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BGH Urteil vom 28.11.2017 - XI ZR 432/16

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Leitsatz (amtlich)

Zur Deutlichkeit einer bei Verbraucherdarlehensverträgen grundsätzlich entbehrlichen Belehrung über die Widerrufsfolgen.

 

Normenkette

BGB § 355 Abs. 2 Fassung: 2010-06-10

 

Verfahrensgang

OLG Hamm (Urteil vom 18.07.2016; Aktenzeichen I-31 U 284/15)

LG Bochum (Urteil vom 19.10.2015; Aktenzeichen I-1 O 57/15)

 

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 31. Zivilsenats des OLG Hamm vom 18.7.2016 aufgehoben.

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 1. Zivilkammer des LG Bochum vom 19.10.2015 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten der Rechtsmittelverfahren.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Rz. 1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit des von der Klägerin erklärten Widerrufs ihrer auf Abschluss eines Verbraucherdarlehensvertrags gerichteten Willenserklärung.

Rz. 2

Die Parteien schlossen im April 2010 einen Darlehensvertrag über 200.000 EUR. Die Beklagte belehrte die Klägerin über ihr Widerrufsrecht wie folgt:

Rz. 3

Das Darlehen diente der Finanzierung einer Immobilie, die die Klägerin 2014 veräußerte. Aus diesem Anlass einigte sie sich mit der Beklagten auf eine vorzeitige Ablösung des Darlehens. Die Beklagte verlangte und die Klägerin entrichtete eine "Vorfälligkeitsentschädigung" i.H.v. 23.726,59 EUR. Die Klägerin widerrief ihre auf Abschluss des Darlehensvertrags gerichtete Willenserklärung.

Rz. 4

Die auf Rückzahlung der "Vorfälligkeitsentschädigung" nebst Rechtshängigkeitszinsen gerichtete Klage hat das LG abgewiesen. Auf die dagegen gerichtete Berufung hat das Berufungsgericht die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Dagegen richtet sich die vom Senat zugelassene Revision der Beklagten, mit der sie ihren Antrag auf Zurückweisung der Berufung weiterverfolgt.

 

Entscheidungsgründe

Rz. 5

Die Revision der Beklagten hat Erfolg.

I.

Rz. 6

Das Berufungsgericht (OLG Hamm, Urt. v. 18.7.2016 - 31 U 284/15, juris) hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt, die Klägerin könne die Beklagte erfolgreich auf Zahlung in Anspruch nehmen, weil die Beklagte die Klägerin fehlerhaft über ihr Widerrufsrecht unterrichtet habe. Auf die Gesetzlichkeitsfiktion des Musters für die Widerrufsbelehrung könne sich die Beklagte nicht berufen. Die Klägerin habe durch die Erklärung des Widerrufs nicht gegen Treu und Glauben verstoßen.

II.

Rz. 7

Diese Ausführungen halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Zu Unrecht ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, die Beklagte habe die Klägerin gem. § 355 Abs. 2 BGB in der nach Art. 229 §§ 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, 22 Abs. 2, 32 Abs. 1, 38 Abs. 1 EGBGB hier noch maßgeblichen, bis zum 10.6.2010 geltenden Fassung (künftig: a.F.) unrichtig über das ihr nach § 495 BGB zustehende Widerrufsrecht belehrt, so dass die Klägerin ihre auf Abschluss des Darlehensvertrags gerichtete Willenserklärung im Jahr 2014 noch habe widerrufen können.

Rz. 8

1. Wie der Senat nach Erlass des Berufungsurteils mit Senatsurteil vom 14.3.2017 (XI ZR 442/16, WM 2017, 849 Rz. 23) entschieden hat, macht der Verwender einer Widerrufsbelehrung mittels der erkennbar an den Verbraucher gerichteten Fußnote: "Die Widerrufsfrist beträgt gem. § 355 Abs. 2 Satz 2 BGB [aF] einen Monat, wenn die Widerrufsbelehrung erst nach Vertragsschluss in Textform dem Kunden mitgeteilt wird bzw. werden kann" im Anschluss an die Angabe "zwei Wochen (einem Monat)" hinreichend deutlich, von welchen Voraussetzungen die Geltung einer der beiden im Text alternativ genannten Fristlängen abhängt. Seine Belehrung über die Länge der Widerrufsfrist genügt mithin den gesetzlichen Anforderungen. Das gilt hier entgegen der Rechtsmeinung des Berufungsgerichts auch mit Rücksicht auf das gestalterische Deutlichkeitsgebot.

Rz. 9

2. Dem inhaltlichen Deutlichkeitsgebot genügen entgegen der Rechtsauffassung der Revisionserwiderung weiter die bei Verbraucherdarlehensverträgen grundsätzlich entbehrlichen Angaben der Beklagten unter der Überschrift "Widerrufsfolgen" (BGH, Urt. v. 21.2.2017 - XI ZR 467/15, WM 2017, 906 Rz. 48).

Rz. 10

3. Ausreichend deutlich waren schließlich die Ausführungen unter der Überschrift "Finanzierte Geschäfte": Zwar ist weder festgestellt noch ersichtlich, es habe ein verbundener Vertrag vorgelegen. Die Beklagte durfte aber dann, wenn die Belehrung in diesem Punkt für sich zutraf (BGH, Urt. v. 23.6.2009 - XI ZR 156/08, WM 2009, 1497 Rz. 17), entsprechende Hinweise in die Widerrufsbelehrung aufnehmen (BGH, Urt. v. 21.2.2017 - XI ZR 467/15, WM 2017, 906 Rz. 49).

III.

Rz. 11

Das Berufungsurteil unterliegt mithin der Aufhebung (§ 562 ZPO), weil es sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig erweist (§ 561 ZPO). Da die Sache zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO), weist der Senat die Berufung der Klägerin zurück.

 

Fundstellen

Haufe-Index 11406604

NJW-RR 2018, 236

WM 2018, 50

ZIP 2018, 116

JZ 2018, 208

MDR 2018, 218

GWR 2018, 34

ZBB 2018, 83

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