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BGH Urteil vom 13.08.1997 - VIII ZR 246/96

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Tatbestand

Der Ehemann der Klägerin, der Zeuge W., war seit 1973 in D. als selbständiger Taxiunternehmer tätig. Durch Ordnungsverfügung vom 2. Juni 1987 Widerrief der Oberstadtdirektor der Stadt D. die dem Zeugen erteilten Taxikonzessionen, wogegen der Zeuge sich im Verwaltungsrechtswege wandte. Nachdem Ende 1988 das Konkursverfahren über das Vermögen des Zeugen W. eröffnet worden war, veräußerte der Konkursverwalter durch schriftlichen Vertrag vom 16. Februar 1989 "das Taxiunternehmen des Gemeinschuldners ... als Ganzes" zum Kaufpreis von 250.000 DM einschließlich Mehrwertsteuer an den Beklagten; von dem Vertrag waren die Büroausstattung sowie die im einzelnen bezeichneten Kraftfahrzeuge mit den dazugehörigen Taxikonzessionen umfaßt. In der Folgezeit wurde der Kaufpreis einvernehmlich auf 181.858,48 DM ermäßigt. Durch den im Verwaltungsgerichtsverfahren abgeschlossenen Vergleich vom 28. Februar 1989 hob die Stadt D. daraufhin unter dem Vorbehalt, daß die Übertragung der Taxikonzessionen auf den Beklagten wirksam war, die Ordnungsverfügung vom 2. Juni 1987 auf und genehmigte die Übertragung gemäß 2 PBefG. Nach Übergang des Unternehmens auf den Beklagten arbeitete der Zeuge W. bis 1991 in dessen Betrieb als Angestellter.

Mit ihrer Klage nimmt die Klägerin den Beklagten auf Übertragung des Taxibetriebes Zug um Zug gegen Zahlung des - Zeitwertes der Fahrzeuge und des Inventars in Anspruch. Hierzu hat sie vorgetragen, Ende 1988/Anfang 1989 sei zwischen dem Zeugen W. als ihrem Vertreter und dem Beklagten vereinbart worden, daß dieser die Taxikonzessionen für zwei Jahre auf eigene Rechnung übernehmen und sie danach auf sie, die Klägerin, übertragen solle. Bis dahin habe sie Gelegenheit erhalten sollen, die für die Führung des Taxibetriebes erforderlichen Prüfungen abzulegen. Am 23. Dezember 1990 sei es im Büro des Beklagten zu einer abschließenden Besprechung der Übergabemodalitäten gekommen. Hinsichtlich der beiden Fahrzeuge mit den Konzessionen 31 und 433, die allein noch aus dem übernommenen Bestand vorhanden gewesen seien, sei ein wertmäßiger Abschlag anhand des konkreten Zustandes bei der Übernahme vereinbart worden, hinsichtlich der restlichen Fahrzeuge sei sie, die Klägerin, mit dem Vorschlag des Beklagten einverstanden gewesen, 50 % des Erwerbswertes zu zahlen.

Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat vorgetragen, die Übertragung des Geschäftsbetriebes auf ihn sei von den Beteiligten endgültig gewollt gewesen.

Das Landgericht hat über die Behauptungen der Klägerin Beweis erhoben und unter Klageabweisung im übrigen den Beklagten verurteilt, an die Klägerin den Geschäftsbetrieb mit den Taxikonzessionen 31, 38, 402, 433, 631 sowie 999 und den dazugehörigen Fahrzeugen Zug um Zug gegen Zahlung von 161.941,50 DM zu übertragen. Auf die Berufung des Beklagten hat das Oberlandesgericht die Klage abgewiesen. Mit ihrer Revision erstrebt die Klägerin die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils nach Maßgabe des im Berufungsverfahren präzisierten Antrags.

 

Entscheidungsgründe

.

