Rz. 249

Die Arbeitsvertragsparteien können in bestimmten Grenzen die Kündigungsfristen abweichend von § 622 Abs. 1 und 2 BGB regeln. Einzelvertraglich kann eine kürzere als die in § 622 Abs. 1 BGB genannte Kündigungsfrist nur in den Fällen des § 622 Abs. 5 S. 1 Nr. 1 und 2 BGB vereinbart werden (vgl. dazu im Einzelnen Rdn 251 und Rdn 252). Die einzelvertragliche Vereinbarung längerer als der in den § 622 Abs. 1 bis 3 BGB genannten Kündigungsfristen ist nach § 622 Abs. 5 S. 2 BGB jedoch möglich.

 

Rz. 250

Wegen ihres Schutzzweckes unterliegen auch die gesetzlichen Kündigungstermine nur in beschränktem Umfang der Disposition der Arbeitsvertragsparteien. So kann mit einem Angestellten, dessen regelmäßiger Kündigungstermin nach einer tariflichen Bestimmung der Schluss eines Kalendervierteljahres ist, kein Kündigungstermin vereinbart werden, der nicht auf ein Monatsende fällt. Selbst wenn die Kündigungsfrist durch einzelvertragliche Vereinbarung auf ein Jahr ausgedehnt wird, kann die Kündigung wegen § 622 Abs. 2 S. 1 BGB nicht zu jedem Tag oder jedem Wochenschluss, sondern stets nur zum Monatsende zugelassen werden.

 

Rz. 251

Gem. § 622 Abs. 5 Nr. 1 BGB kann die gesetzliche Kündigungsfrist bei einem Aushilfsarbeitsverhältnis während der ersten drei Monate verkürzt werden. Das Gesetz sieht dabei keine Mindestkündigungsfrist vor. Infolgedessen können die Arbeitsvertragsparteien auch eine (ordentliche) fristlose Kündigung vereinbaren (BAG v. 22.5.1986 – 2 AZR 392/85, NZA 1987, 60, 61). Bei wörtlicher Auslegung lässt § 622 Abs. 5 Nr. 1 BGB nur eine Verkürzung der Kündigungsfristen zu, trifft aber keine Aussage darüber, ob die Arbeitsvertragsparteien auch abweichende Kündigungstermine vereinbaren können. Wenn aber entfristete ordentliche Kündigungen vereinbart werden können, widerspräche es dem Sinn und Zweck der den Parteien eingeräumten Regelungsbefugnis, eine Kündigung ohne oder mit verkürzter Frist gleichwohl bei Aushilfsangestellten nur zum Schluss eines Kalendermonats zuzulassen (BAG v. 22.5.1986 – 2 AZR 392/85, NZA 1987, 60 f.). Daher können die Parteien auch abweichende Kündigungstermine vereinbaren.

 

Rz. 252

§ 622 Abs. 5 Nr. 2 BGB bietet Arbeitgebern, die i.d.R. nicht mehr als zwanzig Arbeitnehmer ausschließlich der zu ihrer Berufsbildung Beschäftigte beschäftigten (sog. Kleinbetriebe), die Möglichkeit, eine vierwöchige Kündigungsfrist ohne Bindung an die festen Kündigungstermine des § 622 Abs. 1 BGB zu vereinbaren. Dies folgt aus einer teleologischen Auslegung der Norm, weil sie sonst keinen von § 622 Abs. 1 BGB abweichenden Regelungsinhalt hätte (Ascheid/Preis/Schmidt/Linck, 622 BGB Rn 160; ErfK/Müller-Glöge, § 622 BGB Rn 18). Mithin können in Kleinbetrieben nur die beiden Kündigungstermine des § 622 Abs. 1 BGB, nicht aber die vierwöchige Kündigungsfrist abbedungen werden. Von den verlängerten Kündigungsfristen gem. § 622 Abs. 2 BGB darf hingegen nicht abgewichen werden (Adomeit/Thau, NJW 1994, 11, 14; ErfK/Müller-Glöge, § 622 BGB Rn 18).

 

Rz. 253

Häufig werden in Arbeitsverträgen eigenständige Regelungen für die Kündigung vereinbart, um gesuchte Fachkräfte oder Angestellte in höheren Positionen länger an das Unternehmen zu binden, bspw.:

Zitat

"Das Arbeitsverhältnis kann mit einer Frist von sechs Wochen zum Quartalsschluss gekündigt werden";

"Das Arbeitsverhältnis kann mit einer Frist von drei Monaten zum Quartalsschluss gekündigt werden";

"Das Arbeitsverhältnis kann mit einer Frist von drei Monaten zum Halbjahres- oder Jahresschluss gekündigt werden".

 

Rz. 254

Bei solchen eigenständigen (konstitutiven) Klauseln mit dem Quartalsende als Kündigungstermin stellt sich die Frage, ob das Arbeitsverhältnis mit den verlängerten Kündigungsfristen des § 622 Abs. 2 BGB zum Monatsende oder ebenfalls nur zum Quartalsende gekündigt werden kann. Je nach Zeitpunkt der Kündigung kann die vertraglich vereinbarte oder die gesetzliche Kündigungsregelung für den Arbeitnehmer günstiger sein. Die Problematik soll anhand einiger Beispiele aufgezeichnet werden:

 

Rz. 255

 

Beispiel 1

Ist ein Arbeitnehmer länger als fünf Jahre beschäftigt, dann beträgt für den Arbeitgeber die gesetzliche Kündigungsfrist "zwei Monate zum Ende eines Kalendermonates" (§ 622 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 BGB). Kündigt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer bspw. am 31.7. eines Jahres zum 30.9. des Jahres, dann sind sowohl die gesetzliche Kündigungsfrist des § 622 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 BGB als auch die vertragliche Kündigungsfrist "von sechs Wochen zum Quartalsschluss" gewahrt; es gibt keine Auslegungsprobleme. Kündigt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer dagegen am 31.8. eines Jahres zum 31.10. des Jahres, dann ist zwar die gesetzliche Kündigungsfrist des § 622 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 BGB eingehalten, nicht aber die vertragliche Kündigungsfrist, denn der 31.10. ist kein Quartalsende.

 

Rz. 256

 

Beispiel 2

Ist ein Arbeitnehmer länger als 12 Jahre beschäftigt, dann beträgt für den Arbeitgeber die gesetzliche Kündigungsfrist "fünf Monate zum Ende eines Kalendermonates" (§ 622 Abs. 2 S. 1 Nr. 5 BGB). Kündigt d...

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