Entscheidungsstichwort (Thema)

Coronavirus, SARS-CoV-2, Beschwerde, Erkrankung, Arzt, Zustimmung, Vollziehung, Anordnung, Mindestabstand, Kind, FamFG, Impfung, Zeitpunkt, Schutzimpfung, Beschwerdeverfahren, Kinder, einstweiligen Anordnung, Erlass einer einstweiligen Anordnung, Zeitpunkt der Entscheidung

 

Verfahrensgang

AG Weilheim (Beschluss vom 20.12.2021; Aktenzeichen 1 F 626/21)

 

Tenor

1. Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Amtsgerichts Weilheim vom 20.12.2021 wird zurückgewiesen.

2. Der Antragsgegner trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

3. Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2 000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Beteiligten sind die getrennt lebenden gemeinsam sorgeberechtigten Eltern des am ...2008 geborenen J.S. J. lebt bei seiner Mutter, der Antragstellerin.

Die Beteiligten streiten über die Entscheidungsbefugnis für die von der Antragstellerin befürwortete Zustimmung zur Durchführung einer Schutzimpfung des Kindes gegen das Corona-Virus SARS-Cov-2.

Mit Beschluss vom 20.12.2021 übertrug das Amtsgericht die Entscheidung über die Zustimmung zu einer Schutzimpfung gegen das Corona-Virus im Wege der einstweiligen Anordnung auf die Antragstellerin.

Unmittelbar nach der Entscheidung des Amtsgerichts wurde die Impfung durchgeführt. Zwischenzeitlich erfolgte auch die zweite Impfung. Nebenwirkungen oder Komplikationen ergaben sich nicht.

Mit Schriftsatz vom 04.01.2022, bei Gericht eingegangen am selben Tag, legte der Antragsgegner gegen den ihm am 22.12.2021 zugestellten Beschluss Beschwerde ein. Er beantragt, die Entscheidung des Amtsgerichts aufzuheben und den Antrag der Antragstellerin zurückzuweisen, sowie die Aussetzung des Beschlusses des Amtsgerichts Weilheim anzuordnen. Er führt aus, nachdem Erst- und Zweitimpfung bereits erfolgt seien, richte sich die Beschwerde noch gegen die Zustimmung zu einer Booster-Impfung. Weiter begründet er die Beschwerde damit, die Booster-Impfung widerspreche dem Wohl des Kindes. Der Wille des 13-jährigen Kindes dürfe hierbei keine Berücksichtigung finden. Entscheidend sei, dass die Impfung aus gesundheitlichen Gründen keinen Vorteil für J. bringe. Es gebe weltweit wissenschaftliche Erkenntnisse, dass für Kinder bis 17 Jahren keine Gefahr durch Covid bestehe. Die Empfehlungen der STIKO müssten im Hinblick darauf zurückstehen. Dabei sei auch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 19.11.2021 zu berücksichtigen, die sich zu den Maßnahmen der Bundesregierung zur Bewältigung der Pandemie äußere. Die Entscheidung des Amtsgerichts, der die Aussagen des RKI zugrunde liegen, sei falsch, da sie Feststellungen der Exekutive übernehme. Gleiches gelte für die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, bei dem auch die Besorgnis der Befangenheit bestehe. Es habe zu keiner Zeit eine Überlastung des Gesundheitssystems bestanden. Die offizielle Definition der Coronaerkrankung sei völlig unzureichend und PCR-Tests könnten eine Infektion nicht nachweisen. Sämtliche grundrechtseinschränkenden Maßnahmen seien daher rechtswidrig. Hinsichtlich der Einzelheiten der Beschwerdebegründung wird auf die Schriftsätze des Beschwerdeführers vom 26.01.2022 und vom 11.02.2022 Bezug genommen.

J. hat sich sowohl bei der richterlichen Anhörung in erster Instanz als auch nach den erfolgten Impfungen gegenüber der Verfahrensbeiständin dahingehend geäußert, dass er sich durch die Impfungen sicherer und psychisch entlastet fühle, die Impfungen gut vertragen habe und auf jeden Fall auch alle weiteren von der STIKO empfohlenen Impfungen erhalten möchte.

Jugendamt und Verfahrensbeiständin befürworten, dem Wunsch des Kindes nach den Impfungen nachzukommen.

II. Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Zu Recht hat das Amtsgericht die Entscheidungsbefugnis hinsichtlich der Zustimmung zu Impfungen gegen das Corona-Virus auf die Antragstellerin übertragen. Hinsichtlich der Gründe wird auf den zutreffenden Beschluss des Amtsgerichts Weilheim verwiesen. Lediglich ergänzend wird ausgeführt:

1. Das für die Zulässigkeit der Beschwerde erforderliche Rechtsschutzbedürfnis des Antragsgegners ist durch die inzwischen durchgeführten Impfungen nicht entfallen.

Wie die Beschwerde ausführt, richtet sie sich nunmehr noch gegen die Zustimmung zu einer Booster-Impfung, nachdem J. bereits zweimal geimpft wurde. Mit der Entscheidung des Amtsgerichts wurde die elterliche Entscheidungsbefugnis nicht nur hinsichtlich der Grundimmunisierung, sondern auch für etwaige in der Zukunft von der STIKO empfohlene Auffrischungs- und Folgeimpfungen gegen Covid 19 vorläufig übertragen. Eine Entscheidung über die Verabreichung von Impfungen kann sinnvollerweise nur einheitlich getroffen werden (BGH FamRZ 2017, 1057; OLG München FamRZ 2021, 1980; OLG Rostock NZFam 2022, 69).

2. Es besteht, wie schon für die Erst- und Zweitimpfung, auch für die als Booster-Impfung bezeichnete Auffrischungsimpfung ein dringendes Regelungsbedürfnis i.S.d. § 49 FamFG, das den Erlass einer einstweiligen Anordnung rechtfertigt (a...

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