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BGH Urteil vom 18.02.1992 - XI ZR 126/91

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Leitsatz (amtlich)

1. Eine formularmäßige Zweckerklärung, die den Sicherungszweck über den durch den Anlaß des Geschäfts bestimmten Rahmen hinaus in einem nicht zu erwartenden Ausmaß erweitert, ist überraschend, auch wenn das zu sichernde Darlehen nicht zweckgebunden ist (im Anschluß an BGHZ 106, 19).

2. Eine solche Zweckerklärung verliert ihren überraschenden Charakter nicht dadurch, daß die Namen aller Schuldner, deren Verbindlichkeiten der Sicherungsnehmer gesichert haben möchte, in das benutzte Formular maschinenschriftlich eingefügt werden (im Anschluß an BGHZ 102, 152).

3. Der überraschende Charakter einer solchen Zweckerklärung entfallt mit Rücksicht auf gemeinsame geschäftliche Interessen des Sicherungsgebers und des Schuldners erst, wenn das Risiko künftiger von der Grundschuldhaftung erfaßter Kreditaufnahmen durch den Schuldner für den Sicherungsgeber berechenbar und vermeidbar ist (im Anschluß an BGHZ 100, 82).

4. Die Darlegungs- und Beweislast für einen Hinweis auf die Erweiterung des Sicherungszwecks über den durch den Anlaß des Geschäfts bestimmten Rahmen hinaus trägt der Sicherungsnehmer (im Anschluß an BGHZ 109, 197).

 

Normenkette

BGB § 1191; AGBG § 3

 

Verfahrensgang

OLG Hamm (Urteil vom 11.03.1991)

LG Paderborn (Urteil vom 23.02.1989)

 

Tenor

Auf die Rechtsmittel der Klägerin werden das Urteil des 31. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 11. März 1991 aufgehoben und das Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Paderborn vom 23. Februar 1989 abgeändert.

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 218.244,32 DM nebst 8,5 % Zinsen aus 201.981,25 DM seit dem 23. November 1988 zu zahlen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Die Klägerin ist Erbbauberechtigte eines Grundstücks, auf dem sich eine abgebrannte kommerziell genutzte Tennishalle befand. Am 25. März 1983 gewährte ihr die beklagte Spar- und Darlehenskasse ein Darlehen über 235.000 DM und übersandte gleichzeitig vorbereitete Formulare für die Bestellung einer Grundschuld nebst Zweckerklärung über 250.000 DM zuzüglich Zinsen und Nebenleistung am Erbbaurecht der Klägerin. Diese unterzeichnete die Formulare am folgenden Tage. In ihnen ist – außer einer Übernahme der persönlichen Haftung – unter maschinenschriftlichem Zusatz der Namen der Klägerin und ihres Ehemannes bestimmt, daß die Grundschuld zur Sicherung aller bestehenden und künftigen Ansprüche der Beklagten gegen beide Eheleute dient. Ferner trat die Klägerin ihre Rechte aus zwei damals zu einem erheblichen Teil noch anzusparenden Kapitallebensversicherungen über insgesamt 235.000 DM an die Beklagte ab. Der Darlehensgewährung vorausgegangen war ein Schreiben, in dem der Ehemann der Klägerin, ein Kaufmann, ein Angebot der Beklagten über einen durch Lebensversicherung zu tilgenden Realkredit über 200.000 DM zum Wiederaufbau der Tennishalle an seine Frau erbeten hatte.

Nachdem der Ehemann, der die wiedererrichtete Tennishalle gepachtet hatte, in Vermögensverfall geraten war und die Beklagte die Grundschuld sowie das vorgenannte Darlehen gekündigt hatte, glich die Klägerin ihre eigenen Verbindlichkeiten aus. Die Beklagte gab sich damit nicht zufrieden. Sie erwirkte vielmehr, gestützt auf die Grundschuldbestellungsurkunde, in einem Vorprozeß ein landgerichtliches Urteil, durch das die Klägerin wegen Schulden ihres Ehemannes in Höhe von 186.611,30 DM zuzüglich Zinsen zur Zahlung und zur Duldung der Zwangsvollstreckung in ihr Erbbaurecht verurteilt wurde. Während des Berufungsverfahrens trafen die Parteien am 24. Februar 1988 eine außergerichtliche Vereinbarung; in dieser verpflichtete sich die Beklagte, Zug um Zug gegen Zahlung des titulierten Betrages die Grundschuld an die C.bank abzutreten und den empfangenen Betrag zuzüglich Zinsen und Finanzierungskosten an die Klägerin zurückzuzahlen, „sofern und soweit das OLG Hamm im Berufungsverfahren das (landgerichtliche) Urteil … ändern sollte”.

