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BGH Beschluss vom 26.06.2024 - 3 StR 201/24

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Verfahrensgang

LG Koblenz (Entscheidung vom 29.01.2024; Aktenzeichen 12 KLs 2090 Js 44104/23)

 

Tenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Koblenz vom 29. Januar 2024 aufgehoben; jedoch werden die Feststellungen aufrechterhalten.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

 

Gründe

Rz. 1

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen bandenmäßigen „unerlaubten“ Anbaus von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum bandenmäßigen „unerlaubten“ Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Hiergegen wendet sich der Beschwerdeführer mit seiner auf die nicht ausgeführte Verfahrensrüge und die ausgeführte allgemeine Sachrüge gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

I.

Rz. 2

Nach den vom Landgericht getroffenen Feststellungen schloss sich der Angeklagte im Mai 2023 einer Bande an, die eine professionelle Cannabisplantage betrieb, um fortlaufend Cannabis zu produzieren und gewinnbringend zu verkaufen. Der Angeklagte war gegen die Zusage einer pauschalen Entlohnung damit befasst, sich nach näherer Anweisung gärtnerisch um die Cannabispflanzen zu kümmern. Bevor der vom Angeklagten betreute Pflanzenbestand erntereif war, wurde die Plantage Anfang Juli 2023 von der Polizei entdeckt. Bei Erntereife wäre aus den Pflanzen Marihuana mit einer Wirkstoffmenge von 920 Gramm Tetrahydrocannabinol erlangt worden.

II.

Rz. 3

1. Die Verfahrensrüge ist nicht ausgeführt und daher unzulässig (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO).

Rz. 4

2. Die auf die Sachrüge veranlasste umfassende materiellrechtliche Nachprüfung des Urteils führt zu dessen Aufhebung.

Rz. 5

a) Der Schuldspruch hat keinen Bestand, weil das Landgericht den Angeklagten für seinen Umgang mit Marihuana - entsprechend der zum Urteilszeitpunkt geltenden Rechtslage und nach dieser rechtsfehlerfrei - nach dem Betäubungsmittelgesetz verurteilt hat. Am 1. April 2024 ist jedoch das Gesetz zum Umgang mit Konsumcannabis (Konsumcannabisgesetz - KCanG) vom 27. März 2024 in Kraft getreten (BGBl. 2024 I Nr. 109). Diese Rechtsänderung hat der Senat gemäß § 2 Abs. 3 StGB in Verbindung mit § 354a StPO zu berücksichtigen. Nach der Neuregelung unterfällt Cannabis nicht mehr dem Betäubungsmittelgesetz, sondern bestimmt sich die Strafbarkeit der hier zu beurteilenden Tat nach dem Konsumcannabisgesetz (vgl. BGH, Beschlüsse vom 6. Mai 2024 - 5 StR 1/24, juris Rn. 4; vom 18. April 2024 - 6 StR 24/24, juris Rn. 5; Patzak/Möllinger, NStZ 2024, 321).

Rz. 6

aa) Unter der Geltung des Konsumcannabisgesetzes ist die Tat als Bandenanbau von Cannabis (§ 34 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b, Abs. 4 Nr. 3 KCanG) in Tateinheit mit Beihilfe zum Bandenhandel mit Cannabis (§ 34 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 4 Nr. 3 KCanG, § 27 StGB) zu werten. Bei Marihuana handelt es sich um ein Produkt der Cannabispflanze, das nach den Begriffsbestimmungen des Konsumcannabisgesetzes als „Cannabis“ erfasst wird (§ 1 Nr. 4 KCanG). Die Tathandlungen des § 34 Abs. 1 KCanG hat der Gesetzgeber ausdrücklich an die Begrifflichkeiten des Betäubungsmittelgesetzes angelehnt (vgl. BT-Drucks. 20/8704, S. 94; Patzak/Möllinger, NStZ 2024, 321, 324 f.). Die Tat bezog sich auf Cannabis in nicht geringer Menge, denn diese ist auch unter dem Konsumcannabisgesetz bei einer Wirkstoffmenge von 7,5 Gramm Tetrahydrocannabinol (THC) erreicht (BGH, Beschlüsse vom 6. Mai 2024 - 2 StR 480/23, juris Rn. 27 ff.; vom 6. Mai 2024 - 4 StR 5/24, juris Rn. 10 ff.; vom 29. April 2024 - 6 StR 132/24, juris Rn. 7; vom 23. April 2024 - 5 StR 153/24, juris Rn. 11 ff.; vom 18. April 2024 - 1 StR 106/24, NJW 2024, 1968 Rn. 7 ff.).

