Rz. 7

Die Grundnorm des Abs. 1 Satz 1 regelt, dass Bedarfe für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt werden, soweit diese angemessen sind. Es handelt sich dabei um eine Klarstellung; denn § 35 sah schon in seiner bis zum 31.12.2022 geltenden Fassung grundsätzlich nur die Übernahme angemessener Unterkunftskosten vor; dies war allerdings in dem früheren Absatz 2 geregelt. Die Einfügung des letzten Halbsatzes in Abs. 1 Satz 1 schafft Klarheit und macht die Vorschrift übersichtlicher. Entsprechendes gilt für die Einbeziehung der Bedarfe für Heizung in die Grundnorm des Abs. 1 Satz 1 zum 1.1.2023, die zuvor in Abs. 4 geregelt waren. 

 

Rz. 8

In Abs. 1 Satz 2 ist zum 1.1.2023 die im SGB II seither geltende Karenzzeit von einem Jahr auch im SGB XII übernommen worden. Innerhalb dieser Karenzzeit werden Bedarfe für Unterkunft (nicht für Heizung) – abweichend von dem Grundsatz in Abs. 1 Satz 1 – in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, auch wenn sie unangemessen sind (Satz 3). Dies gilt allerdings nicht bei einem Wohnungswechsel (Satz 3, 2. Halbsatz).

Die Übernahme der einjährigen Karenzzeit in das SGB XII hält der Gesetzgeber durch sachliche Gründe für gerechtfertigt. Zwar dient die Karenzzeit im SGB II auch als Anreiz, die Hilfebedürftigkeit innerhalb des ersten Jahres durch Aufnahme einer Beschäftigung zu überwinden. Dies trifft auf den Personenkreis, der Leistungen nach dem Dritten oder Vierten Kapitel des SGB XII bezieht, nicht zu; denn diese Personen sind dauerhaft oder zumindest vorübergehend voll erwerbsgemindert oder haben die Altersgrenze des § 41 Abs. 2 erreicht. Sinn und Zweck der Karenzzeit ist es aber ferner, Personen, die erstmals auf den Bezug existenzsichernder Leistungen angewiesen sind, die Sorge zu nehmen, dass ihre Wohnung als Lebensmittelpunkt ab Beginn des Leistungsbezugs unmittelbar gefährdet ist und wegen unangemessener Aufwendungen für die Unterkunft bereits nach kurzer Zeit aufgegeben werden muss. Ohne die Karenzzeit müssten Empfänger von Leistungen nach dem Dritten oder Vierten Kapitel im Falle unangemessener Unterkunftskosten bereits in den ersten sechs Monaten nach Leistungsbeginn Bemühungen zur Kostensenkung nachweisen. Dies stellt nach Auffassung des Gesetzgebers eine besondere Belastung dar, die durch die einjährige Karenzzeit vermieden wird. Der genannte Personenkreis soll ausreichend Zeit haben, sich auf die Veränderung der Lebenssituation einzustellen (vgl. zu alledem BT-Drs. 20/3873 S. 110 f., die sich allerdings zu der ursprünglich geplanten 2-jährigen Karenzzeit verhält).

Satz 3 HS 2 stellt klar, dass § 35a Abs. 2 Satz 2 durch die Karenzzeit unberührt bleibt. Damit werden nach einem Umzug in eine Wohnung mit unangemessenen Aufwendungen während der Karenzzeit, dem der Träger der Sozialhilfe nicht zugestimmt hat, Aufwendungen für Unterkunft und Heizung für die neue Unterkunft nur in Höhe der angemessenen Aufwendungen als Bedarf anerkannt. Die Regelung dient der Vermeidung unnötiger Mehrkosten wegen eines Umzugs, der unter Ausnutzung der Regelungen zur Karenzzeit erfolgt (BT-Drs. 20/3873 S. 111).

Sätze 4 bis 6 treffen Regelungen im Zusammenhang mit der Karenzzeit, nämlich zur Verlängerung der Karenzzeit bei Unterbrechung des Leistungsbezugs (Satz 4), zum Neubeginn einer Karenzzeit (Satz 5) sowie zur Anrechnung einer bereits in Anspruch genommenen Karenzzeit nach dem SGB II (Satz 6).

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