Nach Ausgleich des titulierten Zahlungsanspruchs und Abtretung der Grundschuld erklärten die Parteien die Klage hinsichtlich des Anspruchs auf Duldung der Zwangsvollstreckung übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt. Die Zahlungsklage der Beklagten wies das Oberlandesgericht Hamm rechtskräftig ab.

Mit ihrer Klage über 218.244,32 DM nebst 8,5 % Zinsen aus 201.981,25 DM seit dem 23. November 1988 macht die Klägerin den Rückzahlungsanspruch aus der Vereinbarung vom 24. Februar 1988 geltend. Die Klage ist in beiden Instanzen erfolglos geblieben. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihren Klageantrag weiter.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision hat Erfolg; sie führt zur antragsgemäßen Verurteilung der Beklagten.

I.

Das Berufungsgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen: Nach der Vereinbarung vom 24. Februar 1988 sei die Beklagte zur Rückzahlung des Klagebetrages nur verpflichtet, wenn die Klägerin für Schulden ihres Ehemannes weder persönlich noch dinglich hafte. Anders als ihre im Vorprozeß rechtskräftig verneinte persönliche Haftung sei die dingliche zu bejahen. Bei der formularmäßigen erweiterten Zweckerklärung, derzufolge die Grundschuld auch Ansprüche der Beklagten gegen den Ehemann sichere, handele es sich entgegen der Ansicht der Klägerin nicht um eine überraschende Klausel (§ 3 AGBG). Die Erweiterung des Sicherungszwecks sei durch das maschinenschriftliche Einfügen auch des Namens ihres Ehemannes in das gedruckte Formular augenfällig hervorgehoben worden. Auch wenn die Grundschuld aus Anlaß des Darlehens zum Wiederaufbau der Tennishalle bestellt worden sei, sei die erweiterte Zweckerklärung nicht unwirksam, da der Kredit nicht zweckgebunden gewesen sei. Im übrigen sprächen der Inhalt der Zweckerklärung, die Abtretung der Lebensversicherungen sowie die unterschiedliche Höhe von Darlehens- und Grundschuldsumme dafür, daß Anlaß nicht die Sicherung einer bestimmten Einzelforderung gewesen sei, sondern daß die Grundschuld vereinbarungsgemäß weitere Ansprüche auch gegen den Ehemann der Klägerin habe sichern sollen. Außerdem sei die Erweiterung des Sicherungszwecks auch deshalb nicht überraschend, weil die Klägerin und ihr Ehemann mit dem Wiederaufbau der Tennishalle gemeinsame geschäftliche Interessen verfolgt hätten.

II.

Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung in wesentlichen Punkten nicht stand.

1. Nicht zu beanstanden sind allerdings die Ausführungen des Berufungsgerichts zu der außergerichtlichen Individualvereinbarung vom 24. Februar 1988. Die tatrichterliche Auslegung, die Klageforderung sei auch vom Fehlen einer dinglichen Haftung der Klägerin abhängig, ist nach dem Wortlaut der Vereinbarung möglich, laßt einen Rechtsfehler nicht erkennen und wird von der Revision insoweit nicht angegriffen.

