Sie verwenden eine veraltete Browser-Version. Dies kann unter Umständen zu Einschränkungen in der Funktion sowie Darstellung führen. Daher empfehlen wir Ihnen, einen aktuellen Browser wie z.B. Microsoft Edge zu verwenden.
Personal
Steuern
Finance
Immobilien
Controlling
Themen
Öffentlicher Dienst
Recht
Arbeitsschutz
Sozialwesen
Sustainability
Haufe.de
Shop
Service & Support
Newsletter
Kontakt & Feedback
Login

Personal Steuern Finance Immobilien Controlling Öffentlicher Dienst Recht Arbeitsschutz Sozialwesen
Immobilien
Controlling
Öffentlicher Dienst
Recht
Arbeitsschutz
Sozialwesen
Sustainability
Themen

BGH Beschluss vom 20.09.2018 - 1 StR 316/18

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen
 

Verfahrensgang

LG Nürnberg-Fürth (Urteil vom 15.02.2018)

 

Tenor

1. Auf die Revision des Angeklagten I. wird das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 15. Februar 2018 – unter Erstreckung gemäß § 357 StPO auf die Nichtrevidentin D. – mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben

  1. im Schuldspruch in den Fällen B.5, B.6 und B.7 der Urteilsgründe;
  2. im gesamten Strafausspruch;
  3. in den Anordnungen über die Einziehung, soweit der Angeklagte und die Nichtrevidentin D. als Gesamtschuldner verurteilt wurden; die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 2.000 Euro gegen die Nichtrevidentin D. bleibt aufrecht erhalten.

2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

3. Die weitergehende Revision des Angeklagten I. wird als unbegründet verworfen.

 

Gründe

Rz. 1

Das Landgericht hat den Angeklagten I. wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in sieben Fällen, jeweils in Tateinheit mit Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und neun Monaten verurteilt. In sechs Fällen handelte der Angeklagte gemeinschaftlich (§ 25 Abs. 2 StGB) mit der nicht revidierenden Mitangeklagten D.. Diese hat das Landgericht zugleich wegen weiterer Betäubungsmitteldelikte verurteilt, an denen der Angeklagte nicht beteiligt war (Fälle B.1 und B.2 der Urteilsgründe). Ferner hat es die gesamtschuldnerische Einziehung von sichergestellten 44.295 Euro und von Wertersatz in Höhe von 63.205 Euro, bei der Nichtrevidentin D. zudem – veranlasst durch die weiteren Taten – die Einziehung von Wertersatz in Höhe von 2.000 Euro angeordnet. Mit seinem Rechtsmittel rügt der Angeklagte I. die Verletzung materiellen Rechts. Seine Revision hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Erfolg; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

Rz. 2

1. Der Schuldspruch in den Fällen B.5 bis B.7 der Urteilsgründe hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand, soweit der Angeklagte neben Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge wegen tateinheitlich begangener Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge gemäß § 30 Abs. 1 Nr. 4 BtMG verurteilt worden ist.

Rz. 3

a) Nach den Feststellungen erwarben der Angeklagte und die Nichtrevidentin in sechs Fällen (Taten B.3 bis B.8 der Urteilsgründe) gemeinsam zwischen einem und zehn Kilogramm Marihuana, das sie sodann von Spanien aus in die Bundesrepublik einführten oder einführen ließen, um es gewinnbringend zu veräußern. Im Fall B.5 der Urteilsgründe „ließen” sie die in Spanien gekauften Betäubungsmittel durch einen Kurier „in einem LKW nach Deutschland in ihre Wohnung … verbringen”, im Fall B.7 der Urteilsgründe „von einem unbekannten Rauschgifthändler … über einen Reisebus von Spanien nach Deutschland einführen”. Im Fall B.6 erfolgte die Einfuhr des von dem Angeklagten und der Nichtrevidentin in Spanien übernommenen Marihuanas „auf nicht näher bekannte Weise”.

