Andreas Sprenger, Jutta Schwerdle
Zusammenfassung
Dem arbeitsunfähig kranken Beschäftigten obliegen Anzeige- und Nachweispflichten. Die Entgeltfortzahlung sowie sozialversicherungsrechtlichen Meldungen sind zu veranlassen.
1 Pflichten des Beschäftigten
Ist der Beschäftigte wegen Krankheit an der Arbeitsleistung verhindert, muss er sich unverzüglich – spätestens zum Zeitpunkt des geplanten Arbeitsbeginns – beim Arbeitgeber krank melden. Er muss dabei die voraussichtliche Dauer der Arbeitsunfähigkeit mitteilen, also angeben, wann er aufgrund eigener Einschätzung voraussichtlich wieder arbeiten kann (§ 5 Abs. 1 Satz 1 EFZG).
Dauert die Arbeitsunfähigkeit länger als drei Kalendertage, muss der Beschäftigte dem Arbeitgeber an dem darauf folgenden Arbeitstag eine ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorlegen (§ 5 Abs. 1 Satz 2 EFZG). Dauert die Arbeitsunfähigkeit länger als in der Bescheinigung angegeben, ist eine neue ärztliche Bescheinigung beizubringen. Der Arbeitgeber kann die Bescheinigung früher verlangen (z. B. ab dem ersten Krankheitstag). Betrifft dies mehrere Arbeitnehmer, bedarf diese Anordnung der vorherigen Zustimmung des Betriebs-/Personalrats.
Elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung seit 2023
Die Verpflichtung zur Vorlage einer ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (§ 5 Abs. 1 Satz 2 bis 5 EFZG) gilt nicht für Arbeitnehmer, die Versicherte einer gesetzlichen Krankenkasse sind. Diese sind verpflichtet, zu den in Absatz 1 Satz 2 bis 4 genannten Zeitpunkten das Bestehen einer Arbeitsunfähigkeit sowie deren voraussichtliche Dauer feststellen und sich eine ärztliche Bescheinigung aushändigen zu lassen (§ 5 Abs. 1a EFZG). Die Arbeitgeber rufen dann – sobald sich ein Beschäftigter krankgemeldet hat – die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung auf elektronischem Wege direkt bei der Krankenkasse des Beschäftigten ab.
Bei privat krankenversicherten Beschäftigten verbleibt es bei der Verpflichtung, die papierne Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung beim Arbeitgeber vorzulegen.
Anzeigepflicht des Beschäftigten gegenüber der Krankenkasse
Der Beschäftigte ist verpflichtet, innerhalb einer Woche seiner Krankenkasse die Arbeitsunfähigkeit zu melden (§ 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V). Versäumt er dies, kann der spätere Krankengeldanspruch von der Krankenkasse gekürzt werden. Diese Meldepflicht gilt auch für eine Arbeitsunfähigkeit von bis zu 3 Kalendertagen, für die der Beschäftigte arbeitsrechtlich keine ärztliche Feststellung treffen lassen muss. Der lückenlose Nachweis der Arbeitsunfähigkeit ist Voraussetzung für die spätere Gewährung von Krankengeld. Es handelt sich um eine Verpflichtung des Erkrankten gegenüber seiner Krankenkasse.
Besondere Anzeigepflichten bestehen, wenn sich der Beschäftigte zu Beginn der Krankheit im Ausland aufhält (§ 5 Abs. 2 EFZG): Der Beschäftigte muss dem Arbeitgeber in der "schnellstmöglichen Art der Übermittlung" zusätzlich die Adresse am ausländischen Aufenthaltsort mitteilen. Der Arbeitgeber hat die "durch die Mitteilung" entstehenden Kosten (z. B. die Faxgebühren) zu tragen. Auch die Rückkehr des arbeitsunfähigen Beschäftigten ins Inland ist dem Arbeitgeber und der Krankenkasse gegenüber unverzüglich anzuzeigen.
Leistungsverweigerungsrecht bei Verstoß gegen Nachweispflicht
Der Arbeitgeber ist berechtigt, die Entgeltfortzahlung zu verweigern, solange der Beschäftigte schuldhaft
2 Krankheit bis zu 6 Wochen
2.1 Entgeltfortzahlung
Ist der Beschäftigte ohne sein Verschulden infolge Krankheit arbeitsunfähig, leistet der Arbeitgeber Entgeltfortzahlung (§ 22 Abs. 1 TVöD/TV-L/TV-H). Der Anspruch besteht auch in den ersten 4 Wochen des Arbeitsverhältnisses. Im Unterschied zur gesetzlichen Regelung (§ 3 Abs. 3 EFZG) kennen die Tarifverträge des öffentlichen Dienstes keine Wartezeit. § 22 Abs. 1 TVöD/TV-L/TV-H stellt eine eigenständige Anspruchsgrundlage auf Fortzahlung des Entgelts im Krankheitsfall dar. Aus diesem Grund kommt der Wartezeit in § 3 Abs. 3 EFZG bei Anwendung der Tarifverträge des öffentlichen Dienstes keine praktische Bedeutung zu.
2.1.1 Dauer der Entgeltfortzahlung
Entgeltfortzahlung wird geleistet bis zur Dauer von 6 Wochen (42 Krankheitstage). Wird der Beschäftigte im Laufe eines Arbeitstages krank, zählt dieser Tag bei der Berechnung der 6-Wochen-Frist nicht mit. Wird der Beschäftigte vor Arbeitsbeginn arbeitsunfähig, zählt dieser Tag bereits als voller Krankheitstag. Bei einer neuen Erkrankung entsteht der Anspruch auf Entgeltfortzahlung jeweils neu.
2.1.2 Fortsetzungserkrankung
Bei einer Fortsetzungserkrankung (Erkrankung aufgrund derselben Ursache) entfällt die Entgeltfortzahlung, wenn der Zeitraum von 6 Wochen überschritten ist. Nach Ablauf der Frist ist ggf. Krankengeldzuschuss zu leisten (Krankheit von mehr als 6 Wochen).
Ein erneuter Anspruch auf Entgeltfortzahlung besteht bei einer Fortsetzungserkrankung nur, wenn
- der Beschäftigte vor der erneuten Arbeitsunfä...