I. Das Berufungsgericht hat - soweit für das Revisionsverfahren von Interesse - ausgeführt: Der Klägerin sei es nicht gelungen, schlüssig den Abschluß einer rechtsverbindlichen Vereinbarung zwischen ihr und dem Beklagten darzulegen, wonach dieser seit Ende Februar 1991 die Übertragung des streitigen Taxiunternehmens auf sie zu einem Entgelt von 161.941,50 DM schulde. Der Klagevortrag hinsichtlich der behaupteten gesonderten Vereinbarung sei nicht hinreichend substantiiert. Fraglich sei schon, ob die behauptete Übertragungsvereinbarung dem gesetzlichen Erfordernis des § 2 Abs. 3 PBefG gerecht werde, wonach eine isolierte Konzessionsweitergabe ohne Übertragung des ganzen Unternehmens oder wesentlicher und abgrenzbarer Teile desselben nicht möglich sei. Antrag und Begründung der Klageschrift verhielten sich lediglich über "Taxilizenzen" und "Taxikonzessionen"; das gleiche gelte hinsichtlich des von der Klägerin unter dem 15. Februar 1991 gestellten Antrags auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung. Erst nach dem Hinweis des Beklagten auf die Bestimmung des § 2 Abs. 3 PBefG habe sich die Klägerin zu der Ergänzung veranlaßt gesehen, die Vereinbarung habe vorgesehen, "daß der Taxibetrieb als Ganzes mit der wertlosen Ausstattung der Taxizentrale sowie auch den Pkw's, geleast oder im Eigentum stehend, auf die Klägerin übertragen" werde. Indes sei auch diese Darlegung nicht hinreichend schlüssig, da ohne erläuternde Angaben der Klägerin nicht ersichtlich sei, auf welche Weise eventuell vorhandene, im Fremdeigentum stehende Leasingfahrzeuge auf die Klägerin hätten übertragen werden sollen.

Zur Erklärung ihres - zumindest unvollständigen - Vorbringens könne sich die Klägerin nicht darauf berufen, es sei unter Taxifahrern üblich, nur von Konzessionen zu sprechen, wenn damit tatsächlich nicht nur die behördlichen Genehmigungen selbst, sondern auch die dazugehörigen Fahrzeuge sowie der übrige Geschäftsbetrieb gemeint seien. Von der anwaltlich vertretenen Klägerin sei von vornherein eine schlüssige und insbesondere vollständige Begründung ihrer Klage zu erwarten gewesen. Zudem bleibe nach dem Klagevorbringen offen, zu welchem genauen Zeitpunkt die streitige Vereinbarung zwischen ihr, vertreten durch ihren Ehemann, und dem Beklagten zustande gekommen sein solle. Auch sei der Sachvortrag der Klägerin zu dem vereinbarten Entgelt für die zu übernehmenden Fahrzeuge zu unbestimmt, um die Feststellung zuzulassen, daß die Parteien eine konkrete und verbindliche Einigung über die für die Betriebsübertragung geschuldete Gegenleistung getroffen hätten.

II. Hiergegen wendet sich die Revision mit Erfolg.

1. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist ein Sachvortrag zur Begründung des Klageanspruchs schlüssig und damit erheblich, wenn der Kläger Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet und erforderlich sind, die geltend gemachten Rechte als in der Person des Klägers entstanden erscheinen zu lassen. In welchem Maße die Partei ihr Vorbringen durch die Darlegung konkreter Einzeltatsachen substantiieren muß, hängt vom Einzelfall ab (BGH, Urteil vom 12. Juli 1984 - III ZR 123/83 = NJW 1984, 2888 unter II 1 a; BGH, Urteil vom 15. Februar 1990 - III ZR 87/88 = BGHR ZPO § 138 Abs. 1 Darlegungslast 1; BGH, Urteil vom 28. April 1992 - X ZR 129/90 = NJW 1992, 2427 unter II 2 a; Senatsurteil vom 13. März 1996 - VIII ZR 36/95 = NJW 1996, 1826 unter II 2 c bb = BGHR ZPO § 138 Abs. 1 Darlegungslast 6, jeweils m.w.Nachw.). Dabei beurteilt sich die Schlüssigkeit einer Klage nach dem klägerischen Vorbringen im Zeitpunkt der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung. Eine Partei ist daher nicht gehindert, ihr Vorbringen im Laufe des Rechtsstreits zu ändern, insbesondere zu präzisieren, zu ergänzen oder zu berichtigen (BGH, Urteil vom 5. Juli 1995 KZR 15/94 = NJW-RR 1995, 1340 unter 2 a und b).