2. Rechtsfehlerhaft ist das Berufungsurteil dagegen, soweit es den überraschenden Charakter der formularmäßigen erweiterten Sicherungszweckerklärung verneint. Die Ausführungen dazu sind mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs unvereinbar und teilweise erfahrungs- oder denkgesetzwidrig.

a) Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist eine formularmäßige Zweckerklärung überraschend, wenn sie den Sicherungszweck über den durch den Anlaß des Geschäfts bestimmten Rahmen hinaus in einem nicht zu erwartenden Ausmaß erweitert (vgl. BGHZ 100, 82, 85; 102, 152, 159 f.; 106, 19, 23; 109, 197, 201, 203; Senatsurteil vom 13. November 1990 – XI ZR 217/89, WM 1991, 60, 61 f.). Ist Anlaß der Zweckerklärung die Absicherung einer bestimmten Forderung des Sicherungsnehmers gegen den Sicherungsgeber durch eine Grundschuld, so verstößt die Erweiterung der dinglichen Haftung für alle bestehenden und künftigen Schulden eines Dritten grundsätzlich gegen § 3 AGBG. Das gilt auch dann, wenn Dritter der Ehegatte des Sicherungsgebers ist (BGHZ 106, 19, 24) und der Name des Dritten in die vorgedruckte Zweckerklärung maschinenschriftlich eingefügt ist (BGHZ 102, 152, 153, 160 f.). Der überraschende Charakter entfällt erst dann, wenn Sicherungsgeber und Dritter persönlich und wirtschaftlich so eng verbunden sind, daß das Risiko künftiger von der Grundschuldhaftung erfaßter Verbindlichkeiten für den Sicherungsgeber berechenbar und vermeidbar ist (BGHZ 100, 82, 86), oder wenn im Rahmen von Verhandlungen auf die Erweiterung der dinglichen Haftung hingewiesen worden ist (BGHZ 109, 197, 203).

b) Diese Rechtsprechung hat das Berufungsgericht nicht hinreichend berücksichtigt.

aa) Soweit im Berufungsurteil ausgeführt ist, die Erweiterung des Sicherungszwecks sei nicht überraschend, weil sie durch Einfügen des Namens des Ehemannes der Klägerin in das benutzte Formular augenfällig hervorgehoben sei, steht es im Widerspruch zur Entscheidung BGHZ 102, 152 ff. und zur Lebenserfahrung. In seinem vorgenannten Urteil hat der Bundesgerichtshof eine erweiterte Zweckerklärung ohne Rücksicht darauf als überraschend angesehen, daß neben dem Namen des Kreditnehmers auch die anderer Schuldner des Sicherungsnehmers maschinenschriftlich in das benutzte Formular eingefügt waren (a.a.O. S. 160 f.). Das Urteil tragt insoweit der Erfahrung Rechnung, daß ein solches Einfügen bei einem durchschnittlichen Realkreditnehmer, auf den abzustellen ist (BGHZ 102, 152, 159; 106, 259, 264 f.), keine besondere Aufmerksamkeit erregt und eine ungewöhnliche Erweiterung des Sicherungszwecks dadurch nicht, wie erforderlich (vgl. Ulmer/Brandner/Hensen, AGBG 6. Aufl. § 3 Rdn. 23), deutlich hervorgehoben wird.

bb) Die Ansicht des Berufungsgericht, die Ausdehnung des Sicherungszwecks verstoße selbst dann nicht gegen § 3 AGBG, wenn Anlaß der Grundschuldbestellung das Darlehen zum Wiederaufbau der Tennishalle gewesen sei, ist mit der Entscheidung BGHZ 106, 19 ff. unvereinbar. Das Berufungsgericht meint zu Unrecht, sich auf BGHZ 83, 56 ff. berufen zu können. Der letztgenannten Entscheidung kann nicht entnommen werden, daß der Anlaß der Grundschuldbestellung nur bei einem zweckgebundenen Kredit von besonderer Bedeutung ist. Auf die Zweckgebundenheit des zu sichernden Darlehens kommt es insoweit nicht an. Ausschlaggebend für die Anwendung des § 3 AGBG ist vielmehr, daß ein Sicherungsgeber, der eine Grundschuld zur Sicherung einer bestimmten Forderung bestellt, nicht damit rechnet, daß die Grundschuld auch für ungewisse, seiner Kenntnis und Einflußnahme entzogene Schulden eines Dritten haften soll (BGHZ 106, 19, 23 m.w.Nachw.).

