2.4.1 Überblick und Sinn des Nachhaltigkeitsfaktors

 

Rz. 33

Zu dem ab 1.8.2004 in die Rentenanpassungsformel aufgenommenen Nachhaltigkeitsfaktor, der in Abs. 4 definiert wird, heißt es in der Begründung zum RV-Nachhaltigkeitsgesetz (BT-Drs. 15/2149 S. 18): "Bei der Ermittlung des neuen aktuellen Rentenwerts wird künftig neben der Veränderung der Bruttolöhne und den Belastungsveränderungen, die die Altersvorsorge betreffen, auch ein Nachhaltigkeitsfaktor berücksichtigt, der die Relation von Rentnern zu Beitragszahlern wiedergibt. Dadurch kann neben der Entwicklung der Lebenserwartung sowohl die Entwicklung der Geburten als auch die der Erwerbstätigkeit auf die Rentenanpassung übertragen werden. Dies gewährleistet eine sachgerechte Aufteilung der finanziellen Belastungen der Rentenversicherung auch unter Berücksichtigung der Entwicklung des Geburten- und Erwerbstätigenrückgangs auf Beitragszahler und Rentner und hebt sich somit vom demografischen Faktor der Rentenreform 1999 (Anm. d. Redaktion: vgl. Rz. 1) ab, der einseitig auf die Entwicklung der Lebenserwartung abstellte."

 

Rz. 34

Der Nachhaltigkeitsfaktor berücksichtigt das Verhältnis von Rentnern zu Beitragszahlern; so wird die Veränderung der Beitragszahler-Rentner-Relation auf die Rentenanpassung übertragen; Äquivalenzrentner und Äquivalenzbeitragszahler werden hierzu aus den insgesamt gezahlten Renten bzw. Beiträgen ermittelt. Sinn des Nachhaltigkeitsfaktors in der Rentenformel ist die Dämpfung eines Anstiegs der Renten bei einer Erhöhung der Zahl der Rentner im Verhältnis zur Zahl der Beitragszahler. Das entlastet die Beitragszahler und hält die Rentenkasse gerade in Zeiten demografischen Wandels leistungsfähig. Der Nachhaltigkeitsfaktor hat damit die Funktion, den Rentenanstieg zu bremsen (BSG, Urteil v. 27.2.2008, B 14/7b AS 32/06 R, Rz. 36).

 

Rz. 34a

Dabei unterscheiden sich die Ermittlungsgrundsätze für die Äquivalenzrentner grundlegend von den Ermittlungsgrundsätzen für die Äquivalenzbeitragszahler. Während die Äquivalenzrentner aus feststehenden statistischen Daten bestimmt werden können, muss zur Berechnung der Äquivalenzbeitragszahler auf ein vorläufiges Durchschnittsentgelt Bezug genommen werden, weil das endgültige Durchschnittsentgelt zum Zeitpunkt der Rentenanpassung noch nicht bestimmt wurde.

 

Rz. 35

Die Einführung des Nachhaltigkeitsfaktors verstößt nicht gegen Art. 2 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 GG (BSG, Urteil v. 13.11.2008, B 13 R 13/08 R).

2.4.2 Ermittlungsgrundsätze (Satz 1)

 

Rz. 36

Satz 1 beinhaltet das Verfahren bzw. die Grundsätze zur Festlegung und Ermittlung des Nachhaltigkeitsfaktors.

 

Rz. 37

Der Nachhaltigkeitsfaktor besteht nach Satz 1 aus der Veränderung des Rentnerquotienten (RQ) und einem Parameter α (vgl. zu den Ermittlungsgrundsätzen des Nachhaltigkeitsfaktors auch GRA der DRV zu § 68 SGB VI, Stand: 19.9.2022, Anm. 5).

Hierbei gibt RQ – unter Verwendung von Äquivalenten – das Verhältnis zwischen der Anzahl der Rentner zu der Anzahl der Beitragszahler wieder (Satz 2).

Damit geringfügige Beitrags- und Rentenzahlungen nicht zu Verzerrungen führen, hat der Gesetzgeber auf "Äquivalenzrentner" und "Äquivalenzbeitragszahler" abgestellt, die wie folgt ermittelt werden:

  • Die Anzahl der "Äquivalenzrentner" ergibt sich aus dem durch eine Regelaltersrente mit 45 Entgeltpunkten dividierten Gesamtrentenvolumen (Satz 3). Dabei bleiben Renten und Rententeile, die nach § 287 e vom Bund erstattet werden, unberücksichtigt.
  • Zur Feststellung der Anzahl der "Äquivalenzbeitragszahler" werden nach Satz 4 die beitragspflichtigen Einnahmen aller versicherungspflichtigen Arbeitnehmer (§ 1), der geringfügig Beschäftigten (§ 8 SGB IV) und – um die Situation auf dem Arbeitsmarkt einzubeziehen – der Arbeitslosengeldbezieher durch das jeweilige Durchschnittsentgelt dividiert(vgl. GRA der DRV zu § 68 SGB VI, Stand: 19.9.2022, Anm. 5). Die jeweilige Anzahl der Äquivalenzrentner und der Äquivalenzbeitragszahler ist auf 1.000 Personen genau zu berechnen (Satz 5).

Mit dem Parameter α (= 0,25, Abs. 4 Satz 6) soll die Wirkung des Nachhaltigkeitsfaktors abgemildert werden.

Die Rentner werden dadurch unmittelbar zu 1/4 an der Verschlechterung der Relation von Beitragszahlern zu Rentnern beteiligt (BT-Drs. 15/2149 S. 23).

Zur Nichtanwendung des Veränderungsfaktors beim Nachhaltigkeitsfaktor – bisher in Abs. 6 geregelt (vgl. Rz. 1) – vgl. § 68a Abs. 1.

Bis zur Herstellung einheitlicher Einkommensverhältnisse in der Bundesrepublik Deutschland werden allerdings die Anzahl der Äquivalenzrentner und der Äquivalenzbeitragszahler für die alten und neuen Bundesländer – abweichend von Abs. 4 – getrennt ermittelt (vgl. Komm. zu § 255 a Abs. 3).

 

Rz. 38

Bis zum 1.7.2026 sind bei der Bestimmung des Nachhaltigkeitsfaktors abweichend von Abs. 4 die in § 255d geregelten Besonderheiten zu beachten.

2.4.3 Rentnerquotient (Satz 2)

 

Rz. 39

Der für die Formel zur Ermittlung des Nachhaltigkeitsfaktors maßgebliche Begriff des Rentnerquotienten bestimmt Satz 2. Der Rentnerquotient wird ermittelt, indem die Anzahl der Äquivalenzrentner durch die Anzahl der Äquivalenzbeitragszahler dividiert wird.

2.4.4 Äquivalenzrentner (Satz 3)

 

Rz. 40

Der zur Ermittlung des ...

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