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BSG Urteil vom 25.06.1964 - 4 RJ 439/61

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Leitsatz (amtlich)

Der Begriff "nicht unerheblich beitragen" iS des KGG § 2 Abs 1 S 3 ist erfüllt, wenn der Unterhaltsbeitrag sowohl seinem Betrag nach als auch im Verhältnis zum Gesamtaufwand für das Kind ins Gewicht fällt.

 

Normenkette

RVO § 1262 Abs. 2 Nr. 7 Fassung: 1957-02-23; KGG § 2 Abs. 1 S. 3 Fassung: 1954-11-13

 

Tenor

Die Revision gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 29. August 1961 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten.

Von Rechts wegen.

 

Gründe

Der Kläger bezieht seit Mai 1960 Altersruhegeld von der Beklagten. Er begehrt zu seiner Rente für die im Mai 1945 geborene, in Pflege in seinen Haushalt aufgenommene Renate W Kinderzuschuß für die Zeit vom 1. Mai 1960 bis 31. Juli 1961. Renate W erhielt damals nach ihrem leiblichen Vater, der gefallen ist, Waisenrenten aus der Rentenversicherung der Arbeiter und aus der Kriegsopferversorgung. Die Mutter des Pflegekindes lebt in Hamburg und trägt nicht zum Unterhalt des Kindes bei. Von den Waisenrenten erhielt der Pflegevater in der fraglichen Zeit monatlich 70,- DM durch den Amtsvormund, außerdem 60,- bis 70,- DM, die Renate W seit April 1960 als Erziehungsbeihilfe bekam, zusammen also 130,- bis 140,- DM monatlich.

Die Beklagte lehnte die Gewährung des Kinderzuschusses mit der Begründung ab, Renate W sei nicht als Pflegekind im Sinne des Kindergeldgesetzes (KGG) und damit auch nicht im Sinne des § 1262 Abs. 2 Nr. 7 der Reichsversicherungsordnung (RVO) anzusehen, weil der Kläger nur unerheblich zum Unterhalt des Kindes beitrage.

Das Sozialgericht (SG) hat dagegen die Beklagte verpflichtet, dem Kläger den Kindergeldzuschuß zu gewähren, und dazu ausgeführt: Unterhalt seien sämtliche Aufwendungen für Unterkunft, Ernährung, Bekleidung, kulturelle Zwecke und Erholung. Aus seinem Renten- und Arbeitseinkommen von damals über 700,- DM monatlich sei es dem Kläger möglich gewesen, nicht unerheblich zum Unterhalt des Kindes beizutragen. Das habe er auch getan. Der auf das Pflegekind entfallende Aufwand sei für Miete mit 20,- DM, für Ernährung mit 80,- DM, für Bekleidung mindestens mit 20,- DM und das Taschengeld auf monatlich 40,- DM zu bewerten; hinzu kämen noch die Aufwendungen für Haar- und Körperpflege und jährlich eine Erholungsreise. Diesem Aufwand von - gering gerechnet - monatlich rund 180,- DM hätte in der damaligen Zeit ein Beitrag aus dem Einkommen der Renate Werner von monatlich 130,- bis 140,- DM gegenüber gestanden. Der Aufwand für das Kind sei um mehr als ein Viertel höher als die Einnahmen des Klägers für das Kind gewesen. Bei dieser Sachlage könne nicht mehr von einem unerheblichen Unterhaltsbeitrag von Seiten des Klägers gesprochen werden. Damit seien die Voraussetzungen, die das KGG für die Eigenschaft als Pflegekind aufstelle, erfüllt; Renate W sei deshalb Pflegekind auch im Sinne des Rentenrechts.

Das SG hat die Berufung zugelassen.

Die Beklagte hat gegen das Urteil des SG Sprungrevision eingelegt. Sie beantragt,

das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Sie rügt eine Verletzung des § 1262 Abs. 2 Nr. 7 RVO. Die eigenen Einkünfte des Pflegekindes hätten es in die Lage versetzt, seinen Unterhalt im wesentlichen selbst zu bestreiten. Eines erheblichen Beitrags von Seiten des Klägers habe es nicht bedurft. Außerdem dürften die besonderen Zuwendungen, wie Taschengeld und Erholungsreise, nicht zum Unterhalt gerechnet werden. Der Kläger habe nur einen relativ geringen Zuschuß, also einen nicht erheblichen Unterhaltsbeitrag, zu leisten brauchen. Nach den Einkommensteuer-Richtlinien sei erst ein Betrag erheblich, der 75 v. H. der Gesamtkosten erreiche.

Der Kläger beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Er hält das Urteil im Ergebnis für richtig. Der Begriff des Pflegekindes sei allein nach den Vorschriften des KGG zu bestimmen.

Die Revision ist zulässig, aber unbegründet.

