Die technologische Entwicklung, die Digitalisierung und insbesondere künstliche Intelligenz hat bereits in vielen Unternehmen fantastische Vorteile erzielt. Prozesse wurden optimiert, die Durchlaufzeiten erhöht und die Qualität vielfach auf einem hohen Niveau stabilisiert. Aber es sind nicht nur volks- oder betriebswirtschaftliche Entlastungen, der konkrete Nutzen in vielen Berufen und Tätigkeiten haben Entlastung und Zeitersparnis generiert. Softwareentwickler, die sich Codes durch eine künstliche Intelligenz schreiben lassen oder Übersetzer, die Texte übersetzen – Tätigkeiten, die „nur" noch überprüft werden müssen, wurden meist positiv und bereichernd angenommen.

Zusammenfassend lässt sich zunächst einmal feststellen, dass künstliche Intelligenz bei rein kognitiven Herausforderungen mit Blick auf die Möglichkeiten der Berücksichtigung großer Datenmengen und die daraus resultierende Geschwindigkeit, mit der eine zweckrationale Antwort gegeben werden kann, dem Menschen zunehmend deutlich überlegen ist.

Unter dem Blickwinkel stetig wachsenden Wissens und der demographischen Entwicklung in den Industrienationen bei gleichzeitig erlebbaren Fachkräftemangel scheint es so, dass KI hilft, Wissen verfügbar zu haben, in dem Unternehmen zu halten und stets zu aktualisieren.

Mehr noch, die mit Menschen verbunden Risiken von Krankheit, Kündigung etc. scheinen nahezu keine Rolle zu spielen. Und auch die potenziellen Fehler durch Beanspruchung und Belastung oder gar Irrtum scheinen ausradiert.

Betrachtet man zudem die Fähigkeit des „Selbstlernens“ einer KI, also der algorithmischen Verbesserung von KI-Analysen und den Antworten mit jeder Korrektur, werden relativ schnell Lernerfolge des Systems messbar. Befeuert durch vollmundige Versprechungen, dass KI-Anwendungen aktuell bis zu 20 % Personal einsparen, Prozesse ganzheitlich verbessern, Benchmarks – oder besser: Marktvergleiche in ihre Lösungen einbeziehen, durch Standardisierung und Optimierung von Routineaufgaben entlasten und so Kapazitäten schaffen für wertschöpfendere Aufgaben ist aber nur die eine Seite.

Die andere Seite ist die Sorge, die es in den 80er Jahren bereits einmal gab: Aus „Roboter ersetzen die Menschen“ entstand das zeitgemäße „KI ersetzt den Menschen“.

Um die Analogie weiter zu strapazieren: Tatsächlich haben Roboter – gerade in Produktionsbereichen, aber nicht nur dort – heute vielfach menschliche Arbeitskraft ersetzt. Auch wenn dies in Anbetracht des Fachkräftemangels und Personalengpässen allenortens, zunächst einmal positiv klingt, schwingt hier nicht nur die (berechtigte) Sorge der gering qualifizierten oder wenig erfahrenen Mitarbeiter mit, die sich auf neue Arbeitsfelder einstellen müssen. Es gilt dieses Potenzial auch weiter zu denken. Der israelische Autor Yuval Harari beispielsweise sieht Menschen als „hackbare Tiere“ die in einem solchen System zu einem Großteil als „nutzlose Klasse“ verkommen (vgl. z. B. seinen Spiegelbestseller „Homo Deus[1] “) und wirft die Frage auf, was man mit all diesen Menschen machen soll.

Oder auch Elon Musk, der die weitere Entwicklung von Chat GBT 2.0 zunächst auf Eis legte, da hier das Potenzial bestünde, dass diese Systeme eine große Bedrohung für die Menschheit seien könnten (ohne dies weiter zu quantifizieren). Oder die Erfahrung von KI-Forschern bei Metaverse, die eine AI abschalteten, als sie erkannten, dass KI-Systeme untereinander in einer eigenen Sprache miteinander kommunizierten, die von den Forscher nicht verstanden wurde, geweige denn steuerbar war.

Zwischen der euphorischen Perspektive und der Heilserwartung auf der einen Seite und einer eher dystopischen Blickrichtung ist der Markt unentschieden. Wie sich die Dinge entwickeln, kann niemand heute vorhersagen. Es stecken herausragende Chancen in den Potenzialen einer KI aber offensichtlich auch nicht steuerbare Risiken. Es wäre fatal, sich von den zweckrationalen Potenzialen einer KI vereinnahmen zu lassen und die sozio-kulturellen, ethischen Fragestellungen auszublenden. Diese kritische Diskussion auf dem Altar von Modernität und rationalen Gewinnstreben zu opfern könnte wie im Zauberlehrling Geister hervorrufen, die man irgendwann nicht mehr beherrschen kann.

Eine Diskussion, die aktuell stärker durch Partikularinteressen geprägt ist und dessen Thema sich HR noch nicht wirklich angenommen hat, die aber offen geführt werden sollte. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass manche behaupten, die wesentlichen Argumente sind ausgetauscht und es gilt jetzt in die Praxis zu gehen.

Abseits von dieser dialogischen angelegten Kurzbeleuchtung gilt es aber auch zu konstatieren, dass künstliche Intelligenz sowohl faktischen Einsatz – als auch perspektivische Potenziale in HR und HR/D aufweist.

[1] Homo Deus: Eine Geschichte von morgen, Yuval Noah Harari, Verlag: C.H. Beck, November 2023

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