Das Modell der langen Zyklen der Weltkonjunktur des russischen Nationalökonomen Nikolai Kondratieff besagt im Kern, dass marktwirtschaftlich organisierte Volkswirtschaften nicht nur durch das Auftreten kurz- und mittelfristiger Konjunkturschwankungen gekennzeichnet sind, sondern auch lange Phasen von Aufschwung und Rezession regelmäßig wiederkehren.

Auslöser für solche Langzeitzyklen sind sogenannte Basisinnovationen, welche die gesamte Gesellschaft und deren Arbeitsstrukturen beeinflussen. Diese „Theorie der langen Wellen“ werden auch als „Kondratieff-Zyklen“ bezeichnet.

  • Der erste Kondratieff-Zyklus (1800–1850) wurde ausgelöst durch Basisinnovationen wie den mechanischen Webstuhl, Kohle- und Eisentechnologie und vor allem die Dampfmaschine.
  • Während die zweite „lange Welle“ (1850–1900) insbesondere durch die Eisenbahn, Telegrafie und Fotografie geprägt wurde, …
  • … kamen im dritten Zyklus (1900–1950) Innovationen der Chemie, die Elektrifizierung und das Automobil zum Tragen.
  • Die Elektronik, Kernkraft, Kunststoffe und die Raumfahrt begründeten von 1950 an den vierten Kondratieff-Zyklus.
  • Seit Ende des 20. Jahrhunderts wirken Mikroelektronik, Gentechnologie und Telekommunikation als Basisinnovationen.

Aktuell scheint es so zu sein, dass die nächste Wirtschaftslokomotive durch den Megatrend der Digitalisierung geprägt sein wird. Insbesondere den Potenzialen der künstlichen Intelligenz (KI) – englisch: artificial intelligence, kurz: AI – wird hier besondere Bedeutung beigemessen.

Dabei ist die Welt der aktuell kommerziell verfügbaren künstlichen Intelligenz mit einer Menge Mythen, Bedenken – ja gar Ängsten – auf der einen Seite und andererseits mit Euphorie und Hoffnungen versehen – welche meist aus wenig fundierten Kenntnissen herrühren, dabei kann bereits eine erste Begriffsannäherung die KI in ein realistischeres Licht stellen.

1.1 Was ist künstliche Intelligenz?

Aus kognitionspsychologischer Sicht ist „Intelligenz“ die Summe der kognitiven Fähigkeiten beim Problemlösen. Dies umfasst – vor allem – sprachliche, mathematische oder logische Fähigkeiten. Ohne auf Details einzugehen, ist es augenscheinlich, dass mit verbesserter Rechenleistung und gleichzeitigem Zugang auf immer mehr Daten ein Computer dem Menschen hier überlegen sein wird. Und das ist es auch, was „künstliche Intelligenz“ letzten Endes dem menschlichen Agieren überlegen macht. Das Potenzial haben, bestimmte Tätigkeiten künftig nicht mehr selbst auszuführen, sondern maschinell erledigen zu lassen.

Aber zurück zum Begriff Intelligenz. Es gibt auch Herausforderungen, die gelöst werden wollen, bei denen keine sprachlichen, logischen oder mathematischen Fähigkeiten gebraucht werden, sondern Bewusstheit, Kreativität oder Emotion. Kommerzielle KI-Anwendungen sind dazu derzeit nur begrenzt oder gar nicht in der Lage. So ist es zum Beispiel für eine KI kaum möglich, die Feinheiten der Sprache zu erkennen bzw. die (individuelle) Bedeutung eines Textes in seiner Bandbreite zu bewerten. Und das ist ein relativ einfaches Beispiel.

1.2 Künstliche Intelligenz bietet klare Vorteile und wirft Fragen auf

Die technologische Entwicklung, die Digitalisierung und insbesondere künstliche Intelligenz hat bereits in vielen Unternehmen fantastische Vorteile erzielt. Prozesse wurden optimiert, die Durchlaufzeiten erhöht und die Qualität vielfach auf einem hohen Niveau stabilisiert. Aber es sind nicht nur volks- oder betriebswirtschaftliche Entlastungen, der konkrete Nutzen in vielen Berufen und Tätigkeiten haben Entlastung und Zeitersparnis generiert. Softwareentwickler, die sich Codes durch eine künstliche Intelligenz schreiben lassen oder Übersetzer, die Texte übersetzen – Tätigkeiten, die „nur" noch überprüft werden müssen, wurden meist positiv und bereichernd angenommen.

Zusammenfassend lässt sich zunächst einmal feststellen, dass künstliche Intelligenz bei rein kognitiven Herausforderungen mit Blick auf die Möglichkeiten der Berücksichtigung großer Datenmengen und die daraus resultierende Geschwindigkeit, mit der eine zweckrationale Antwort gegeben werden kann, dem Menschen zunehmend deutlich überlegen ist.

Unter dem Blickwinkel stetig wachsenden Wissens und der demographischen Entwicklung in den Industrienationen bei gleichzeitig erlebbaren Fachkräftemangel scheint es so, dass KI hilft, Wissen verfügbar zu haben, in dem Unternehmen zu halten und stets zu aktualisieren.

Mehr noch, die mit Menschen verbunden Risiken von Krankheit, Kündigung etc. scheinen nahezu keine Rolle zu spielen. Und auch die potenziellen Fehler durch Beanspruchung und Belastung oder gar Irrtum scheinen ausradiert.

Betrachtet man zudem die Fähigkeit des „Selbstlernens“ einer KI, also der algorithmischen Verbesserung von KI-Analysen und den Antworten mit jeder Korrektur, werden relativ schnell Lernerfolge des Systems messbar. Befeuert durch vollmundige Versprechungen, dass KI-Anwendungen aktuell bis zu 20 % Personal einsparen, Prozesse ganzheitlich verbessern, Benchmarks – oder besser: Marktvergleiche in ihre Lösungen einbeziehen, durch Standardisierung und Optimierung von Routineaufgaben entlasten und so Kapazit...

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