Rz. 4

b) In den Fällen B.5 bis B.7 der Urteilsgründe ermöglichen die lückenhaften Feststellungen nicht die Prüfung, ob der Angeklagte den Tatbestand des § 30 Abs. 1 Nr. 4 BtMG (mit-)täterschaftlich verwirklicht hat. Der Tatbestand der unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln erfordert zwar keinen eigenhändigen Transport der Betäubungsmittel über die Grenze, so dass Mittäter nach § 25 Abs. 2 StGB grundsätzlich auch ein Beteiligter sein kann, der das Rauschgift nicht selbst in das Inland verbringt. Es müssen aber die Voraussetzungen für ein täterschaftliches Handeln nach den Grundsätzen des allgemeinen Strafrechts vorliegen. Hierzu ist eine wertende Gesamtbetrachtung erforderlich (BGH, Beschlüsse vom 31. März 2015 – 3 StR 630/14, StV 2015, 632 und vom 2. Juni 2015 – 4 StR 144/15, BGHR BtMG § 30 Abs. 1 Nr. 4 Einfuhr 3). Von besonderer Bedeutung sind dabei der Grad des eigenen Interesses am Taterfolg, der Einfluss bei der Vorbereitung der Tat und der Tatplanung, der Umfang der Tatbeteiligung und die Teilhabe an der Tatherrschaft oder jedenfalls der Wille dazu, so dass die Durchführung und der Ausgang der Tat maßgeblich auch von dem Willen des Betreffenden abhängen. Entscheidender Bezugspunkt ist der Einfuhrvorgang selbst (vgl. BGH, Beschluss vom 8. September 2016 – 1 StR 232/16, StV 2017, 295 Rn. 14). Das bloße Interesse an dessen Gelingen genügt nicht, wenn der Betreffende keine Tatherrschaft oder zumindest Tatherrschaftswillen hat (statt vieler: BGH, Beschluss vom 2. Juni 2016 – 1 StR 161/16, StV 2017, 285). Eine Person, die den Einfuhrvorgang zwar veranlasst, aber keinen Einfluss auf dessen Durchführung hat, kann weder Mittäter noch Gehilfe der Einfuhr sein (BGH, Beschlüsse vom 31. März 2015 – 3 StR 630/14, StV 2015, 632 und vom 16. Februar 2012 – 3 StR 470/11, StraFo 2012, 158).

Rz. 5

c) Nach diesen Grundsätzen kann die Verurteilung des Angeklagten wegen mittäterschaftlicher Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in den Fällen B.5 bis B.7 der Urteilsgründe keinen Bestand haben. Die Feststellungen lassen in diesen Fällen nicht erkennen, welchen Einfluss er jeweils auf den Einfuhrvorgang hatte. In den Fällen B.5 und B.7 der Urteilsgründe ist – auch unter Berücksichtigung der dem Tatgeschehen vorangestellten allgemeinen Feststellungen (UA S. 6) – bereits unklar, ob sich der Angeklagte und die Nichtrevidentin persönlich in Spanien befanden. Welche Tatbeiträge sie zwecks Beauftragung der Kuriere erbrachten, ob ihnen ein Einfluss auf die Zeit, den Weg und die Art des Transports zukam sowie ob und wann sie hierfür finanzielle Aufwendungen tätigten, bleibt ebenso offen. Im Fall B.6 der Urteilsgründe ist den Feststellungen nicht sicher zu entnehmen, dass sie das Marihuana eigenhändig in die Bundesrepublik verbrachten. Vielmehr lässt der Zusatz „in nicht näher bekannter Weise” besorgen, dass dies doch durch andere Personen geschehen sein könnte, so dass eine mittäterschaftliche Einfuhr durch den Angeklagten und die Nichtrevidentin auch in diesem Fall durchgreifend in Frage steht.

Rz. 6

Ob in den Fällen B.5 bis B.7 der Urteilsgründe eine Strafbarkeit wegen Anstiftung (oder Beihilfe) zur unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, jeweils in Tateinheit mit Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Betracht kommt, kann der Senat anhand der vorliegenden Feststellungen nicht abschließend beurteilen. Hierzu hätte es näherer Feststellungen insbesondere zur Einschaltung der Kuriere (Fälle B.5 und B.7 der Urteilsgründe) sowie zu den näheren Modalitäten des Einfuhrvorgangs (Fall B.6 der Urteilsgründe) bedurft. Bei den weiteren Taten belegen die äußerst knapp gehaltenen Feststellungen hingegen (noch) eine mittäterschaftliche Einfuhr des Marihuanas durch den Angeklagten und die Nichtrevidentin.

