrift ist dem Beklagten mit der Anordnung des schriftlichen Vorverfahrens nach § 276 ZPO und der Aufforderung zugestellt worden, innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen nach Zustellung der Klage dem Gericht schriftlich mitzuteilen, wenn er sich gegen die Klage verteidigen wolle oder ob der Anspruch teilweise oder ganz anerkannt werde. Gleichzeitig ist dem Beklagten aufgegeben worden, innerhalb einer Frist von weiteren zwei Wochen schriftlich auf die Klage zu erwidern. Innerhalb der ersten dem Beklagten gesetzten Frist haben sich Prozessbevollmächtigte für ihn bestellt und einen Klageabweisungsantrag angekündigt. Die gesonderte Begründung werde folgen. Innerhalb der Klageerwiderungsfrist ist der Klageanspruch anerkannt und beantragt worden, die Kosten des Rechtsstreits dem Kläger aufzuerlegen. Das LG hat demgegenüber die Kosten des Rechtsstreits dem Beklagten aufgebürdet. Dessen sofortige Beschwerde hat das Beschwerdegericht zurückgewiesen. Mit seiner vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der Beklagte sein erstinstanzliches Begehren weiter.

2 Aus den Gründen

Die zulässige (§ 99 Abs. 2, § 567 Abs. 2, § 574 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 ZPO) Rechtsbeschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.

1. Das Beschwerdegericht hat ausgeführt, der Beklagte habe den Klageanspruch im gerichtlichen Verfahren nicht sofort anerkannt, weil er mit der Verteidigungsanzeige den Antrag auf Klageabweisung angekündigt und erst innerhalb der Klageerwiderungsfrist anerkannt habe.

2. Dies hält rechtlicher Überprüfung stand. Der Beklagte hat den Klageanspruch entgegen § 93 ZPO nicht sofort anerkannt. Ihm waren deswegen nach §§ 93, 91 ZPO die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen.

a) Nach § 93 ZPO sind dem Kläger die Prozesskosten aufzuerlegen, wenn der Beklagte keine Veranlassung zur Klageerhebung gegeben hat und den geltend gemachten Anspruch sofort anerkennt. Ob diese Voraussetzungen im Einzelfall vorliegen, ist eine Frage tatrichterlicher Würdigung, die im Rechtsbeschwerdeverfahren nur eingeschränkt überprüft werden kann (BGH, Beschl. v. 22.10.2015 – V ZB 93/13, NJW 2016, 572 Rn 17 [= AGS 2016, 144]). Die Entscheidung des Beschwerdegerichts, der Beklagte habe den Klageanspruch nicht sofort i.S.v. § 93 ZPO anerkannt, ist in diesem Rahmen nicht zu beanstanden. Wenn das Gericht ein schriftliches Vorverfahren anordnet, muss das Anerkenntnis nicht schon in der Verteidigungsanzeige erklärt werden. Es kann vielmehr, jedenfalls wenn die Verteidigungsanzeige weder einen Sachantrag ankündigt noch das Klagevorbringen bestreitet, noch in der fristgerecht eingereichten Klageerwiderung erklärt werden (BGH, Beschl. v. 30.5.2006 – VI ZB 64/05, BGHZ 168, 57 Rn 22; v. 22.10.2015, a.a.O., Rn 21). So ist der Beklagte verfahren, jedoch erst nachdem er zuvor in der Verteidigungsanzeige einen Antrag auf Klageabweisung angekündigt hatte.

b) In Lit. u. Rspr. ist streitig, ob im Fall des schriftlichen Vorverfahrens ein in der Klageerwiderung erklärtes Anerkenntnis noch sofort erfolgt, wenn der Beklagte in der Verteidigungsanzeige einen Antrag auf Klageabweisung angekündigt hat. So wird vertreten, dass ein Beklagter in diesem Fall das Kostenprivileg des § 93 ZPO verliert (OLGR Karlsruhe 2003, 198; OLGR Karlsruhe 2004, 513, 514; OLGR Brandenburg 2005, 523, 524; KG, Beschl. v. 10.5.2007 – 20 SCH 14/06, juris Rn 13; OLG Brandenburg, Beschl. v. 20.10.2007 – 5 W 51/07, juris Rn 5; OLG Naumburg FamRZ 2008, 1643; OLG Saarbrücken, Beschl. v. 26.4.2016 – 1 W 10/16, juris Rn 28 f.; Zöller/Herget, ZPO, 32. Aufl., § 93 Rn 4; Prütting/Gehrlein/Schneider, ZPO, 10. Aufl., § 93 Rn 3; MüKo-ZPO/Schulz, 5. Aufl., § 93 Rn 14; Deichfuß, MDR 2004, 190, 192). Andere meinen, auch nach der Ankündigung des Antrags auf Klageabweisung in der Verteidigungsanzeige könne der Beklagte in der Klageerwiderung sofort i.S.v. § 93 ZPO anerkennen (OLG Celle FamRZ 2011, 1748, 1749; wohl auch Stein/Jonas/Muthorst, ZPO, 23. Aufl., § 93 Rn 6 f.), zumindest, wenn er mit der Ankündigung des Klageabweisungsantrags gleichzeitig zum Ausdruck bringe, er habe den Klageanspruch noch nicht abschließend prüfen können (OLGR Frankfurt 2008, 813, 814; BeckOK-ZPO/Jaspersen, 2018, § 93 Rn 98), oder – umgekehrt – wenn er nicht in der Verteidigungsanzeige eine erkennbar abschließend gemeinte ablehnende Stellungnahme zur Klage vorbringe (OLG Bamberg FamRZ 1995, 1075, 1076).

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