Sie verwenden eine veraltete Browser-Version. Dies kann unter Umständen zu Einschränkungen in der Funktion sowie Darstellung führen. Daher empfehlen wir Ihnen, einen aktuellen Browser wie z.B. Microsoft Edge zu verwenden.
Personal
Steuern
Finance
Immobilien
Controlling
Themen
Öffentlicher Dienst
Recht
Arbeitsschutz
Sozialwesen
Sustainability
Haufe.de
Shop
Service & Support
Newsletter
Kontakt & Feedback
Login

Personal Steuern Finance Immobilien Controlling Öffentlicher Dienst Recht Arbeitsschutz Sozialwesen
Immobilien
Controlling
Öffentlicher Dienst
Recht
Arbeitsschutz
Sozialwesen
Sustainability
Themen

BGH Beschluss vom 09.03.1999 - 1 StR 50/99

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen
 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Betrug

 

Tenor

Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Augsburg vom 24. Juli 1998 mit den Feststellungen aufgehoben.

Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

 

Gründe

Das Landgericht hat die Angeklagten wegen (gemeinschaftlichen) Betrugs in fünf Fällen jeweils zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt und sie in acht Fällen freigesprochen. Es hat die Vollstreckung der erkannten Freiheitsstrafen zur Bewährung ausgesetzt. Gegen dieses Urteil wenden sich die Revisionen der Angeklagten, die auf Verfahrensrügen und die Sachbeschwerde gestützt werden. Die Rechtsmittel haben Erfolg.

I.

Die Verurteilung der Angeklagten wegen Betrugs hält sachlich-rechtlicher Nachprüfung nicht stand; die erhobenen Verfahrensrügen bedürfen keiner Erörterung.

1. Das Landgericht hat festgestellt: Die Angeklagten vertrieben von Ende 1990 bis August 1991 für eine Treuhandgesellschaft Beteiligungen an einem Bauträgermodell in Kaiserslautern. Die mit dem Erwerb von Studenten-Appartments mit Pkw-Stellplätzen anfallenden Einzelgeschäfte – Kauf, Objektvorbereitung und Marketing, Mietvermittlung, Mietgarantie, Finanzierungsvermittlung, Darlehensbeschaffung, Steuerberatung – wurden gegen einen zu entrichtenden „Gesamtaufwand” als Gesamtpaket angeboten und von der Treuhandgesellschaft für die Erwerber erledigt. Sie vermittelte auch einen Kredit in Höhe des Gesamtaufwands bei der B. H.- und W.-bank.

2. Nach Auffassung der Strafkammer unterließen es die Angeklagten, die Geschädigten über die Zusammensetzung des Gesamtaufwands aufzuklären, um zu verschleiern, daß ihnen rund 15 % des finanzierten Gesamtpreises als Provision zuflossen. Sie sorgten dafür, daß die Erwerber bis zum jeweils unmittelbar im Anschluß an die Verkaufsberatung stattfindenden Termin beim Notar keinen Einblick in die Unterlagen erhielten und ihnen weitere Aufklärung nicht gegeben wurde. Die Kammer hat es für erwiesen erachtet, daß die Erwerber sich nicht zum Kauf entschlossen hätten, wenn ihnen die Aufteilung des Gesamtaufwands bekannt gewesen wäre. Es sei ihnen dadurch ein Vermögensschaden in Höhe des jeweils bezahlten Gesamtaufwands entstanden.

II.

1. Die Verurteilung wegen Betrugs kann keinen Bestand haben. Haben die Angeklagten in Täuschungsabsicht verschwiegen, daß allein 15 % des Gesamtaufwands Kosten für den Vertrieb waren, konnte diese Täuschung nicht zu dem angenommenen Vermögensschaden führen, wenn die Kammer als wahr unterstellt, die Erwerber hätten einen Gesamtaufwand bezahlt, der dem Verkehrswert der erworbenen Immobilie entsprochen habe. Ein Vermögensschaden liegt nicht schon dann vor, wenn jemand infolge eines durch eine Täuschung hervorgerufenen Irrtums eine Vermögensverfügung getroffen hat, die er nicht getroffen haben würde, wenn er die Wahrheit gekannt hätte (BGHSt 16, 321, 325).