Rz. 7

d) Soweit der Schuldspruch wegen der Einfuhrdelikte keinen Bestand hat, müssen auch die – für sich betrachtet rechtsfehlerfreien – tateinheitlichen Verurteilungen wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge entfallen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 8. September 2016 – 1 StR 232/16, StV 2017, 295 Rn. 18 und vom 21. Juli 2015 – 1 StR 16/15, NStZ 2016, 339, 340). Der Senat hebt die zugrunde liegenden Feststellungen ebenfalls auf, um dem neuen Tatgericht insgesamt widerspruchsfreie Feststellungen zu ermöglichen. Die Teilaufhebung des Schuldspruchs ist gemäß § 357 Satz 1 StPO auf die nichtrevidierende Mitangeklagte zu erstrecken, da die aufgezeigten Rechtsfehler diese in gleicher Weise betreffen.

Rz. 8

2. Der Wegfall der im Fall B.5 der Urteilsgründe jeweils verhängten Einsatzstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten entzieht den gesamten Strafaussprüchen die Grundlage (vgl. BGH, Beschluss vom 12. Juni 2013 – 1 StR 6/13, BGHR AO § 109 Abs. 1 Fristverlängerung 1). Das neue Tatgericht kann die Strafen insgesamt neu bestimmen.

Rz. 9

Ebenso wenig können die Einziehungsentscheidungen des Landgerichts nach §§ 73, 73c StGB Bestand haben, soweit sie eine gesamtschuldnerische Haftung des Angeklagten und der Nichtrevidentin vorsehen. Unbeschadet des Verzichts beider auf das sichergestellte Bargeld (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 10. April 2018 – 5 StR 611/17, NJW 2018, 2278 f.) entfällt mit der teilweisen Aufhebung des Schuldspruchs die Grundlage für diese Einziehungen. Den Feststellungen war nicht zu entnehmen, durch welche der gemeinschaftlich begangenen Taten der Angeklagte und die Nichtrevidentin die Mitverfügungsgewalt über die noch vorhandenen oder über die dem Wert nach eingezogenen Taterträge erlangt haben.

 

Unterschriften

Raum, Jäger, Bellay, Bär, Pernice

 

Fundstellen

Haufe-Index 12528438

NStZ 2019, 416

NStZ 2019, 7

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?

Jetzt kostenlos 4 Wochen testen

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene Beiträge
  • Jahresabrechnung / 1.4 Wann ist die Jahresabrechnung vorzulegen?
    7
  • § 22 Fahrlässige Körperverletzung (§ 229 StGB) / I. Tathandlung: Körperliche Misshandlung und/oder Gesundheitsbeschädigung
    2
  • AGS 7/2016, Keine Mutwilligkeit, wenn Rechtswahrnehmung ... / 2 Aus den Gründen
    2
  • AGS 7/2017, Verfahrenswert eines Freistellungsanspruchs ... / 2 Aus den Gründen
    2
  • FF 01/2013, Illoyale Vermögensminderung und Zugewinnausg ... / Aus den Gründen:
    2
  • FoVo 06/2024, Die Rechte des miterbenden Schuldners in der Insolvenz
    2
  • zfs 03/2009, Problemfelder zum Punktesystem aus Sicht de ... / 2. Bindung an die rechtskräftige Entscheidung
    2
  • § 12 Erbengemeinschaft / 8. Prozesskostenhilferecht
    1
  • § 12 Produkthaftpflichtversicherung / (4) Sonstige Voraussetzungen
    1
  • § 12 Produkthaftpflichtversicherung / VIII. Zeitliche Begrenzung (Ziff. 7)
    1
  • § 16 Der Pflichtteil im Steuerrecht / 7. Besteuerung des Pflichtteils
    1
  • § 2 Die Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) / 2. Auf das Ausscheiden des Gesellschafters anwendbare Vorschriften
    1
  • § 2 Pflichten aus dem Anwaltsvertrag / bb) Rechtswahlklauseln
    1
  • § 2 Urheberrecht / 5. Schutz des Sendeunternehmens
    1
  • § 22 Handelsregister und Erbfolge / 1. Rechtsübergang in Erbengemeinschaft
    1
  • § 25 Mitbestimmungs- und Arbeitsrecht / 3. Grundsätze für Sozialplanabfindungen
    1
  • § 3 Testamentsgestaltung / ee) Behinderungen
    1
  • § 3 Trennung der Eheleute / 2. Verbindlichkeiten nach der Trennung und Scheidung
    1
  • § 41 Gebühren des Anwalts in Strafsachen
    1
  • § 5 Einstweiliger Rechtsschutz nach dem FamFG / II. Zuständigkeit
    1
Weitere Inhalte finden Sie u.a. in folgendem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium
Top-Themen
Downloads
Zum Haufe Shop
Produktempfehlung