2. Nach diesen Grundsätzen hat das Berufungsgericht die Anforderungen an die Schlüssigkeit des Klagevorbringens überspannt.

a) Soweit das Berufungsgericht sich für seine Ansicht zunächst auf die Klageschrift vom 28. Februar 1991 und den Antrag der Klägerin auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung vom 15. Februar 1991 stützen will, in welchem lediglich von "Taxikonzessionen" bzw. "Taxilizenzen", die auf die Klägerin zu übertragen seien, die Rede ist, kommt es hierauf schon deshalb nicht an, weil für die Schlüssigkeit der Klage das klägerische Vorbringen im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung maßgebend ist (BGH, Urteil vom 5. Juli 1995 aaO.). Daß die Klägerin bereits im ersten Rechtszug mit Schriftsatz vom 31. März 1993 vorgetragen hatte, die Vereinbarung habe vorgesehen, daß der Taxibetrieb als Ganzes mit der wertlosen Ausstattung der Taxizentrale sowie den Fahrzeugen, geleast oder im Eigentum stehend, auf die Klägerin übertragen werde, erkennt das Berufungsgericht selbst. Damit hat die Klägerin aber in zulässiger Weise klargestellt, daß sie entsprechend § 2 Abs. 3 PBefG die Übertragung der Taxikonzessionen zusammen mit dem gesamten Unternehmen (vgl. hierzu BGHZ 108, 364 ff.) begehre. Die Revision weist zu Recht darauf hin, daß das Landgericht den Klagevortrag in dieser Weise verstanden hat und die Klägerin auch in der Berufungsinstanz die Übertragung der Taxikonzessionen nebst dazugehörigen Fahrzeugen sowie des zum Taxiunternehmen gehörigen Geschäftsbetriebs verlangt hatte. Zudem hatte die Klägerin vorgetragen, daß - was der Zeuge U. H bestätigt hatte - unter Taxifahrern Konzessionen und Taxibetrieb gleichgesetzt werden. Daß die Klägerin nicht ist ebenfalls, wie vom Kläger geltend gemacht, mit 90 % anzunehmen. Wie oben (unter B I 2 d) ausgeführt, ergibt sich selbst bei Zugrundelegung eines Stammkundenanteils von nur 84 % entsprechend der Repräsentativbefragung der A.-AG, der hinter dem sich bei rechtsfehlerfreier Interpretation aus den Kundenbefragungen in der Parallelsache ergebenden Stammkundenanteil von 97 % zurückbleibt (s. unter B I 2 b), ein Stammkundenumsatzanteil von mehr als 93 %.

Dem Kläger steht danach ein Ausgleichsanspruch gemäß folgender Berechnung zu:

letzte Jahresprovision (netto) 115.464,72 DM

davon 90 % für werbende Tätigkeit 103.918,24 DM

davon 90 % Stammkundenumsatz 93.526,42 DM

x 200 % 187.052,83 DM

abgezinst nach der Abzinsungsmethode

des Berufungsgerichts mit 8 % 159.625,81 DM

+ 14 % MWSt. 22.347,61 DM

181.973,42 DM.

Dieser Betrag liegt über der durchschnittlichen Jahresprovision von 159.141,72 DM (= 139.598 DM zzgl. 14 % MWSt.), die gemäß § 89 b Abs. 2 HGB die Höchstgrenze des Ausgleichs bildet. Unter Berücksichtigung der von der Beklagten bereits geleisteten Zahlung von 11.400 DM steht dem Kläger danach noch ein Ausgleich in Höhe von 147.741,72 DM zu.

 

Fundstellen

Haufe-Index 2993492

NJW-RR 1998, 712

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