Wenn es in der neuen Hauptverhandlung wiederum auf einen Vergleich zwischen dem Gesamtaufwand und dem Verkehrswert zur Tatzeit ankommen sollte, wird der wahre Wert der Eigentumswohnungen aufzuklären sein.

2. Aber auch die weitere Begründung des Landgerichts trägt den Schuldspruch nicht. Die Strafkammer hat den Vermögensschaden angesichts der sich aus der Wahrunterstellung ergebenden objektiven Werthaltigkeit des Kaufgegenstandes auch darin gesehen, daß die abgeschlossenen Verträge für die Erwerber wirtschaftlich nachteilig waren. Dies hat sie mit Hilfe einer eigenen „Liquiditätsberechnung” dargelegt. Jedoch kann der Senat den Urteilsgründen die für die Annahme eines Vermögensschadens notwendigen Feststellungen ebenso wenig entnehmen wie Feststellungen zu einer Täuschungshandlung der Angeklagten, die für einen solchen Schaden ursächlich gewesen wäre.

a) Allerdings entspricht es der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, daß bei beschränkten finanziellen Verhältnissen des Erwerbers der Abschluß eines Vertrages – selbst wenn Leistung und Gegenleistung gleichwertig sind – zu einem Vermögensschaden führen kann. Ein Schaden kann auch dann bejaht werden, wenn die Gegenleistung für den Erwerber nicht brauchbar ist (st. Rspr. seit BGHSt 16, 321, 325) oder wenn – und davon geht das Landgericht ersichtlich aus – eine Gegenüberstellung ergibt, daß die eingegangenen Verpflichtungen und sonstigen Nachteile durch die Vorteile nicht ausgeglichen werden und sich dadurch eine nachhaltige Beeinträchtigung der sonstigen Lebensführung ergibt (vgl. für zivilrechtliche Schadensersatzansprüche BGH, Urt. vom 26. September 1997 - V ZR 29/96 -, NJW 1998, 302, 304). Decken beim Kauf einer Eigentumswohnung im Rahmen eines Bauträgermodells die Mieteinnahmen und die Steuerersparnis die Kosten nicht, führt die Gegenüberstellung danach nur dann nicht zu einem Vermögensschaden, wenn die nichtkompensierten Aufwendungen durch eine Wertsteigerung der Immobilie aufgewogen werden (BGH NJW aaO 305).

Diese Grundsätze können auch für die Feststellung eines Betrugsschadens heranzuziehen sein. Jedoch ist zu beachten, daß der Vermögensvergleich für den Zeitpunkt der Vermögensverfügung festzustellen ist und es darauf ankommt, welche Einnahmen und Aufwendungen zu diesem Zeitpunkt erwartet werden konnten.

Anhand der im Urteil mitgeteilten „Liquiditätsberechnungen” ist ein Gesamtvergleich der Vermögenslage für die fünf Geschädigten vor und nach dem Abschluß der Verträge nicht nachzuvollziehen. Die Berechnungen stammen nach den Feststellungen nicht von den Angeklagten, sondern von einem zunächst ebenfalls angeklagten Kreditsachbearbeiter der finanzierenden Bank. Sie dienten der Prüfung der Kreditwürdigkeit der Erwerber. Die Kammer stellt an anderer Stelle fest, die Angeklagten selbst hätten eine „steuerliche Betrachtung” an Hand von Selbstauskünften der Erwerber angestellt und dazu handschriftliche Notizen gefertigt. Dies läßt offen, ob von der Kammer einheitliche Bewertungsmaßstäbe angewendet worden sind. Vor allem ist aber entscheidend, welche wirtschaftlichen Verhältnisse der Erwerber die Angeklagten zugrunde gelegt haben und ob sie nach eigener Prüfung die Erwerber bewußt falsch beraten haben. Der Senat kann aufgrund einer derart unsicheren Tatsachengrundlage nicht nachprüfen, ob die Strafkammer zu Lasten der Angeklagten eine zutreffende Gegenüberstellung der Vor- und Nachteile der eingegangenen Verträge vorgenommen und dabei auch denkbare Wertsteigerungen berücksichtigt hat.