Die Beteiligten streiten nur darüber, ob der Kläger als Pflegevater damals "nicht unerheblich" zum Unterhalt von Renate W beigetragen hat.

Nach § 1262 Abs. 1 RVO wird das Altersruhegeld für jedes Kind um den Kinderzuschuß erhöht. Als Kinder gelten auch Pflegekinder, wenn das Pflegekindschaftsverhältnis vor Eintritt des Versicherungsfalls begründet worden ist. Welche Kinder als Pflegekinder anzusehen sind, ergibt sich - durch eine entsprechende Verweisung in § 1262 Abs. 2 Nr. 7 RVO - aus dem KGG. Danach sind Pflegekinder solche Kinder, die in den Haushalt von Personen aufgenommen sind, mit denen sie ein familienähnliches, auf längere Dauer berechnetes Band verknüpft, wenn diese zu dem Unterhalt der Kinder nicht unerheblich beitragen. Für die zu treffende Entscheidung kann es dahinstehen, ob unter Bestreiten von Unterhalt nur das Zurverfügungstellen von Unterhaltsmitteln zu verstehen ist, d. h. das Erbringen von Geld- und Sachleistungen für den Lebensbedarf, nicht dagegen die Betreuung (vgl. BSG 12, 1); bei der gegebenen Sachlage kommt es darauf nicht an.

Der Versicherungsfall ist im Mai 1960 eingetreten. Das Kind war damals bereits in einer Lehre und hat zu seinen Waisenrenten eine Erziehungsbeihilfe erhalten. Von dem Einkommen des Kindes hat der Amtsvormund dem Kläger 130,- bis 140,- DM monatlich belassen. Nur von diesem Betrag ist auszugehen. Der geringe Betrag, den der Vormund für das Kind gespart hat, muß in diesem Zusammenhang unberücksichtigt bleiben. Die Ansammlung eines kleinen Sparbetrags dient der Vorsorge gegen Fälle besonderen Notbedarfs. Das ist sinnvoll und nicht zu beanstanden. Dem dem Kläger sonach zur Verfügung stehenden Betrag von 130,- bis 140,- DM standen 180,- DM Ausgaben gegenüber. Die Höhe dieser Ausgaben wird von der Beklagten selbst unterstellt, wenn sie auch das Taschengeld und den Anteil an der Erholungsreise als notwendigen Sachaufwand nicht gelten lassen will. Der Senat teilt indes die Bedenken der Beklagten nicht. Das Taschengeld und auch der Anteil an einer Erholungsreise sind - besonders für ein in einer Großstadt wie Berlin lebendes Kind - kein unnötiger Aufwand; beides gehört zum Unterhalt für ein Pflegekind.

Was Inhalt des Rechtsbegriffs "zum Unterhalt ... nicht unerheblich beitragen" im Sinne des KGG ist, bestimmt sich nicht, wie die Beklagte meint, nach den Verhältnissen des Gebenden, also des Klägers, sondern nach denen des Nehmenden, also des Kindes. Dabei kommt es auf die Wertvorstellungen des Personenkreises an, dem das Kind angehört. Bei einem Unterhaltsbeitrag, der "nicht unerheblich" sein soll, muß es sich zunächst um einen solchen handeln, der nach der allgemeinen Auffassung in diesem Personenkreis schon dem Betrag nach - nominell - ins Gewicht fällt. Das ist bei einem Aufwand von 40,- bis 50,- DM im Monat (Differenz zwischen 130,- bis 140,- DM und 180,- DM) in Kreisen, die der sozialen Rentenversicherung zugehören, der Fall. Weiter muß der Betrag, den der Pflegevater für das Kind zuschießt, auch im Hinblick auf den Gesamtaufwand für das Kind erheblich sein. Ein im Verhältnis des Gesamtaufwands zum eigenen Einkommen des Kindes unwichtiger Betrag genügt nicht. Wenn nun, wie hier, der Kläger von dem Gesamtaufwand von 180,- DM 40,- bis 50,- DM monatlich trägt, also rund 25 v. H., so ist dies auch prozentual ein wesentlicher Beitrag. Dabei hat der Senat noch nicht den Aufwand an Dienstleistungen mit berücksichtigt, der im häuslichen Wirkungskreis durch Kochen, Waschen, Überwachen des Schulbesuchs, Krankenpflege und dergleichen erbracht wird. Das SG hat danach den in der anzuwendenden Rechtsnorm enthaltenen unbestimmten Rechtsbegriff, um dessen Konkretisierung es im vorliegenden Rechtsstreit geht, richtig angewandt. Es hat zu Recht die Pflegekindeigenschaft von Renate Werner bejaht.

Die Revision der Beklagten muß deshalb als unbegründet zurückgewiesen werden (§ 170 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

 

Fundstellen

BSGE, 155

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