Rz. 44

Die Angabepflicht ESRS G1-4 umfasst – sofern wesentlich – Informationen hinsichtlich Fälle von Korruption oder Bestechung während des Berichtszeitraums (ESRS G1.22). ESRS G1-4 stellt somit u. a. ein quantitatives Ergänzungsstück zu den in ESRS G1-3 dargelegten Informationen zu Verfahren der Verhinderung und Aufdeckung von Korruption und Bestechung dar. Die Angabepflicht des ESRS G1-4 bezieht sich, wie auch ESRS G1-3 (Rz 30), auf den durch die CSRD[1] neu hinzugefügten Art. 29b Abs. 2 Buchst. c (iii) 2013/34/EU und den diesbzgl. geforderten Informationen zur Bekämpfung von Korruption und Bestechung. Im Kontrast zu ESRS G1-1, ESRS G1-2, ESRS G1-3, ESRS G1-5 und ESRS G1-6 beinhaltet Anlage A des ESRS G1 keine Anwendungsanforderungen für ESRS G1-4.

 

Rz. 45

Das Ziel der Angabepflicht ist es, Transparenz betreffend Fälle und der diesbzgl. Ergebnisse, welche im Zusammenhang mit Korruption oder Bestechung stehen, im Berichtszeitraum zu schaffen (ESRS G1.23). Die hierdurch avisierte Transparenz soll somit u. a. die kontinuierliche Verbesserung der Vermeidungs- und Aufdeckungsmechanismen des Unternehmens fördern und zur Verhinderung von Wiederholungen von Vorfällen beitragen (ESRS G1.BC34).

 

Rz. 46

Die Angabepflicht (Rz 44) hat – sofern wesentlich – die folgenden Informationen zu enthalten:

  • Das Unternehmen soll die "Anzahl der Verurteilungen und die Höhe der Geldstrafen für Verstöße gegen Korruptions- und Bestechungsvorschriften" offenlegen (ESRS G1.24(a)). Der Begriff der Verurteilungen wird nicht spezifiziert, sollte jedoch im Kontext des Begriffs der Fälle (Rz 44) und der bestätigten Fälle (Rz 49) von Korruption oder Bestechung interpretiert werden. Eben dieser bestätigte Korruptions- oder Bestechungsfall wird als ein Vorfall von Korruption oder Bestechung, welcher sich als substantiiert erwiesen hat bzw. "nachgewiesen wurde", definiert. Hiervon nicht umfasst sind Vorfälle von Korruption oder Bestechung, welche zum "Ende des Berichtszeitraums noch Gegenstand von Ermittlungen sind".[2] Ein denkbares Unterscheidungsmerkmal zwischen dem Begriff der Verurteilung und dem Begriff des bestätigten Korruptions- oder Bestechungsfalls betrifft die Instanz der Determinierung der Substantiierung des Vorfalls. Die Zuordnung möglicher Verstöße zu jenen der bestätigten Vorfälle von Korruption oder Bestechung kann u. a. unternehmensintern als auch unternehmensextern erfolgen. So reicht hierfür bspw. die Einstufung des Vorfalls als substantiiert durch den Compliance-Beauftragten des Unternehmens bzw. eine Person in ähnlicher Funktion oder unternehmensextern durch eine Behörde (ESRS G1.BC36(c)). Eine Feststellung des Vorfalls durch ein Gericht ist hierfür nicht notwendig (ESRS G1.BC36(b)). Folglich könnte sich eine Abgrenzung des Begriffs der Verurteilung von jenem des bestätigten Falls von Korruption oder Bestechung durch bspw. die Notwendigkeit einer gerichtlichen Substantiierung anbieten.
  • Ferner sollen seitens des Unternehmens alle ergriffenen Maßnahmen[3] zum Vorgehen gegen Verstöße gegen Verfahren und Standards zur Bekämpfung von Korruption und Bestechung beschrieben werden (ESRS G1.24(b)). Eine Spezifizierung dahingehend, welche unternehmerischen Maßnahmen, welche Verfahren und insbes. welche Standards zur Bekämpfung von Korruption und Bestechung von ESRS G1.24(b) umfasst sind, findet sich nicht. Die Bezugnahme auf Maßnahmen im Zusammenhang mit Verstößen gegen jene – sofern wesentlich – gem. ESRS G1.18 (Rz 38) dargelegten Verfahren zur Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung von Vorwürfen oder Vorfällen von Korruption und Bestechung scheint denkbar. Vor dem Hintergrund des Umfangs und des Inhalts der darzulegenden Informationen zeigt der Verweis auf alle ergriffenen Maßnahmen den bedeutsamen Freiraum, welcher Unternehmen geboten wird. Im Einklang mit dem Ziel der Angabepflicht (Rz 45) ist darüber hinaus von einer Darlegung der mit Korruptions- oder Bestechungsfällen im Zusammenhang stehenden Ergebnisse der ergriffenen Maßnahmen seitens des Unternehmens auszugehen.
  • Hinzukommend müssen die geforderten Informationen nur dann Vorfälle von Korruption oder Bestechung, in welche "Akteure der Wertschöpfungskette"[4] des Unternehmens involviert sind, inkludieren, "wenn das Unternehmen oder seine Beschäftigten[5] direkt beteiligt sind" (ESRS G1.26).
 

Rz. 47

Die durch ESRS G1.24(a) (Rz 46) geschaffene Informationsbasis soll u. a. jene Finanzdienstleister, die der Offenlegungs-VO (EU) 2019/2088[6] unterliegen, als auch Referenzwert-Administratoren in der Offenlegung von ESG-Faktoren i. S. d. Delegierten VO (EU) 2020/1816[7] in ihren Informationsbedürfnissen unterstützen (ESRS G1-4, Fußnote 130). Für Finanzdienstleister, welche der Offenlegungs-VO (EU) 2019/2088 unterliegen, bezieht sich dieses Informationsbedürfnis auf den in Tab. 3 des Anhangs 1 der Delegierten VO (EU) 2022/1288[8] angeführten Indikator Nr. 17 betreffend die "Anzahl der Verurteilungen und Höhe der Geldstrafen für Verstöße gegen Korruptions- und Bestechungsvorschriften" ...

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