Weil Arbeiten bei Tageslicht eigentlich ein Grundbedürfnis und in vielen Branchen selbstverständlich ist, gibt es viele Betriebe, die mit der Forderung nach Tageslichteinfall und Sichtkontakt nach außen gar kein Problem haben. Andererseits sind bauliche Maßnahmen am und Investitionen in Gebäude nicht billig. Wenn ein Betrieb vor der Notwendigkeit steht, in schwieriger räumlicher Situation weitere Arbeitsplätze einrichten zu müssen, kann es daher schnell eine wesentliche Frage sein, wo oder ob überhaupt ein Fenster vorhanden sein muss bzw. ob die in der ArbStättV angegebenen Ausnahmen geltend gemacht werden können.

Die jetzt gültige Formulierung:

"Der Arbeitgeber darf als Arbeitsräume nur solche Räume betreiben, die möglichst ausreichend Tageslicht erhalten und die eine Sichtverbindung nach außen haben." (mit nachfolgender Ausnahmenliste)

ist tatsächlich als verschärfende Klarstellung gedacht gegenüber der vorherigen:

"Die Arbeitsstätten müssen möglichst ausreichend Tageslicht erhalten …".

Das machen auch die offiziellen Erläuterungen zur aktuellen ArbStättV deutlich sowie die Tatsache, dass in Abs. 3 ein gewisser Bestandsschutz nach Inkrafttreten der aktuellen ArbStättV ausdrücklich geregelt ist. Die betrieblichen Verantwortlichen sollten also in jedem Fall davon ausgehen, dass Arbeitsräume grundsätzlich Tageslichteinfluss und Sichtkontakt nach außen haben müssen und tatsächlich nur dann darauf verzichtet werden kann, wenn eine der in Anhang 3.4 Abs. 1 ArbStättV aufgelisteten Ausnahmen konkret greift. Im Zweifel macht es Sinn, die zuständige staatliche Arbeitsschutzbehörde dazu anzufragen.

Wie genau die behördliche Auslegungspraxis sich dabei entwickeln wird, bleibt abzuwarten.

 
Praxis-Beispiel

Büros in fensterlosen Innenräumen

Allein die Tatsache, dass ein im Kern eines Gebäudes liegender Raum nun mal kein Fenster haben kann, ist sicher nicht als "bautechnischer Grund" nach Anhang 3.4 Abs. 1 ArbStättV und damit als tolerable Ausnahme zu werten. Eine Nutzung als Arbeitsraum ist damit nicht dauerhaft möglich, wohl aber als "Rückzugsraum" für Beschäftigte, die in einem Mehrpersonenbüro arbeiten und nach einem fexiblen Arbeitsplatzkonzept für gelegentliche Arbeiten mit hohem Konzentrationsbedarf einen besonders ruhigen Raum aufsuchen. Der Beschäftigte hält sich dann dort "regelmäßig nicht über einen längeren Zeitraum" auf und es gibt betriebliche Gründe (nämlich den gezielten Bedarf für einen Raum mit wenig Ablenkung), die die Nutzung rechtfertigen – selbstverständlich nur, wenn der Raum ansonsten anforderungsgerecht gestaltet ist.

 
Praxis-Beispiel

Medizinische Behandlungsräume

Diese Räume haben in aller Regel keinen Sichtkontakt nach außen, weil der Einblick von außen aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes für die Patienten und der möglichst geringen Ablenkung für die Beschäftigten unbedingt vermieden werden soll. Wird der Sichtschutz z. B. über Strukturglas oder Beschichtungen an den Fenstern erzielt, ist das konform zur ArbStättV, weil konkrete betriebliche Gründe gegen den Sichtkontakt vorliegen und der Tageslichteinfall gegeben bleibt. Schwierig wird es mit innenliegenden Behandlungsräumen, die keine Fenster haben. Soweit es nicht, wie etwa bei Röntgenräumen, konkrete betriebstechnische Gründe gibt, die gegen Fenster sprechen, muss Tageslichteinfall gegeben sein.

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