Normenkette

UWG § 8 Abs. 1

 

Tenor

I. Die sofortige Beschwerde der Schuldnerin gegen den Ordnungsmittelbeschluss des Landgerichts Hamburg, Az. 327 O 192/16, vom 9.11.2016, wird zurückgewiesen.

II. Die Schuldnerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

III. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 90.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Gläubigerin begehrt die Festsetzung eines Ordnungsmittels gegen die Schuldnerin wegen des Verstoßes gegen eine Verpflichtung aus einem Unterlassungstitel.

Das Landgericht Hamburg hat der Schuldnerin mit Urteilsverfügung vom 16.6.2016, der Schuldnerin am 20.6.2016 durch die Gläubigerin zugestellt, unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel verboten, im Rahmen geschäftlicher Handlungen für das Sonnenschutzmittel "Garnier Ambre Solair Sensitive expert+" in näher konkretisierter Weise zu werben und/oder werben zu lassen. Die vom Landgericht untersagten Werbeangaben sind auf der Verpackung der Produkte aufgedruckt.

Die selbständigen Handelsunternehmen, die Drogeriemärkte ... und ..., boten noch im Juli 2016 in ihren Online-Shops unter Abbildung des Produktes mit den untersagten Angaben zum Kauf an (Anlage OM 4). Die Gläubigerin erwarb ebenfalls im Juli 2016 die Produkte mit den streitgegenständlichen Aufdrucken der Schuldnerin in den Filialen der beiden Drogeriemärkte (Anlage OM 5). Von dem Handelsunternehmen Rossmann wurden sie auch mit einem Flyer beworben (Anlage OM 6). Zusätzlich waren die Produkte in zahlreichen weiteren Einkaufmärkten in Deutschland käuflich zu erwerben (Anlage OM 7) und wurden in einer .....-Filiale in Herford, mit einem Werbeständer, auf der untersagte Angaben abgebildet war, beworben (Anlage OM 8).

Unstreitig hat die Schuldnerin bisher in keiner Weise gegenüber selbständigen Handelsunternehmen darauf hingewirkt, dass die streitgegenständlichen Produkte aus dem Handel genommen werden und nicht mehr beworben werden.

Die Gläubigerin hat die Ansicht vertreten, dass die Schuldnerin gegen die einstweilige Verfügung des Landgerichts vom 16.6.2016 verstoßen habe. Die Verpflichtung zur Unterlassung einer Bewerbung erschöpfe sich nicht im bloßen Nichtstun. Die Unterlassungsverpflichtung umfasse in diesem konkreten Fall auch die Verpflichtung, dass die Schuldnerin Maßnahmen ergreife, durch die sichergestellt werde, dass die mit unzulässigen Werbeaussagen versehenen Produkte nicht mehr im geschäftlichen Verkehr angeboten bzw. beworben werden. Dagegen verstoße die Schuldnerin vorsätzlich. Die Gläubigerin hat die Verhängung eines Ordnungsgeldes in Höhe von 100.000 EUR angeregt.

Die Schuldnerin hat die Ansicht vertreten, dass eine solche Verpflichtung nicht bestehe. Sie müsse nicht auf rechtlich und tatsächlich nicht verbundene Dritte derart einwirken, dass sie bereits ausgelieferte Produkte, deren Gestaltung dem Unterlassungstenor entspricht, nicht mehr vertreiben. Dies entspreche der Rechtsprechung des Senats (vgl. Senat, PharmaR 2003, 171). Die Gläubigerin verkenne den konkreten Inhalt des Unterlassungstenors und die Reichweite von Unterlassungsverpflichtungen aufgrund irreführender Werbung. Diese beziehe sich ausschließlich auf eigenes Verhalten und auf das Verhalten in ihrem Auftrag. Rechtlich selbständige Handelsunternehmen fielen nicht darunter. Die Gläubigerin habe sich dazu entschlossen, einen Unterlassungsanspruch und keinen Beseitigungsanspruch geltend zu machen. Ein auf Unterlassen gerichtetes Verbot könne nicht in ein auf Handeln abzielendes Gebot umgedeutet werden. Ein Rückruf hätte vom Gericht ausdrücklich tenoriert werden müssen. Die Gläubigerin hätte über einen Beseitigungsanspruch einen Rückruf erstreiten müssen. Eine Rückrufaktion könne vom Schuldner nur dann verlangt werden, wenn sich die streitgegenständlichen Produkte noch in seinem Einflussbereich befänden und der Schuldner für einen Rückruf eine rechtliche Handhabe habe. Eine Anerkennung einer solchen Handlungsverpflichtung verkenne auch das zivilprozessuale Konzept der Zwangsvollstreckung. Die Zwangsvollstreckung unvertretbarer Handlungen gemäß § 888 ZPO werde ausgehöhlt und dieses Verhalten der Vollstreckung gemäß § 890 ZPO unterworfen. Eine Parallele zum Markengesetz zeige, dass dem Unterlassungsanspruch gemäß § 8 Abs. 1 UWG nicht das von der Gläubigerin nun geforderte Verhalten zukomme. Dort sei der Rückrufanspruch des Gläubigers ausdrücklich nachträglich als eigenständiger Anspruch gemäß § 18 Abs. 2 MarkenG normiert worden. Vergleichbares gelte auch beim urheberrechtlichen Unterlassungsanspruch gemäß § 92 Abs. 2 UrhG.

Eine Rückrufverpflichtung ergebe sich auch nicht aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH GRUR 2016, 720 - Hot Sox; BGH GRUR 2016, 406 - Piadina Rückruf; BGH GRUR 2015, 258 - CT-Paradies; BGH GRUR 2014, 595 - Vertragsstrafenklausel). In den Entscheidungen werde zwar ausdrücklich von der auch einem Unterlassen innewohnenden Pflicht "mögliche und zumutbare Handlungen zur Beseitigung des Störungszustands" zu treffen gesprochen. Eine daraus folgende Verpflichtung, das ...

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