BAG, Urteil v. 18.9.2018, 9 AZR 159/18
Auch wenn bei der Vereinbarung eines Sabbatjahres Resturlaub aus dem Zeitraum vor der vereinbarten Teilzeit weder hinsichtlich der Dauer noch der Entgeltfortzahlung umgerechnet werden darf, da die Regelungen in § 26 Abs. 1 Satz 1 und § 21 Satz 1 TV-L wegen Verstoßes gegen das Verbot der Diskriminierung von Teilzeitkräften gem. § 134 BGB nichtig sind, soweit sie eine Umrechnung in Fällen vorsehen, in denen der Arbeitnehmer nach der Verringerung seiner wöchentlichen Regelarbeitszeit Urlaub nimmt, der aus der Zeit vor der Arbeitszeitreduzierung stammt, kann der entstehende Anspruch durch Vereinbarung – wie hier durch die Regelung Sabbatjahr SH – gestundet werden, sodass die Forderung erst im Freistellungsjahr fällig wird.
Sachverhalt
Der Kläger ist bei dem beklagten Land als Informatiker beschäftigt; auf das Arbeitsverhältnis findet der TV-L kraft beiderseitiger Tarifgebundenheit Anwendung. Im August 2009 traf das Finanzministerium des beklagten Landes mit dem Deutschen Gewerkschaftsbund und dem dbb eine Vereinbarung auf der Grundlage des § 59 MBG Schl.-H. ("Vereinbarung … über Teilzeitbeschäftigung in Form eines Sabbatjahres in der schleswig-holsteinischen Landesverwaltung" [Vereinbarung Sabbatjahr SH]). Hierin war u. a. geregelt, dass die bzw. der Beschäftigte nach dem Umfang der gewählten Teilzeitbeschäftigung gemäß den anzuwendenden tariflichen Regelungen das entsprechende Entgelt erhalte – sowohl während der Ansparphase als auch während des Freistellungsjahres. Bei zuvor bereits Teilzeitbeschäftigten verringere sich das aus der bisherigen Teilzeitbeschäftigung zu zahlende Entgelt entsprechend.
Der Kläger vereinbarte mit dem beklagten Land durch Änderungsvertrag vom 21.1.2016 (bzw. 23.8.2016) ein "Sabbatjahr". Gemäß der Vereinbarung sollte der Kläger ab dem 1.3.2016 bis zum 29.2.2024 als Teilzeitbeschäftigter mit 87,5 % der durchschnittlichen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit eines entsprechenden Vollbeschäftigten weiterbeschäftigt werden, wobei die Teilzeitbeschäftigung im Blockmodell erfolgen sollte, mit 7-jähriger Vollbeschäftigung in der Zeit bis zum 28.2.2023 und anschließender einjähriger Freistellung bis zum 29.2.2024.
Der Kläger erhält eine Vergütung nach Entgeltgruppe 11 Stufe 5 TV-L. Diese betrug in Vollzeit brutto 4.529,55 EUR, nach der Reduzierung seiner Arbeitszeit 3.963,36 EUR.
Zu Beginn der Ansparphase am 1.3.2016 stand dem Kläger noch Resturlaub zu – 23 Arbeitstage Urlaub aus dem Jahr 2015 und 5 Arbeitstage anteiligen Urlaubs aus den Monaten Januar und Februar 2016. Das beklagte Land gewährte dem Kläger diesen Resturlaub in der Folgezeit, zahlte hierfür jedoch nur Urlaubsentgelt i. H. v. 87,5 % des Entgelts eines in Vollzeit Beschäftigten. Mit Schreiben vom 20.7.2016 verlangte der Kläger vom beklagten Land erfolglos, das Urlaubsentgelt ungekürzt an ihn auszuzahlen. Er vertrat hierbei die Auffassung, das beklagte Land diskriminiere ihn als Teilzeitbeschäftigten, indem es einen Teil des von ihm verdienten Urlaubsentgelts erst in der Freistellungsphase zur Auszahlung bringe.
Das beklagte Land brachte dagegen vor, dass es für den geltend gemachten Anspruch an einer Rechtsgrundlage fehle; denn das vom Kläger beanspruchte Urlaubsentgelt, das sich aus dem Teilzeitentgelt i. H. v. 87,5 % und einem Wertguthaben i. H. v. 12,5 % des Entgelts eines in Vollzeit beschäftigten Arbeitnehmers zusammensetze, sei durch den Änderungsvertrag vom 21.1.2016 nicht vermindert worden; die Vereinbarung beinhalte lediglich eine Abrede bezüglich der Auszahlungsmodalitäten.
Die Entscheidung
Die Klage hatte vor dem BAG keinen Erfolg. Das Gericht entschied, dass der Kläger nach § 26 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 21 Satz 1 TV-L keinen Anspruch gegen das beklagte Land auf Zahlung weiteren Urlaubsentgelts i. H. v. 731,70 EUR brutto habe.
Das Gericht führte zunächst aus, dass das Entgelt für die 28 Arbeitstage Resturlaub unter Zugrundelegung der Vergütung eines in Vollzeit beschäftigten Arbeitnehmers zu berechnen sei; denn die Regelungen in § 26 Abs. 1 Satz 1 und § 21 Satz 1 TV-L seien wegen Verstoßes gegen das Verbot der Diskriminierung von Teilzeitkräften gem. § 134 BGB nichtig, "soweit sie für die Berechnung des Urlaubsentgelts auf das im Urlaubszeitraum vom Arbeitnehmer zu beanspruchende Entgelt auch in den Fällen abstellen, in denen der Arbeitnehmer nach der Verringerung seiner wöchentlichen Regelarbeitszeit Urlaub nimmt, der aus der Zeit vor der Arbeitszeitreduzierung stammt" (s. BAG, Urteil v. 20.3.2018, 9 AZR 486/17; EuGH, Urteil v. 22.4.2010, C-486/08). Im vorliegenden Fall war der Kläger seit dem 1.3.2016 – ähnlich einem Arbeitnehmer in Altersteilzeit im Blockmodell – teilzeitbeschäftigt mit einer Regelarbeitszeit von 87,5 % der regelmäßigen Arbeitszeit eines vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers. Hierbei könne, so das BAG weiter, § 21 Satz 1 TV-L nicht dahingehend ausgelegt werden, dass dem Arbeitnehmer für Urlaub, den er vor der Verringerung der Regelarbeitszeit erworben hat, ein Urlaubsentg...