Leitsatz (amtlich)

1. Greift ein Antragsteller eine vollstreckbare Zahlungsaufforderung der Rechtsanwaltskammer an, so ist dabei die Rechtmäßigkeit der Beitragsordnung inzident zu prüfen.

2. Dass verschiedene Regelungsinhalte der Beitragsfragen unterschiedlichen Beschlüssen der Kammer entnommen werden müssen, macht die Regelung nicht zu unbestimmt, wenn Auslegungsschwierigkeiten mit herkömmlichen juristischen Methoden bewältigt werden können.

3. Die Beitragsordnung der Rechtsanwaltskammer Thüringen verstößt nicht dadurch gegen den Gleichheitsgrundsatz nach Art. 3 GG, dass der Beitrag grundsätzlich ein Jahresbeitrag ist und dass Mitglieder nur dann den hälftigen Jahresbeitrag zu zahlen brauchen, wenn sie nach dem 1.7. des Jahres Kammermitglieder wurden, andere Kammermitglieder aber stets den vollen Jahresbeitrag zahlen müssen.

 

Tenor

Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin hat die Gerichtskosten des Verfahrens vor dem Thüringer Anwaltsgerichtshof zu tragen und der Antragsgegnerin deren notwendige außergerichtliche Kosten des Verfahrens zu erstatten.

Die sofortige Beschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Antragstellerin wendet sich mit einer am 24.7.2002 beim Thüringer Anwaltsgerichtshof eingegangenen "Klage" gegen eine ihr ggü. am 13.6.2002 erlassene und am 24.6.2002 zugestellte vollstreckbare Zahlungsaufforderung bezüglich ihres Kammerbeitrages für das Jahr 2001 i.H.v. 250,53 Euro.

Sie beruft sich darauf, dass die Rechtsgrundlage für die Beitragserhebung fehlerhaft sei, insb. die Beitragsordnung zu unbestimmt sei, weil die Höhe des Beitrages nicht geregelt sei. Sie sei erst ab dem 7.6.2001 Mitglied der Kammer gewesen, weshalb es nicht berechtigt sei, für das Jahr 2001 den vollen Jahresbeitrag von ihr zu verlangen.

Sie beantragt, die vollstreckbare Zahlungsaufforderung der Rechtsanwaltskammer Thüringen v. 13.6.2002 über Euro 250,53 aufzuheben.

Die Antragsgegnerin beantragt, den Antrag zurückzuweisen.

Die Antragsgegnerin bezieht sich wegen der Ordnungsgemäßheit des Zustandekommens ihrer Beschlüsse auf ihren Vortrag im Parallelverfahren vor dem Thüringer Anwaltsgerichtshof (Az. 2/03), das eine von der Antragstellerin erstrebte "Normenkontrolle" in Hinblick auf die Beitragsordnung zum Gegenstand hat.

II. 1. Der Antrag ist zulässig. Richtigerweise ist das als "Klage" bezeichnete Rechtsmittel als ein Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach § 223 Abs. 1 BRAO zu verstehen. Die vollstreckbare Zahlungsaufforderung ist ein "Verwaltungsakt" i.S.v. § 223 Abs. 1 S. 1 BRAO (vgl. BGH NJW 1971, 705 [707] = BGHZ 55, 255 [259]). Der Antrag ist fristgerecht innerhalb eines Monats seit Zustellung der eingelegt (§ 223 Abs. 1 S. 2 BRAO). Die Frist des § 91 Abs. 3 BRAO gilt bei einer Inzidentprüfung der Rechtmäßigkeit der Beitragsordnung nicht (vgl. BGH NJW 1971, 705 [707] = BGHZ 55, 255 [259]; zu allem auch EGH München Anw. Bl. 1977, 271 [272]).

2. In der Sache selbst hat der Antrag jedoch keinen Erfolg. Die Zahlungsaufforderung ist rechtmäßig und verletzt die Antragstellerin nicht in ihren Rechten. Insbesondere ergibt auch eine vorzunehmende Inzidentprüfung, dass die der - von der Antragstellerin im Übrigen nicht beanstandeten - Zahlungsaufforderung zugrunde liegende Beitragsordnung rechtmäßig ist.

a) Die Rechtsanwaltskammer ist nach §§ 89 Abs. 2 Ziff. 2, 84 BRAO unzweifelhaft befugt, Beiträge von den Mitgliedern zu erheben und deren Höhe und Fälligkeit zu bestimmen.

b) Die Rechtmäßigkeit von Form und Verfahren des Zustandekommens des Kammerbeschlusses bzw. der Kammerbeschlüsse werden von der Antragstellerin nicht in Zweifel gezogen. Sie sind auch nicht zu beanstanden, da insb. zu den hier allein relevanten Kammerversammlungen v. 17.6.1998 und 7.6.2000 ordnungsgemäß eingeladen wurde, Beschlussfähigkeit bestand, die ordnungsgemäß zustande gekommenen Beschlüsse ausgefertigt und im Mitteilungsblatt der Rechtsanwaltskammer veröffentlicht wurden. Dies ergibt sich aus den von der Rechtsanwaltskammer in dem Verfahren AGH 2/03 vorgelegten Anlagen (vgl. dort Bl. 31-72).

c) Die Antragstellerin kann sich nicht darauf berufen, die Beitragsordnung v. 7.6.2000 sei zu unbestimmt. Zwar ist richtig, dass diese Beitragsordnung die Höhe des Jahresbeitrages nicht nennt, sondern allein Regelungen zur Fälligkeit enthält.

Die Höhe des Jahresbeitrages ist aber anderweitig festgelegt. So wurde er durch Beschluss der Kammerversammlung v. 17.6.1998 beschlossene Beitragsordnung auf 120 DM pro Quartal festgelegt. Mit - hier nicht weiter relevantem - Beschl. v. 22.8.2001 wurde der Jahresbeitrag im Zuge der Euro-Umstellung auf Euro 200 festgesetzt. Beide Beschlüsse ließen die Beitragsordnung im Übrigen, insb. ihre Regelungen zur Fälligkeit, unangetastet.

Dass verschiedene Regelungsinhalte der Beitragsfragen unterschiedlichen Beschlüssen der Kammer entnommen werden müssen, macht die Regelung v. 7.6.2000 nicht unbestimmt. Aufgrund der aus dem Rechtsstaatsprinzip abgeleiteten Anforderung an die Bestimmtheit einer Norm ist ein Nor...

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