Sachverhalt

In einem Unternehmen ist ein schwerbehinderter Mitarbeiter seit mehr als 6 Monaten beschäftigt. Der Arbeitgeber hat vor 4 Tagen festgestellt, dass dieser Mitarbeiter Arbeitsmittel gestohlen hat; dies kann auch bewiesen werden.

Vor Ausspruch der Kündigung hört der Arbeitgeber den Betriebsrat zur beabsichtigten Kündigung an. Der Betriebsrat gibt eine Stellungnahme nicht ab, weist den Arbeitgeber aber darauf hin, dass das Integrationsamt noch anzuhören sei.

Hat der Betriebsrat recht mit seinem Einwand?

Ergebnis

Ja, der Betriebsrat hat recht. Der Arbeitgeber muss vor Ausspruch der Kündigung gegenüber schwerbehinderten Mitarbeitern das Integrationsamt anhören.[1] Voraussetzung ist allerdings, dass das Arbeitsverhältnis zum Zeitpunkt des – geplanten – Ausspruchs der Kündigung länger als 6 Monate bestanden hat. Das ist hier der Fall. Erst nach Vorliegen der Zustimmungserklärung darf der Arbeitgeber die Kündigung aussprechen.

Hintergrund der Pflicht zur Anhörung des Integrationsamts ist, dass die Behörde prüft, ob die Kündigung im Zusammenhang oder wegen der der Schwerbehinderteneigenschaft zugrunde liegenden Erkrankung ausgesprochen werden soll und ob es in diesem Falle die Möglichkeit gibt, das Arbeitsverhältnis unter geänderten Bedingungen, ggf. unter Zuzahlungen durch die Behörde an Ihr Unternehmen in Form von Entgeltzuschüssen oder durch Finanzierung von notwendigen Arbeitsmitteln, fortgesetzt werden kann.

Der Antrag des Unternehmens auf Zustimmung zur beabsichtigten Kündigung muss schriftlich oder elektronisch erfolgen. Der Arbeitgeber nennt die sozialen Daten der zu kündigenden Person, die Kündigungsgründe und auch die Anzahl der bei ihm beschäftigten Schwerbehinderten.

Das Integrationsamt soll innerhalb von einem Monat nach Eingang des Antrags entscheiden, bei fristlosen Kündigungen muss innerhalb von 2 Wochen entschieden werden.

Liegt bei beabsichtigten fristlosen Kündigungen eine Stellungnahme innerhalb von 2 Wochen nicht vor, gilt die Zustimmung als erteilt.

Praxis-Tipp

Der Arbeitgeber sollte das Integrationsamt und den Betriebsrat gleichzeitig anhören, damit er keine Zeit verliert. Das Integrationsamt wird seinerseits eine Stellungnahme beim Betriebsrat einholen, sodass es besser ist, wenn der Betriebsrat schon vom Arbeitgeber erfahren hat, worum es geht und warum er die Kündigung aussprechen will oder muss.

Auch die Schwerbehindertenvertretung muss zwingend beteiligt werden. Sie kann gleichzeitig mit Betriebsrat und Integrationsamt angehört werden. Es muss aber unbedingt vermieden werden, dass die Schwerbehindertenvertretung erst nach dem Integrationsamt angehört wird.

Achtung

Eine ohne Anhörung des Integrationsamts ausgesprochene Kündigung ist unwirksam, eine nachträgliche Zustimmung der Behörde gibt es nicht.

Besteht das Arbeitsverhältnis zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung noch keine 6 Monate, muss das Integrationsamt nicht angehört werden.

Die Kündigung gegenüber einem schwerbehinderten Menschen, die der Arbeitgeber ohne die Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung ausspricht, ist ebenfalls unwirksam. Dies gilt auch für Kündigungen innerhalb der ersten 6 Monate des Bestehens des Arbeitsverhältnisses.[2]

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Personal Office Platin. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge