Rz. 431

Reicht das Einkommen des Unterhaltsschuldners nicht aus, um alle gleichrangigen Ansprüche minderjähriger und privilegiert volljähriger Kinder zu befriedigen, ist sein unterhaltsrechtlich relevantes Einkommen nach Abzug des notwendigen Selbstbehalts (=Verteilungsmasse) zu gleichen Teilen auf die Berechtigten zu verteilen. Zu diesem Zweck wird der Unterhaltsbedarf des minderjährigen und/oder privilegiert volljährigen Kindes als Einsatzbetrag ermittelt, dann werden die Einsatzbeträge der Berechtigten verhältnismäßig gekürzt, indem der Einsatzbetrag um den Teil gekürzt wird, der diesem Bedarf prozentual aus der Verteilungsmasse zur Verfügung steht. Es wird eine Mangelverteilung durchgeführt.[585]

 

Rz. 432

 

Praxistipp

Durchführung der Berechnung (Leitlinien Nr. 24)

Die nach Abzug des Selbstbehalts des Unterhaltspflichtigen verbleibende Verteilungsmasse (V) ist anteilig auf alle gleichrangigen unterhaltsberechtigten Kinder im Verhältnis ihrer Unterhaltsansprüche zu verteilen.[586]

 

Rz. 433

Die prozentuale Kürzung (K) berechnet sich nach der Formel:

 
K = V X 100

K = prozentuale Kürzung

S = Summe der Einsatzbeträge

V = Verteilungsmasse
S

Das im Rahmen der Mangelfallberechnung gewonnene Ergebnis ist auf seine Angemessenheit zu überprüfen.[587]

 

Rz. 434

Zu beachten ist bei der Ermittlung der Einsatzbeträge, dass seit dem 1.1.2008 das Kindergeld gemäß § 1612b Abs. 1 Satz 1 den Barbedarf des Kindes in anrechenbarem Umfang (hälftig) mindert. Daher bestimmt nunmehr der Zahlbetrag den Einsatzbetrag.[588]

 

Rz. 435

Reicht das unterhaltsrechtlich relevante Einkommen des Unterhaltsschuldners nicht zur Deckung des Unterhalts aus, ist eine Herabgruppierung anhand der Bedarfskontrollbeträge vorzunehmen. Der Mangelfall wird erst festgestellt, wenn der Unterhaltsschuldner auch den Unterhalt der 1. Einkommensgruppe der Düsseldorfer Tabelle bei Wahrung des notwendigen Selbstbehalts nicht leisten kann.[589] Dann ist eine Mangelfallberechnung – wie nachfolgend beispielhaft[590] dargestellt – vorzunehmen:

 

Rz. 436

 

Sachverhalt 1

Der unterhaltspflichtige Vater V hat ein bereinigtes Nettoeinkommen von 2.000 EUR. Unterhaltsberechtigt sind ein 18-jähriges Kind K 1, das bei der Mutter M lebt und das Gymnasium besucht, und die beiden minderjährigen Kinder K 2 (14 Jahre) und K 3 (10 Jahre), die von der Mutter betreut werden. Das Kindergeld in Höhe von insgesamt 750 EUR wird an die Mutter ausbezahlt, deren sonstiges Einkommen unter 1.000 EUR liegt.

Unterhaltsberechnung

Der Vater V ist allein barunterhaltspflichtig für alle Kinder.

Bedarf K 1

628 EUR (DT 2023, Gruppe 1, 4. Altersstufe) – 250 EUR Kindergeld ergibt einen ungedeckten Bedarf in Höhe von 378 EUR.

Bedarf K 2

588 EUR (DT 2023, Gruppe 1, 3. Altersstufe) – 125 EUR ½ Kindergeld ergibt einen ungedeckten Bedarf in Höhe von 463 EUR.

Bedarf K 3

502 EUR (DT 2023, Gruppe 1, 2. Altersstufe) – 125 EUR ½ Kindergeld ergibt einen ungedeckten Bedarf in Höhe von 377 EUR.

Summe der Einsatzbeträge (S): K 1 + K 2 + K 3

378 EUR + 463 EUR + 377 EUR = 1.218 EUR

 

Praxistipp zum Bedarf und damit zu den Einsatzbeträgen

Das Kindergeld mindert gemäß § 1612b Abs. 1 Satz 1 den Barbedarf des Kindes in anrechenbarem Umfang (hälftig). Daher bestimmt nunmehr der Zahlbetrag den Einsatzbetrag. Dieser kann somit aus der Kindergeldabzugstabelle entnommen werden.

Verteilungsmasse (V): bereinigtes Nettoeinkommen – Selbstbehalt

2.000 EUR – 1.370 EUR = 630 EUR

Praxistipp zum Selbstbehalt und damit zur Verteilungsmasse (V)

Der Selbstbehalt ist den Leitlinien des jeweiligen Oberlandesgerichts zu entnehmen, dort Ziff. 21.2.

Prozentuale Kürzung (K) gemäß Formel

630 EUR : 1.218 EUR x 100 = 51,72 %

Berechnung der jeweiligen Unterhaltsansprüche

K 1: 378 EUR x 51,72 % = 197 EUR

K 2: 463 EUR x 51,72 % = 240 EUR

K 3: 372 EUR x 51,72 % = 193 EUR

Lösung

V muss Barunterhalt für K 1 in Höhe von 197 EUR, für K 2 in Höhe von 240 EUR und für K 3 in Höhe von 193 EUR bezahlen.

 

Rz. 437

 

Sachverhalt 2

Der unterhaltspflichtige, aber nicht erwerbstätige Vater V hat ein bereinigtes Nettoeinkommen von 1.400 EUR. Unterhaltsberechtigt sind ein 18-jähriges Kind K 1, das bei der Mutter M lebt und das Gymnasium besucht, und die beiden minderjährigen Kinder K 2 (14 Jahre) und K 3 (10 Jahre), die von der Mutter betreut werden. Das Kindergeld in Höhe von insgesamt 750 EUR wird an die Mutter ausbezahlt, deren sonstiges Einkommen unter 1.000 EUR liegt.

Unterhaltsberechnung

Der Vater V ist alleine barunterhaltspflichtig für alle Kinder.

Bedarf K 1

628 EUR (DT 2023, Gruppe 1, 4. Altersstufe) – 250 EUR Kindergeld ergibt einen ungedeckten Bedarf in Höhe von 378 EUR.

Bedarf K 2

588 EUR (DT 2023, Gruppe 1, 3. Altersstufe) – 122 EUR ½ Kindergeld ergibt einen ungedeckten Bedarf in Höhe von 463 EUR.

Bedarf K 3

502 EUR (DT 2023, Gruppe 1, 2. Altersstufe) – 125 EUR ½ Kindergeld ergibt einen ungedeckten Bedarf in Höhe von 377 EUR.

Summe der Einsatzbeträge (S): K 1 + K 2 + K 3

378 EUR + 463 EUR + 377 EUR = 1.218 EUR

Verteilungsmasse (V): bereinigtes Nettoeinkommen – Selbstbehalt

1.400 EUR – 1.120 EUR = 280 EUR

 

Praxi...

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