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Großbritannien: England und Wales / I. Prägende Merkmale des englischen Erbrechts

Dr. iur. Felix Odersky
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Rz. 38

Das englische Erbrecht wird, wie erwähnt (siehe Rdn 21 ff.), geprägt von der gesonderten Nachlassabwicklung durch einen administrator oder executor. Da dieser zunächst Inhaber des gesamten Nachlasses wird, ist England die Unterscheidung der Civil-Law-Länder zwischen Erben und Vermächtnisnehmern fremd. Alle beneficiaries haben nur Herausgabeansprüche gegenüber dem personal representative, unabhängig davon, ob sich diese auf einzelne Nachlassgegenstände oder auf den gesamten nach Abwicklung verbleibenden Reinnachlass (sog. residuary estate oder kurz residue) beziehen.

Sofern in dieser Darstellung der Begriff "Erbe" verwendet wird, darf dies daher nur als die im Deutschen geläufigere Bezeichnung für die erbrechtlich Begünstigten verstanden werden, nicht als Vermögensnachfolger im Sinne der Universalsukzession.

 

Rz. 39

Weitere Folge der Nachlassabwicklung ist, dass die beneficiaries automatisch von jeder persönlichen Haftung für Nachlassverbindlichkeiten befreit sind, also weder das Erbe ausschlagen noch andere Handlungen zur Haftungsbeschränkung vornehmen müssen. Da es automatisch zu einer seperatio bonorum kommt, haften auch die personal representatives nicht mit ihrem Privatvermögen, solange sie nicht ihre Pflichten im Rahmen der Nachlassabwicklung verletzen.

 

Rz. 40

Neben dem Prinzip der gesonderten Nachlassabwicklung prägt der Grundsatz der Testierfreiheit das englische Erbrecht. Zwar kann das Gericht im Einzelfall nahen Angehörigen Versorgungsleistungen aus dem Nachlass (family provisions) einräumen (siehe dazu Rdn 67 ff.), doch feste Pflichtteilsansprüche oder Noterbrechte kennt das englische Recht nicht. Diese weitreichende Testierfreiheit, die zahlreichen Gestaltungsmöglichkeiten, die das englische Erb- und Sachenrecht – insbesondere über die Möglichkeiten des tru...

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