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OLG Hamm Beschluss vom 29.03.2022 - 10 W 91/20

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Leitsatz (amtlich)

Die in einem gemeinschaftlichen Testament enthaltene Pflichtteilsstrafklausel lässt allein noch nicht auf den Willen der Eheleute schließen, ihre Kinder als Schlusserben einzusetzen.

Für das Eingreifen der Verwirkungsklausel ist es nicht erforderlich, dass der Pflichtteil tatsächlich ausgezahlt oder gerichtlich geltend gemacht wird. Es genügt vielmehr, dass der Abkömmling versucht hat, den Pflichtteil zu erhalten. Das ist der Fall, wenn er in objektiver Hinsicht den Pflichtteil ausdrücklich und ernsthaft fordert und in subjektiver Hinsicht dabei bewusst in Kenntnis der Verwirkungsklausel handelt. Weitere subjektive Voraussetzungen, etwa ein bewusstes oder gar böswilliges Auflehnen gegen den Erblasserwillen, sind nicht erforderlich.

An einer ernsthaften Geltendmachung des Pflichtteils fehlt es, wenn der Berechtigte den Pflichtteil nicht durch anwaltliche Schreiben anmahnt, sondern alsbald erklärt, die Ansprüche zurückzuziehen, nachdem ihm eine Kopie des die Pflichtteilsstrafklausel enthaltenen Testaments übersandt worden war.

 

Normenkette

BGB §§ 2269-2270

 

Verfahrensgang

AG Medebach (Aktenzeichen 9 VI 216/19)

 

Tenor

Die Beschwerde des Beteiligten zu 1.) vom 19.08.2020 gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Nachlassgericht - Medebach vom 17.07.2020 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der notwendigen Auslagen der Beteiligten zu 2.) trägt der Beteiligte zu 1.).

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 199.027,73 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Beteiligten zu 1) und 2) sind die Kinder des Erblassers und seiner am 00.00.2018 vorverstorbenen Ehefrau. Der Erblasser errichtete mit seiner Ehefrau am 17.09.2003 ein gemeinschaftliches Ehegattentestament mit folgendem Inhalt:

"Unser T...

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