b) Den Urteilsgründen ist auch eine Täuschungshandlung der Angeklagten nicht ausreichend zu entnehmen, auf die das Landgericht den von ihm angenommenen Vermögensschaden zurückführen könnte. Zwar legt die Strafkammer unter dem Abschnitt „Strafbarer Sachverhalt” dar, die Angeklagten hätten stets die gleiche Verkaufsargumentation verwendet. Danach sollen die Angeklagten den Erwerbern „empfohlen” haben, eine Studentenwohnung, die ohne Eigenkapital finanzierbar sei, zu erwerben. Die durch die Kreditaufnahme entstehende Belastung werde durch Steuererstattungen und Mieteinnahmen so weit ausgeglichen, daß eine monatliche Belastung von lediglich 100,– DM bis 200,– DM verbleibe. Nach den Urteilsgründen wird nicht deutlich, welcher Art und wie konkret die Ankündigungen und Berechnungen der Angeklagten waren. Insbesondere ist nicht ersichtlich, inwieweit sie die Erwerber über die steuerlichen Abschreibungsmöglichkeiten des Projektes, über die Mieteinnahmen sowie über deren Steuerersparnis getäuscht und so eine Beteiligung an dem Bauträgermodell als vorteilhaft dargestellt haben (vgl. Fuellmich/Rieger ZIP 1999, 427, 430). Die Strafkammer hat jedenfalls aus den dargelegten „Empfehlungen” eine konkrete Täuschungshandlung nicht abgeleitet, nach der die Angeklagten die Erwerber aufgrund unzutreffender Angaben unmittelbar veranlaßt hätten, für sie wirtschaftlich ungünstige Verträge einzugehen.

 

Unterschriften

Schäfer, Maul, Granderath, Brüning, Boetticher

 

Fundstellen

Haufe-Index 540107

NStZ 1999, 555

wistra 1999, 299

StV 2000, 21

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?

Jetzt kostenlos 4 Wochen testen

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene Beiträge
  • Jahresabrechnung / 1.4 Wann ist die Jahresabrechnung vorzulegen?
    7
  • § 22 Fahrlässige Körperverletzung (§ 229 StGB) / I. Tathandlung: Körperliche Misshandlung und/oder Gesundheitsbeschädigung
    2
  • AGS 7/2016, Keine Mutwilligkeit, wenn Rechtswahrnehmung ... / 2 Aus den Gründen
    2
  • AGS 7/2017, Verfahrenswert eines Freistellungsanspruchs ... / 2 Aus den Gründen
    2
  • FF 01/2013, Illoyale Vermögensminderung und Zugewinnausg ... / Aus den Gründen:
    2
  • FoVo 06/2024, Die Rechte des miterbenden Schuldners in der Insolvenz
    2
  • zfs 03/2009, Problemfelder zum Punktesystem aus Sicht de ... / 2. Bindung an die rechtskräftige Entscheidung
    2
  • § 12 Erbengemeinschaft / 8. Prozesskostenhilferecht
    1
  • § 12 Produkthaftpflichtversicherung / (4) Sonstige Voraussetzungen
    1
  • § 12 Produkthaftpflichtversicherung / VIII. Zeitliche Begrenzung (Ziff. 7)
    1
  • § 16 Der Pflichtteil im Steuerrecht / 7. Besteuerung des Pflichtteils
    1
  • § 2 Die Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) / 2. Auf das Ausscheiden des Gesellschafters anwendbare Vorschriften
    1
  • § 2 Pflichten aus dem Anwaltsvertrag / bb) Rechtswahlklauseln
    1
  • § 2 Urheberrecht / 5. Schutz des Sendeunternehmens
    1
  • § 22 Handelsregister und Erbfolge / 1. Rechtsübergang in Erbengemeinschaft
    1
  • § 25 Mitbestimmungs- und Arbeitsrecht / 3. Grundsätze für Sozialplanabfindungen
    1
  • § 3 Testamentsgestaltung / ee) Behinderungen
    1
  • § 3 Trennung der Eheleute / 2. Verbindlichkeiten nach der Trennung und Scheidung
    1
  • § 41 Gebühren des Anwalts in Strafsachen
    1
  • § 5 Einstweiliger Rechtsschutz nach dem FamFG / II. Zuständigkeit
    1
Weitere Inhalte finden Sie u.a. in folgendem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium
Top-Themen
Downloads
Zum Haufe Shop
Produktempfehlung