cc) Soweit das Berufungsurteil einen überraschenden Charakter der erweiterten Zweckerklärung mit Rücksicht auf gemeinsame geschäftliche Interessen der Klägerin und ihres Ehemannes verneint, widerspricht es der Entscheidung BGHZ 100, 82 ff. Danach entfällt der überraschende Charakter, wie dargelegt, erst, wenn das Risiko künftiger von der Grundschuldhaftung erfaßter Kreditaufnahmen durch den Dritten für den mit ihm persönlich und wirtschaftlich eng verbundenen Sicherungsgeber berechenbar und vermeidbar ist (a.a.O. S. 86). Daran fehlt es hier. Die Klägerin hatte keine rechtliche Möglichkeit, die Aufnahme von Krediten durch ihren kaufmännisch tätigen Ehemann zu verhindern oder auch nur zu beeinflussen. Etwa vorhandene Möglichkeiten einer tatsächlichen Einflußnahme, für die im übrigen nichts festgestellt ist, reichen insoweit nicht aus (vgl. BGHZ 106, 19, 23 f.). Aus den vom Berufungsgericht insoweit angezogenen Entscheidungen des Bundesgerichtshofs vom 18. Dezember 1986 (IX ZR 11/86, BGHZ 99, 274 ff. = WM 1987, 228 ff.) und vom 10. November 1989 (V ZR 201/88, BGHZ 109, 197 ff. = ZIP 1990, 299 ff.) ergibt sich nichts anderes.

c) Die vor allem aus dem Inhalt der formularmäßigen Zweckerklärung, der Abtretung der Kapitallebensversicherungen sowie der unterschiedlichen Höhe von Darlehens- und Grundschuldsumme gezogene Schlußfolgerung des Berufungsgerichts, Anlaß der Grundschuldbestellung sei nicht die Sicherung einer bestimmten Forderung gewesen, ist rechtsfehlerhaft. Insbesondere erlauben die angeführten Umstände weder einzeln noch zusammen den Schluß, Anlaß und vereinbarungsgemäßer Zweck der Grundschuldbestellung sei auch die Absicherung von Verbindlichkeiten des Ehemannes der Klägerin gewesen.

Die formularmäßige Zweckerklärung, die der Senat uneingeschränkt selbst auslegen kann, enthält zum Anlaß der Grundschuldbestellung sowie zu Inhalt und Gegenstand vorausgegangener Verhandlungen keine Angaben. Die Abtretung der damals zu einem erheblichen Teil noch anzusparenden Kapitallebensversicherungen über 235.000 DM erklärt sich daraus, daß das von der Klägerin in gleicher Höhe aufgenommene tilgungsfreie Darlehen mit Hilfe der fällig werdenden Lebensversicherungen abgelöst werden sollte. Es handelt sich insoweit um ein vielfach benutztes Finanzierungsmodell, bei dem der Kredit durch Grundschuld und Lebensversicherung in den ersten Versicherungsjahren nicht übersichert ist und die genannten Sicherheiten in dieser Zeit keinen Raum lassen zur Besicherung weiterer Kredite. Aus der Abtretung der Lebensversicherungen zusätzlich zur Grundschuldbestellung kann deshalb nicht geschlossen werden, die Grundschuld habe vereinbarungsgemäß nicht nur die Verbindlichkeiten der Klägerin, sondern auch die ihres Ehemannes absichern sollen. Auch die unterschiedliche Höhe von Darlehens- und Grundschuldsumme erlaubt einen solchen Schluß entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht. Die Differenz läßt sich zwanglos damit erklären, daß ein etwaiger weiterer Kreditbedarf der Klägerin, der sich bei der Durchführung der Bauarbeiten ergeben konnte, vorsorglich abgedeckt werden sollte.

III.