Rz. 7

bb) Ob das Tatzeitrecht oder das neue Recht nach dem Konsumcannabisgesetz für den Angeklagten günstiger und damit gemäß § 2 Abs. 3 StGB zur Anwendung zu bringen ist, richtet sich nach einem konkreten Gesamtvergleich im Einzelfall (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteile vom 10. August 2023 - 3 StR 412/22, NZWiSt 2024, 187 Rn. 70; vom 8. August 2022 - 5 StR 372/21, BGHSt 67, 130 Rn. 12 f. mwN; Beschluss vom 14. Oktober 1982 - 3 StR 363/82, NStZ 1983, 80; Urteil vom 9. Oktober 1964 - 3 StR 32/64, BGHSt 20, 74, 75; Fischer, StGB, 71. Aufl., § 2 Rn. 9 ff.; Schönke/Schröder/Hecker, StGB, 30. Aufl., § 2 Rn. 28 ff. mwN; Patzak/Möllinger, NStZ 2024, 321, 327). Das Ergebnis dieses Vergleichs des Tatzeitrechts mit der Rechtslage nach dem Konsumcannabisgesetz hängt hier davon ab, ob die Tat nach dem Konsumcannabisgesetz als minder schwerer Fall des § 34 Abs. 4 KCanG zu werten ist (Strafrahmen Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren) oder nicht (dann reichte der anzuwendende Strafrahmen nach § 34 Abs. 4 KCanG von zwei bis 15 Jahren Freiheitsstrafe). Da die Strafkammer einen minder schweren Fall gemäß § 30a Abs. 3 BtMG angenommen hat, wäre bei der erstgenannten Wertung das neue Konsumcannabisgesetz das für den Angeklagten mildere Recht und daher maßgeblich; anderenfalls wäre das Tatzeitrecht günstiger und zur Anwendung zu bringen. Bei der Entscheidung, welcher Strafrahmen des § 34 Abs. 4 KCanG maßgeblich ist, handelt es sich um einen Strafzumessungsakt, der dem Tatgericht obliegt (vgl. BGH, Beschluss vom 9. Mai 2017 - 4 StR 366/16, NStZ-RR 2017, 240, 241 f.; Urteil vom 24. Juli 2014 - 3 StR 314/13, wistra 2014, 446 Rn. 31; KK-StPO/Gericke, 9. Aufl., § 354a Rn. 11).

Rz. 8

cc) Zwar hat das Landgericht - wie erwähnt - einen minder schweren Fall gemäß § 30a Abs. 3 BtMG bejaht. Es ist jedoch nicht auszuschließen, dass es eine entsprechende Beurteilung für die Strafbarkeit nach § 34 Abs. 4 Nr. 3 KCanG nicht vorgenommen hätte. Denn es hat bei seiner Entscheidung unter anderem darauf abgehoben, bei Cannabis handele es sich um eine „weiche Droge“. Diese Erwägung ist indes unter dem Konsumcannabisgesetz nicht mehr statthaft, weil die Strafbarkeiten nach § 34 KCanG ausschließlich den Umgang mit Cannabis betreffen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 16. Mai 2024 - 6 StR 116/24, juris Rn. 5; vom 29. April 2024 - 6 StR 132/24, juris Rn. 5). Eine Schuldspruchänderung durch den Senat in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO scheidet daher aus.

Rz. 9

b) Die Aufhebung des Schuldspruchs zieht die des Strafausspruchs nach sich.

Rz. 10

c) Einer Aufhebung der Feststellungen bedarf es nicht (§ 353 Abs. 2 StPO); diese sind insgesamt rechtsfehlerfrei getroffen worden. Soweit die Strafkammer zu Gunsten des Angeklagten gewertet hat, Marihuana sei eine „weiche Droge“, und damit - wie erwähnt - einen unter der Geltung des Konsumcannabisgesetzes nicht mehr statthaften Strafzumessungsgrund herangezogen hat, handelt es sich um eine bloße Wertung und keine Tatsachenfeststellung. Das zur neuen Verhandlung und Entscheidung berufene Tatgericht kann ergänzende Feststellungen treffen, soweit diese den bisherigen nicht widerstreiten.

Schäfer     

Paul     

Berg   

Erbguth     

Kreicker     

 

Fundstellen

Dokument-Index HI16466741

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