Zum Thema Recht
Grundlagen und Anforderungen: Geschäftspartner-Management
Geschäftspartner-Management
Bild: Haufe Shop

Zusammenarbeit mit Geschäftspartnern bietet Unternehmen Möglichkeiten der Geschäftsentwicklung, birgt aber auch Risiken. Das Buch gibt einen Überblick über die nationalen und internationalen rechtlichen Grundlagen und zeigt praktische Umsetzungsmöglichkeiten eines Compliance-Prozesses auf.


BGH 1 StR 385/05
BGH 1 StR 385/05

  Verfahrensgang LG Würzburg (Urteil vom 11.05.2005)   Tenor 1. Die Revisionen des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts Würzburg vom 11. Mai 2005 werden verworfen. 2. Der Angeklagte hat die Kosten seines ...

4 Wochen testen


Newsletter Recht
Newsletter Recht - Wirtschaftsrecht

Aktuelle Informationen aus dem Bereich Wirtschaftsrecht frei Haus - abonnieren Sie unseren Newsletter:

  • Handels- und Gesellschaftsrecht
  • Gewerblicher Rechtsschutz
  • Vertriebsrecht
Pflichtfeld: Bitte geben Sie eine gültige E-Mail Adresse ein.
Bitte bestätigen Sie noch, dass Sie unsere AGB und Datenschutzbestimmungen akzeptieren.
Haufe Fachmagazine
Themensuche
A B C D E F G H I J K L M N O P Q R S T U V W X Y Z
Zum Recht Archiv
Haufe Group
Haufe People Operations Haufe Fachwissen Haufe HR-Software Haufe Digitale Personalakte Advolux Haufe Onlinetraining rudolf.ai - Haufe meets AI
Weiterführende Links
RSS Newsletter FAQ Mediadaten Presse Editorial Code of Conduct Redaktionsrichtlinie zum KI-Einsatz Netiquette Sitemap Buchautor:in werden bei Haufe
Kontakt
Kontakt & Feedback AGB Cookie-Einstellungen Compliance Datenschutz Impressum
Haufe Shop Recht
Anwaltssoftware Anwaltliches Fachwissen Software Gesellschafts- & Wirtschaftsrecht Lösungen Alle Recht Produkte

    Weitere Produkte zum Thema:

    × Profitieren Sie von personalisierten Inhalten, Angeboten und Services!

    Unser Ziel ist es, Ihnen eine auf Ihre Bedürfnisse zugeschnittene Website anzubieten. Um Ihnen relevante und nützliche Inhalte, Angebote und Services präsentieren zu können, benötigen wir Ihre Einwilligung zur Nutzung Ihrer Daten. Wir nutzen den Service eines Drittanbieters, um Ihre Aktivitäten auf unserer Website zu analysieren.

    Mit Ihrer Einwilligung profitieren Sie von einem personalisierten Website-Erlebnis und Zugang zu spannenden Inhalten, die Sie informieren, inspirieren und bei Ihrer täglichen Arbeit unterstützen.

    Wir respektieren Ihre Privatsphäre und schützen Ihre Daten. Sie können sich jederzeit darüber informieren, welche Daten wir erheben und wie wir sie verwenden. Sie können Ihre Einwilligung jederzeit widerrufen. Passen Sie Ihre Präferenzen dafür in den Cookie-Einstellungen an.

    Mehr Informationen Nein, Danke Akzeptieren