Rz. 192

In engem Zusammenhang mit der Aufklärung und Beratung des Mandanten über das Prozessrisiko steht die Aufklärung über die mit einem Prozess verbundenen Kosten (vgl. Rdn 433 ff.).[794] So hat der Rechtsanwalt den Mandanten vor der Führung aussichtsloser bzw. unsicherer Rechtsstreitigkeiten v.a. auch wegen der mit dem Prozessverlust verbundenen Kostenbelastung (§§ 91 ff. ZPO) zu warnen. Ein Rechtsanwalt, der die Erfolgsaussichten eines Prozesses nicht ausreichend geprüft und deshalb dem Mandanten geraten hat, einen aussichtslosen Rechtsstreit zu führen, haftet wegen der unnütz angefallenen Kosten auf Schadensersatz.[795] Für die Anforderungen an eine Belehrung des Auftraggebers über die anfallenden Kosten macht es keinen Unterschied, ob der Rechtsanwalt prozessual oder beratend tätig werden soll. Hat der Gesichtspunkt der Kosten bei dem Mandanten erkennbar nur untergeordnete Bedeutung, muss dieser keine besonderen Kostenvermeidungsstrategien entwickeln, etwa dem Mandanten im Bereich des gewerblichen Rechtsschutzes zur unaufgeforderten Abgabe einer Abschlusserklärung raten, um damit erstattungsfähige Kosten des Gegners zu vermeiden.[796]

Wird Klage erhoben, um die Verjährung des Anspruchs zu hemmen (§ 204 BGB), und ist eine alsbaldige Zustellung der Klage erforderlich, um die Rückwirkung der Zustellung nach § 167 ZPO zu sichern, muss der Mandant oder die Rechtsschutzversicherung auf die Notwendigkeit zügiger Erledigung der Gerichtskosteneinzahlung hingewiesen werden,[797] wenn diese vom Mandanten oder der Rechtsschutzversicherung selbst besorgt werden soll, oder es ist entsprechend ein Kostenvorschuss an den Anwalt anzufordern, damit dieser, wenn er nicht in Vorlage treten will, die Einzahlung binnen spätestens 14 Tagen nach Eingang der Gerichtskostenrechnung vornehmen kann.

[794] Vgl. Borgmann/Jungk/Schwaiger, § 20 Rn 99 bis 104; Vollkommer/Greger/Heinemann, § 12 Rn 27 ff.; Fahrendorf, in: Fahrendorf/Mennemeyer, Rn 583.
[795] BGH, WM 1998, 779, 782, 783 – Steuerberaterhaftung.

aa) Grds. keine Kostenaufklärung

 

Rz. 193

Grds. ist ein Rechtsanwalt nicht verpflichtet, den Mandanten von sich aus auf die Entgeltlichkeit seiner Tätigkeit (§§ 675 Abs. 1, 612 Abs. 1, 632 Abs. 1 BGB) hinzuweisen. Auch auf die Höhe der nach dem RVG anfallenden Gebühren braucht der Rechtsanwalt i.d.R. nicht ungefragt hinzuweisen (vgl. Rdn 434).[798] § 49b Abs. 5 BRAO[799] normiert eine gesetzliche Ausnahme (vgl. dazu Rdn 195). Der Grundsatz, dass die unterliegende Partei die Kosten eines Rechtsstreits zu tragen, insb. auch die dem Gegner erwachsenden Kosten zu erstatten hat, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren (§ 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO), ist allgemein bekannt,[800] jedenfalls bei den schon länger in Deutschland lebenden Mandanten. Der BGH verweist darauf, dass kein Mandant erwarten darf, ein Fachberater werde unentgeltlich für ihn tätig. Dessen gesetzliche Gebühren sind allgemein zu erfahren.[801] Die Partei hat selbst zu erwägen, ob sich die Rechtsverfolgung lohnt. Soweit hierzu die Höhe der aufzuwendenden Kosten von Bedeutung ist, ist es eine Obliegenheit des Mandanten, sich bei dem beauftragten Rechtsanwalt zu erkundigen.[802] Der Rechtsanwalt kann allerdings vor Abschluss eines Vergleichs verpflichtet sein, den Mandanten auf die Mehrkosten durch den Vergleich und ersparte Kosten bei Fortführung des Verfahrens hinzuweisen.[803]

Inwieweit sich aus den Informationspflichten nach § 312a Abs. 2 BGB i.V.m. Art. 246 EGBGB, § 312e BGB, § 312d BGB i.V.m. Art. 246a EGBGB, der DL-InfoV und § 5 TMG (vgl. Rdn 9) etwas anderes ergibt, ist noch nicht geklärt.

[798] RGZ 118, 365, 367; BGH, NJW 1969, 932, 934; BGH, NJW 1998, 136, 137; BGH, NJW 1998, 3486, 3487; BGH, 20.11.2008 – IX ZR 24/08, AGS 2010, 216, Tz. 2; BGH, 24.5.2007 – IX ZR 89/06, WM 2007, 1390, 1391, Tz. 9; BGH, 20.11.2008 – IX ZR 34/06, JurionRS 2008, 26316, Tz. 2.
[799] Eingefügt durch Kostenrechtsmodernisierungsgesetz v. 5.5.2004, BGBl I, S. 718.
[800] Fahrendorf, in: Fahrendorf/Mennemeyer, Rn 1857; Vollkommer/Greger/Heinemann, § 12 Rn 27; Borgmann/Jungk/Schwaiger, § 20 Rn 99.
[801] BGH, NJW 1998, 136, 137.
[802] RGZ 118, 365, 367.
[803] OLG Karlsruhe, WM 2013, 1759, Tz. 36.

bb) Ausnahmen

 

Rz. 194

Der vorbeschriebene Grundsatz wird durch zahlreiche Ausnahmen eingeschränkt, in denen der Rechtsanwalt den Auftraggeber auch über die Kosten einer beabsichtigten Rechtsverfolgung aufklären muss (vgl. Rdn 433 ff.).[804] Diese Aufklärungspflicht besteht dann i.d.R. bereits vor Abschluss des Anwaltsvertrages. Solche vorvertraglichen Pflichten ggü. einem Vertragsinteressenten sind wesentlich enger begrenzt als die Pflichten innerhalb eines Vertragsverhältnisses (allgemein zu vorvertraglichen Pflichten des Rechtsanwalts siehe § 1 Rdn 209 ff.).[805]

[805] BGH, NJW 1998, 136, 137.

(1) § 49b Abs. 5 BRAO

 

Rz. 195

Nach § 49b Abs. 5 BRAO, der mit dem Rechtsanwaltsve...

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