Zum Thema Recht
Haufe Shop: Datenschutz- und IT-Recht
Datenschutz- und IT-Recht
Bild: Haufe Shop

Ob in Kanzleien, Unternehmen oder der öffentlichen Verwaltung – rechtliche Fragen im digitalen Umfeld sind überall. Wer mit Daten arbeitet, benötigt daher ein solides Verständnis für das Rechtsgebiet. Das Buch bietet einen praxisnahen und zugleich effizienten Einstieg anhand von 36 Beispielfällen.


BGH 5 StR 611/17
BGH 5 StR 611/17

Leitsatz (amtlich) Hat ein Angeklagter wirksam auf die Rückgabe bei ihm sichergestellter Betäubungsmittelerlöse verzichtet, bedarf es auch aufgrund der seit 1. Juli 2017 geltenden §§ 73 ff. StGB regelmäßig keiner förmlichen Einziehung. ...

4 Wochen testen


Newsletter Recht
Newsletter Recht - Wirtschaftsrecht

Aktuelle Informationen aus dem Bereich Wirtschaftsrecht frei Haus - abonnieren Sie unseren Newsletter:

  • Handels- und Gesellschaftsrecht
  • Gewerblicher Rechtsschutz
  • Vertriebsrecht
Pflichtfeld: Bitte geben Sie eine gültige E-Mail Adresse ein.
Bitte bestätigen Sie noch, dass Sie unsere AGB und Datenschutzbestimmungen akzeptieren.
Haufe Fachmagazine
Themensuche
A B C D E F G H I J K L M N O P Q R S T U V W X Y Z
Zum Recht Archiv
Haufe Group
Haufe People Operations Haufe Fachwissen Haufe HR-Software Haufe Digitale Personalakte Advolux Haufe Onlinetraining rudolf.ai - Haufe meets AI
Weiterführende Links
RSS Newsletter FAQ Mediadaten Presse Editorial Code of Conduct Redaktionsrichtlinie zum KI-Einsatz Netiquette Sitemap Buchautor:in werden bei Haufe
Kontakt
Kontakt & Feedback AGB Cookie-Einstellungen Compliance Datenschutz Impressum
Haufe Shop Recht
Anwaltssoftware Anwaltliches Fachwissen Software Gesellschafts- & Wirtschaftsrecht Lösungen Alle Recht Produkte

    Weitere Produkte zum Thema:

    × Profitieren Sie von personalisierten Inhalten, Angeboten und Services!

    Unser Ziel ist es, Ihnen eine auf Ihre Bedürfnisse zugeschnittene Website anzubieten. Um Ihnen relevante und nützliche Inhalte, Angebote und Services präsentieren zu können, benötigen wir Ihre Einwilligung zur Nutzung Ihrer Daten. Wir nutzen den Service eines Drittanbieters, um Ihre Aktivitäten auf unserer Website zu analysieren.

    Mit Ihrer Einwilligung profitieren Sie von einem personalisierten Website-Erlebnis und Zugang zu spannenden Inhalten, die Sie informieren, inspirieren und bei Ihrer täglichen Arbeit unterstützen.

    Wir respektieren Ihre Privatsphäre und schützen Ihre Daten. Sie können sich jederzeit darüber informieren, welche Daten wir erheben und wie wir sie verwenden. Sie können Ihre Einwilligung jederzeit widerrufen. Passen Sie Ihre Präferenzen dafür in den Cookie-Einstellungen an.

    Mehr Informationen Nein, Danke Akzeptieren