Das angefochtene Urteil war daher aufzuheben und, da die Sache zur Entscheidung reif ist, zu ersetzen. Die Parteien haben den Sachverhalt in den Vorinstanzen umfassend vorgetragen, weiteres Vorbringen ist nicht zu erwarten. Der unstreitige Geschehensablauf laßt den sicheren Schluß zu, daß Anlaß für die Bestellung der Grundschuld und die Abgabe der Zweckerklärung durch die Klägerin die Gewährung des Darlehens zum Wiederaufbau der Tennishalle durch die Beklagte war. Zwischen der Darlehensgewährung und der Grundschuldbestellung mit Zweckerklärung bestand unverkennbar ein unmittelbarer zeitlicher und sachlicher Zusammenhang. Die Ausfertigung der Darlehensurkunde über 235.000 DM und die Übersendung der vorbereiteten Formulare zur Bestellung der Grundschuld über 250.000 DM und der Zweckerklärung hat die Beklagte am selben Tage vorgenommen. Die Unterzeichnung der Formulare durch die Klägerin ist bereits am folgenden Tage geschehen. Die Darlehens- und Grundschuldsumme differierten nur um einen, wie dargelegt, zwanglos erklärbaren Betrag von 15.000 DM. Nichts spricht dafür, daß die Grundschuldbestellung und die Abgabe der Zweckerklärung durch die Klägerin auch ohne Erhalt des für den Wiederaufbau der Tennishalle bestimmten Darlehens erfolgt wären. Das gilt auch unter Berücksichtigung der ersichtlich auf dem Wortlaut der Zweckerklärung beruhenden Schreiben der erstinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten der Klägerin vom 31. Juli und 8. August 1987 sowie des Umstands, daß der Ehemann der Klägerin einen Tag nach Gewährung des in Rede stehenden Darlehens einen Scheck über 50.000 DM zur Finanzierung einer Schiffsbeteiligung auf das gemeinsame Kontokorrentkonto der Eheleute gezogen hat.

War Anlaß der Grundschuldbestellung die Sicherung des vorgenannten Darlehens, so brauchte die Klägerin bei Abgabe der Zweckerklärung vernünftigerweise nicht damit zu rechnen, daß die Grundschuld auch für alle bestehenden und künftigen ihrer Einflußnahme entzogenen Verbindlichkeiten ihres Ehemannes haften sollte. Die Ehe ist keine Solidargemeinschaft in dem Sinne, daß einem Ehegatten die Erwartung unterstellt werden könnte, mit seinem Vermögen über den Sicherungsanlaß hinaus notfalls für alle späteren Schulden des anderen Ehegatten einstehen zu müssen (BGHZ 106, 19, 24). Der überraschende Charakter der erweiterten Zweckerklärung wäre nur dann zu verneinen, wenn die Beklagte den ihr obliegenden Beweis geführt hätte, sie habe im Rahmen der Verhandlungen auf die Erweiterung des Sicherungszwecks hingewiesen (vgl. BGHZ 109, 197, 203). Dies hat die Beklagte zwar behauptet, ein zulässiger Beweisantritt fehlt jedoch. Sie hat lediglich unter Bezugnahme auf ihr Vorbringen im Vorprozeß beantragt, gemäß § 448 ZPO ihre beiden Vorstandsmitglieder zu vernehmen. Die Voraussetzungen einer Parteivernehmung von Amts wegen liegen indes nicht vor. Es fehlt an einer gewissen Wahrscheinlichkeit für die Richtigkeit der Behauptung der Beklagten.

Die danach überraschende Erweiterung des Sicherungszwecks ist nicht Bestandteil der Sicherungsabrede geworden (§ 3 AGBG) mit der Folge, daß die Klägerin für Verbindlichkeiten ihres Ehemannes (auch) dinglich nicht haftet. Ihrer auf die Vereinbarung vom 24. Februar 1988 gestützten, zur Höhe unstreitigen Zahlungsklage war daher in vollem Umfang stattzugeben.

 

Unterschriften

Schimansky, Halstenberg, RiBGH Dr. Schramm ist infolge Urlaubs verhindert zu unterschreiben. Schimansky, Nobbe, van Gelder

 

Fundstellen

Haufe-Index 1830932

NJW 1992, 1822

Nachschlagewerk BGH

ZIP 1992, 386

DNotZ 1992, 562

ZBB 1992, 151

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