Rz. 15

Gemäß § 1601 sind Verwandte in gerader Linie verpflichtet, einander Unterhalt zu gewähren. Die weit überwiegende Zahl an Sachverhalten betrifft in diesem Zusammenhang die Unterhaltspflicht der Eltern gegenüber ihren Kindern, insbesondere gegenüber ihren minderjährigen Kindern.

 

Rz. 16

Die nachfolgende Darstellung des Unterhaltsanspruchs des minderjährigen Kindes gegen seine Eltern nach § 1601 orientiert sich an den oben dargestellten Anspruchsvoraussetzungen, die das Prüfungs- und Bearbeitungsschema und damit die Voraussetzungen für die Schlüssigkeit eines Antrags vorgeben.

Der Inhalt einer Antragsschrift auf Zahlung von Unterhalt zugunsten eines minderjährigen Kindes nach § 1601 muss also Ausführungen zu den Anspruchsvoraussetzungen

Eltern-Kind-Verhältnis
Bedarf
Bedürftigkeit
Leistungsfähigkeit

enthalten.

Die weiteren Anspruchsvoraussetzungen, mithin

Haftung der Eltern
Beginn und Ende des Unterhaltsanspruchs
und ggfs. Rangfolge

sind optional abzuhandeln, sofern im Rahmen dieser Voraussetzung Probleme im Sachverhalt liegen.

Die nachfolgende Darstellung erfolgt anhand dieser Vorgabe und wird die Detailprobleme im Rahmen der einzelnen Anspruchsvoraussetzungen als Überschriften behandeln.

I. Eltern-Kind-Verhältnis

 

Rz. 17

Die Frage nach dem Eltern-Kind-Verhältnis ist entscheidend für die Bestimmung der Beteiligten im Rahmen des Rechtsverhältnisses "Unterhaltsanspruch des Minderjährigen gegen die Eltern" nach § 1601, allerdings sicherlich nur in wenigen, konkreten Fällen problematisch.

Das Eltern-Kind-Verhältnis wird durch das Abstammungsrecht (§§ 1591 ff.) geregelt.[20]

[20] Zum Ganzen: Keuter, Das familienrechtliche Mandat–Statusrecht, § 2 Rn 1 ff.

1. Mutter

 

Rz. 18

Mutter ist gem. § 1591 die Frau, die das Kind geboren hat.

Die gesetzliche Regelung der Muttereigenschaft ab 1.7.1998 wurde erforderlich, da aufgrund der "Manipulationsmöglichkeiten an Eizelle und Embryo"[21] die Identität zwischen gebärender und genetischer Mutter zunehmend in Frage gestellt wurde.

Diese Problemlage stellt sich bei erfolgter Eispende, Embryonenspende und Ersatzmutterschaft. Gegebenenfalls ist bei Vorliegen einer solchen Sachverhaltskonstellation die genetische Abstammung im Rahmen des § 1598a zu klären.[22]

 

Rz. 19

 

Praxistipp

Weitergehende Ausführungen sind im Rahmen einer Antragsschrift an dieser Stelle angezeigt, sofern sich offenkundig die Problematik der Muttereigenschaft stellt. Dies ist der Fall bei Vorliegen einer Ei-, Embryonenspende oder Ersatzmutterschaft. Gegebenenfalls ist ein Vorgehen nach § 1598a (Abstammungsklärungsantrag) zur eindeutigen Feststellung der Mutterschaft i.S.d. § 1591 erforderlich.

[21] Hdb. FamR/Waruschewski, 3. Kap. Rn 90.
[22] Vgl. hierzu Dose/Klinkhammer, § 2 Rn 2 a.E.; Hdb. FamR/Waruschewski, 3. Kap. Rn 84 ff.

2. Vater

 

Rz. 20

Die Vatereigenschaft ist in den §§ 1592, 1593 geregelt.

Vater ist mithin der mit der Mutter im Zeitpunkt der Geburt verheiratete Mann (§ 1592 Nr. 1) oder der innerhalb eines Zeitraums von 300 Tagen vor der Geburt verstorbene Ehemann der Mutter (§ 1593 Satz 1); der Mann, der die Vaterschaft anerkannt hat (§ 1592 Nr. 2) oder der Mann, dessen Vaterschaft gerichtlich festgestellt worden ist (§ 1592 Nr. 3). Sofern die Vatereigenschaft nach § 1592 bzw. § 1592 Nr. 1 in Verbindung mit § 1593 Satz 1 besteht, ist eine anderweitige Anerkennung der Vaterschaft unwirksam (§ 1594 Abs. 2).

 

Rz. 21

 

Praxistipp

Bei § 1592 Nr. 1 handelt es sich um eine gesetzliche Vermutung,[23] die auch dann Geltung hat, wenn das Kind vor der Ehe gezeugt worden ist. Damit sind die weiteren Alternativen der Nr. 1 und 2 des § 1592 ausgeschlossen. Die Sperrwirkung kann nur im Wege der Anfechtung durch gerichtliche Feststellung beseitigt werden.
Diese Vermutung gilt auch für den Fall der künstlichen Befruchtung.[24]
Die Vatereigenschaft kann nur nach § 1592 Nr. 2 und 3 bestimmt werden, wenn kein Fall der Nr. 1 vorliegt, so dass sich die Vaterschaft nur aus der Anerkennung oder der gerichtlichen Feststellung ergibt. Vor Wirksamkeit der Anerkennung oder Rechtskraft der Feststellung dürfen die Rechtswirkungen der Vaterschaft nicht geltend gemacht werden (§§ 1594 Abs. 1, 1600d Abs. 4), so dass Unterhaltsansprüche eines nichtehelichen Kindes gegen seinen – mutmaßlichen – Vater vor Anerkennung oder vor gerichtlicher (rechtskräftiger) Feststellung der Vaterschaft grds. ausgeschlossen sind. Die Abstammung muss im Statusverfahren geklärt werden.[25] Das Kind kann Unterhalt nach Anerkennung oder Feststellung der Vaterschaft auch für die davor liegende Zeit verlangen (§ 1613 Abs. 2 Nr. 2a).
 

Rz. 22

Keine Anwendung finden die §§ 1592, 1593, wenn das Kind nach der Anhängigkeit des Scheidungsantrags aber während (noch) bestehender Ehe geboren wird und ein Dritter spätestens innerhalb eines Jahres nach Rechtskraft der Scheidung die Vaterschaft anerkennt (§ 1599 Abs. 2 Satz 1). Diese Anerkennung erfordert darüber hinaus die Zustimmung des (geschiedenen) Ehemanns der Mutter (§ 1599 Abs. 2 Satz 2).

[23] Hdb. FamR/Waruschewski, 3. Kap. Rn 115.

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