Entscheidungsstichwort (Thema)
Gerichtliche Missbrauchskontrolle in Probezeit
Leitsatz (redaktionell)
Während der sechsmonatigen Probezeit prüft das Gericht nur, ob es zu Gesetzes- oder Sittenwidrigkeiten gekommen ist.
Nicht jede Benachteiligung ist eine Diskriminierung.
Normenkette
KSchG § 1 Abs. 1; AGG § 15
Verfahrensgang
ArbG Bielefeld (Entscheidung vom 17.04.2018; Aktenzeichen 5 Ca 1285/17) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bielefeld vom 17.04.2018 - 5 Ca1285/17 - wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Kündigung innerhalb der vereinbarten Probezeit und Wartezeit nach § 1 Abs. 1 KSchG vom 30.05.2018 sowie über einen Zahlungsanspruch nach § 15 AGG.
Der 1988 in Nigeria geborene Kläger ist verheiratet und hat zwei Kinder. Er besitzt einen Abschluss des Studienganges Wirtschaftsrecht. Der Kläger war im Bürgeramt der Beklagten in der Zentralen Ausländerbehörde mit Arbeitsvertrag vom 16.11.2016 seit dem 1.12.2016 als Verwaltungsangestellter zu einem Bruttomonatsgehalt i.H.v. 2.886 € unbefristet beschäftigt. Der Kläger wurde im Team Rückkehrmanagement eingesetzt und war insbesondere im Bereich Haft und Ausweisungen tätig. Dieser Bereich war von einer hohen Arbeitsbelastung geprägt. Kommissarische Teamleiterin war Frau I. Vor seiner Tätigkeit bei der Beklagten hatte der Kläger noch keine praktischen Erfahrungen mit dem Asyl- und Ausländerrecht gesammelt. Der Kläger wurde vom 01.12.2016 bis zum 15.01.2017 durch den Mitarbeiter L eingearbeitet (Anlage B 4, Bl. 43 GA). Der Arbeitsvertrag des Klägers sah unter anderem die folgenden Regelungen vor:
§ 2
Das Arbeitsverhältnis bestimmt sich nach der durchgeschriebenen Fassung des Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst für den Bereich Verwaltung (TVöD-V) und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) jeweils geltenden Fassung (...)
§ 3
Die Probezeit beträgt sechs Monate.
Im Verlauf des Arbeitsverhältnisses kam es zu folgenden Situationen, die einen direkten Zusammenhang mit der Hautfarbe des Klägers aufwiesen:
Zum einen entschieden die Vorgesetzten des Klägers, dass der Kläger in zumindest einer Unterkunft, in der überwiegend Schwarzafrikaner untergebracht wurden, nicht eingesetzt werden sollte. Der Kläger macht geltend, dies habe entgegen der Darstellung der Beklagten nicht nur für die Landesunterkunft C gegolten sondern auch für weitere entsprechende Unterkünfte.
Zum anderen äußerte sich die Teamleiterin I Anfang Februar 2017, als der Kläger sich mit der Bitte um Hilfe bei der Versendung eines Faxes und der Aushändigung des Sendeberichtes an sie wandte, wörtlich dahingehend, dass sie keine "Neger-Arbeit" mache.
Im Februar 2017 fand ein Gespräch zwischen dem Kläger und der Teamleiterin, Frau I, statt, in dem es um das Arbeitstempo des Klägers ging und in dem Frau I den Kläger darauf hinwies, dass er schneller arbeiten müsse. Am 13.04.2017 wurde ein Gespräch zwischen dem Kläger, der Teamleiterin Frau I sowie der stellvertretenden Leiterin der Zentralen Ausländerbehörde, Frau C1, geführt. Es ging um die Arbeitsgeschwindigkeit des Klägers, die Einarbeitung und die Kommunikation untereinander. Es wurden verschiedene Kritikpunkte formuliert. Ergebnis dieses Gesprächs war, dass der Kläger seine fertigen Arbeiten Frau I vorlegen sollte (Vermerk "Personalgespräch" Anlage B 5, Bl. 44, 45 GA). Zu den Arbeitsleistungen des Klägers an den Daten 24.04., 25.04., 26.04., 02.05. und 05.05.2017 wurden von Frau I schriftliche Aufzeichnungen gefertigt. Auf die in Kopie eingereichten Aufzeichnungen wird Bezug genommen (Bl. 46, 48 GA / dort festgestellte Werte: am 24.04.2017 in 9 h 30 min. tatsächlicher Arbeitszeit eine Arbeitsmenge nach durchschnittlicher Bewertung von 1 h 15 min./ 25.04. 2017 8 h 55 min. - 1 h 15 min. / 26.04.2017 8 h 55 min. - 2 h 10 min. / 02.05.2017 7 h 20 min. - 2 h 25 min. / 05.05.2017 6 h 25 min. - 40 min.). Am 02.05.2017 informierte die Teamleiterin I den Kläger, dass nach Einschätzung des Fachamtes die Probezeit nicht erfolgreich abgeschlossen wurde. Der Kläger bat daraufhin mehrere Personen um Gespräche. Er verfasste eine schriftliche Einlassung, in der er seine Sicht der Dinge und konkrete Vorfälle wiedergab (Anlage K4, Bl. 132 ff. GA). Unter dem 09.05.2017 übersandte das Bürgeramt die Kündigungsempfehlung an das Personalamt. Am 12.05.2017 fand ein Gespräch zwischen dem Kläger, Herrn C2 und dem Leiter der Zentralen Ausländerbehörde, Herrn C3, statt. Die schriftliche Einlassung des Klägers lag in diesem Gespräch vor. Seine schriftliche Einlassung übergab der Kläger um den 15.05.2017 herum dem Personalratsvorsitzenden.
Das Amt für Personal, Organisation und Zentrale Leistungen übersandte dem Personalrat mit Schreiben vom 22.05.2017, welches am 23.05.2017 einging, ein Schreiben zu einer beabsichtigten Kündigung. Unter Angabe der Sozialdaten d...