Rz. 5
Die persönlichen Freibeträge wurden mit der Erbschaftsteuerreform 2008 durchweg erhöht. Sie sollen – entsprechend der bisherigen Rechtslage – kleinere Vermögenserwerbe völlig von der Steuer freistellen. Die Anhebung der nach Steuerklassen gegliederten Freibeträge dient gleichzeitig der Verwaltungsökonomie, da sich die FinVerw nicht mit einer Vielzahl unbedeutenderer Erwerbsfälle befassen muss.
Die Anhebung der Freibeträge für diese Personen erfolgte auch im Hinblick auf die verfassungsrechtlich gebotene Freistellung des Familiengebrauchsvermögens (Rz. 6).
Rz. 6
Die Freistellung des Familiengebrauchsvermögens orientiert sich am Wert durchschnittlicher Einfamilienhäuser ("Omas klein Häuschen"). Grundeigentümer und Inhaber anderer Vermögenswerte sind allerdings mit einem gleichen Individualbedarf steuerlich freizustellen. Deshalb ist eine Regionalisierung dieses persönlichen Freibetrags, um dem unterschiedlichen Immobilienpreisniveau in verschiedenen Regionen für dieses "Häuschen" Rechnung zu tragen, nicht möglich. Die Gesamtentlastung für den Ehegatten und die Kinder wurde jedoch so bemessen, dass ein übliches Einfamilienhaus auch in teureren Ballungsgebieten ohne Steuerbelastung übergehen kann.
Für selbst genutztes Wohneigentum wird diese Freistellung durch § 13 Abs. 1 Nrn. 4a–4c ErbStG noch weitergehend abgesichert und damit doch eine regional unterschiedlich wirkende Verschonung gewährt – allerdings als sachbezogene Verschonung und nur unter engen gesetzlichen Voraussetzungen (§ 13 ErbStG Rz. 25 ff.). Diese Begünstigung wurde in letzter Minute noch in das Gesetz hineingenommen. Nur so konnte die vollständige Verschonung der exemplarisch genannten "selbst genutzten Villa der Millionärswitwe am Starnberger See" gewährleistet werden.
Rz. 6a
Eingetragene Partnerschaften sind mit dem ErbStRG im Hinblick auf die Freibetragsregelung den Ehegatten mit einem Freibetrag von ebenfalls 500.000 EUR gleichgestellt worden. Bis zum Inkrafttreten des JStG 2010 geschah dies in einer eigenen Nr. 6 in § 16 Abs. 1 ErbStG; die eigene Nummer wurde mit dem JStG 2010 durch die Integration der eingetragenen Lebenspartner in § 16 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG entbehrlich und wurde daher vom Gesetzgeber aufgehoben.
Ferner ist mit dem JStG 2010 auch im Hinblick auf § 16 ErbStG eine vollständige Rückwirkung der Gleichstellung eingetragener Lebenspartner auf Erwerbe, für die die Steuer nach dem 31.7.2001 entstanden ist, umgesetzt worden. In § 37 Abs. 5 ErbStG wurde angeordnet, die vollständige Gleichstellung für alle noch nicht bestandskräftigen Steuerbescheide mit Steuerentstehung ab dem 1.8.2001 zu gewähren. Die Freibeträge orientieren sich somit in der Zeit vom 1.8.2001 bis zum 31.12.2008 an der Höhe der im Besteuerungszeitpunkt gültigen Freibeträge für Ehegatten. Danach sind für die eingetragenen Lebenspartner als persönlicher Freibetrag bis zum 31.12.2001 600.000 DM und in den Jahren 2002–2008 307.000 EUR anzusetzen (§ 37 Abs. 5 Nrn. 2 und 3 ErbStG). Die Rückwirkung musste der Gesetzgeber auf Anordnung des BVerfG gewähren.
Rz. 7
Die Bedeutung der persönlichen Verhältnisse für das Freibetragsgefüge ist erkennbar hoch; Ehegatten, eingetragenen Partnern und Kindern werden stark erhöhte Freibeträge zugestanden.
Zwar sind auch die Freibeträge für die anderen Personengruppen erhöht worden; diese Anhebungen vermögen für die Betroffenen aber nicht zu überzeugen. Insbesondere können diese Freibetragserhöhungen die mit der Reform bei Grund- und Betriebsvermögen bewirkte Veränderung der Wertansätze nicht kompensieren. Weiterhin wurden diese Personengruppen auch nicht in die Verschonung des selbst genutzten Wohneigentums nach § 13 Abs. 1 Nrn. 4a–4c ErbStG einbezogen. Schließlich werden für die Steuerklassen II und III in der Regel deutlich erhöhte Steuertarife angeordnet. Diese Personengruppen sind damit die Verlierer der Reform.
Der immer wieder diskutierte Ansatz niedriger Steuersätze bei dafür nur wenigen Steuerfreistellungen, wie er z. B. bei der Grunderwerbsteuer verwirklicht ist und von vielen auch als gerechter empfunden wird, konnte sich auch in den jüngsten Reformen nicht durchsetzen. Mit dem Blick auf ein weiterhin relevantes Steueraufkommen hat der Gesetzgeber stattdessen auf erweiterte Freistellungen für Betriebs- und Grundvermögen und hohe Freibeträge für bestimmte Personengruppen gesetzt. Zur verfassungsrechtlichen Einordnung dieser Entscheidung s. u. Rz. 7c.
Rz. 7a
Im Rahmen der neueren Gesetzgebungstätigkeit (Wachstumsbeschleunigungsgesetz und JStG 2010) wurden die Freibeträge unverändert belassen, obwohl die Gleichstellung der Steuerklassen II und III im Schrifttum heftig kritisiert wurde. Immerhin wurde mit dem WachstBeschlG im Erbschaftsteuertarif wieder eine Privilegierung für die Steuerklasse II eingearbeitet.
Rz. 7b
Das FG Düsseldorf hat mit Urteil vom 12.1.2011, 4 K 2574/10 Erb entschieden, dass die fehlende Differenzierung der Steuersätze in den Steuerklassen II und III für das Streitjahr 2009 nicht gegen Art. 6...