Mit Wirkung zum 6.6.2023 ist die europäische Entgelttransparenzrichtlinie (EU/2023/970) in Kraft getreten. Gegenüber dem EntgTranspG bringt sie etliche Weiterungen, beispielsweise erweiterte Auskunftsansprüche und Berichtspflichten sowie Entschädigungsansprüche bei geschlechtsspezifischer Lohndiskriminierung. Die Richtlinie gilt für Arbeitgeber in öffentlichen und privaten Sektoren. Die Vorgaben der Richtlinie müssen von den Mitgliedstaaten bis zum 7.6.2026 in nationales Recht umgesetzt werden. In Deutschland wird das aller Voraussicht nach durch eine gesetzgeberische Überarbeitung des EntgTranspG geschehen.

Im Wesentlichen regelt die Entgelttransparenzrichtlinie folgende Maßnahmen:

6.1 Gleiche und gleichwertige Arbeit

Nach Art. 4 der Richtlinie sollen die Mitgliedstaaten sicherstellen, dass Lohngleichheit nicht nur für gleiche, sondern auch für gleichwertige Arbeit gewährleistet wird. Art. 4 Abs. 4 nennt dabei als Kriterien für die Bewertung der Arbeit Kompetenzen, Belastungen, Verantwortung und Arbeitsbedingungen und gegebenenfalls etwaige weitere Faktoren, die für den konkreten Arbeitsplatz oder die konkrete Position relevant sind. Die genaue Ausgestaltung fällt in den Verantwortungsbereich der Mitgliedstaaten.

6.2 Entgelttransparenz vor der Beschäftigung (Art. 5)

Die Entgelttransparenz wird zeitlich deutlich erweitert. Nach der Richtlinie haben bereits Stellenbewerber das Recht, vom künftigen Arbeitgeber Informationen über das Einstiegsentgelt für die betreffende Stelle oder dessen Spanne zu erhalten, ebenso zu einem etwa einschlägigen Tarifvertrag. Der Arbeitgeber darf Bewerber zudem nicht nach ihrer Entgeltentwicklung in ihren laufenden oder früheren Arbeitsverhältnissen befragen.

6.3 Ansprüche im laufenden Arbeitsverhältnis (Art. 7)

Arbeitnehmer haben das Recht, Auskünfte über ihre individuelle Entgelthöhe und die durchschnittlichen Entgelthöhen zu verlangen und auch in schriftlicher Form zu erhalten, aufgeschlüsselt nach Geschlecht und für die Gruppen von Arbeitnehmern, die gleiche oder gleichwertige Arbeit wie sie verrichten. Der Auskunftsanspruch ist dabei unabhängig von der Unternehmensgröße.

Der Arbeitgeber muss alle Arbeitnehmer jährlich über ihr Recht, die genannten Auskünfte zu erhalten, und über die notwendigen Schritte zur Wahrnehmung dieses Rechts informieren.

Arbeitnehmer dürfen nicht daran gehindert werden, ihr Entgelt offenzulegen. Insbesondere müssen die Mitgliedstaaten Maßnahmen ergreifen, um Vertragsbedingungen zu verbieten, durch die Arbeitnehmer davon abgehalten werden, Informationen über ihr Gehalt offenzulegen.

6.4 Berichtspflichten (Art. 9)

Arbeitgeber mit mehr als 100 Arbeitnehmern sind verpflichtet, je nach Unternehmensgröße gestaffelt jährlich bzw. bis zu alle 3 Jahre, Bericht über das Entgeltgefälle zwischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern zu erstatten.

6.5 Gemeinsame Entgeltbewertung (Art. 10)

Arbeitgeber, die der Berichterstattungspflicht unterliegen, müssen mit ihren Arbeitnehmervertretern eine gemeinsame Entgeltbewertung vornehmen, wenn sich ein Unterschied bei der durchschnittlichen Entgelthöhe von mindestens 5 % ergibt und dieser nicht auf Grundlage objektiver geschlechtsneutraler Kriterien gerechtfertigt ist. Die Arbeitgeber sind somit zur aktiven Herstellung der Entgeltgerechtigkeit verpflichtet.

6.6 Schadensersatz und Entschädigung (Art. 16)

Arbeitnehmer, die durch die Verletzung von Rechten oder Pflichten im Zusammenhang mit dem Grundsatz des gleichen Entgelts einen Schaden erlitten haben, sollen das Recht bekommen, für diesen Schaden vollständigen Schadensersatz oder vollständige Entschädigung zu bekommen. Hierunter fällt die vollständige Nachzahlung entgangener Entgelte und damit verbundener Boni oder Sachleistungen sowie Schadensersatz für entgangene Chancen und immateriellen Schaden.

6.7 Beweislastumkehr (Art. 18)

Durch die Richtlinie werden deutliche Erleichterungen für Arbeitnehmer vorgesehen. Art. 18 erlegt dem Arbeitgeber die Beweislast dafür auf, dass keine unmittelbare oder mittelbare Entgeltdiskriminierung vorliegt.

6.8 Sanktionen (Art. 23)

Die Mitgliedstaaten müssen Vorschriften über wirksame, verhältnismäßige und abschreckende Sanktionen erlassen, zu denen auch Geldbußen gehören.

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