Verfahrensgang

LG Düsseldorf (Urteil vom 15.11.2012; Aktenzeichen 4b O 123/12f)

 

Tenor

I. Auf die Berufung wird das am 15.11.2012 verkündete Urteil der 4b Zivilkammer des LG Düsseldorf abgeändert.

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung (zuletzt gerichtet auf die Feststellung der Erledigung des einstweiligen Verfügungsverfahrens in der Hauptsache) wird zurückgewiesen.

II. Die Verfügungsklägerin hat die Kosten des Verfahrens (beider Instanzen) zu tragen.

III. Das Urteil ist vollstreckbar.

IV. Der Streitwert wird auf 1.000.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Von einer Darstellung des Sachverhaltes wird gem. §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 Satz 1, 542 Abs. 2 Satz 1 ZPO abgesehen.

II. Die zulässige Berufung der Verfügungsbeklagten ist begründet. Das landgerichtliche Urteil unterliegt der Aufhebung und das Begehren der Verfügungsklägerin auf Feststellung der Erledigung des einstweiligen Verfügungsverfahrens wegen Zeitablaufs des Verfügungszertifikats ist zurückzuweisen.

1. Im Hinblick darauf, dass die gem. § 264 Nr. 2 ZPO zulässige Erledigungserklärung der Verfügungsklägerin einseitig geblieben ist, hat der Senat darüber zu befinden, ob sich das einstweilige Verfügungsverfahren tatsächlich in der Hauptsache erledigt hat. Eine Erledigung in diesem Sinne ist gegeben, wenn der zunächst zulässige und begründete Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung durch ein nach Anhängigkeit eingetretenes Ereignis (hier: den Ablauf der gesetzlichen Schutzdauer des Verfügungsschutzrechts) gegenstandslos geworden ist (vgl. BGHZ 83, 13; 106, 366 f.; 141, 316; 155, 392, 395 = NJW 2003, 3134). Vorstehendes gilt auch in einem einstweiligen Verfügungsverfahren (OLG Köln WRP 1985, 660 m.w.N.). An einer solchen Erledigung der Hauptsache fehlt es hier, weil der Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung von Anfang an mangels eines Verfügungsgrundes unbegründet war.

2. Das Grundpatent (EP B1; Anlage HL 2), welches dem Verfügungszertifikat (DE; vgl. Anlage HL 1a, 1b) zugrunde liegt, betrifft allgemein Präparate für die Empfängnisverhütung und insbesondere eine Therapie für die Empfängnisverhütung, welche allein die Verabreichung von Desogestrel, 3-Ketodesogestrel oder Mischungen aus beiden umfasst.

In den einleitenden Bemerkungen des Grundpatents heißt es, dass seit einiger Zeit bekannt sei, eine Empfängnisverhütung dadurch zu erzielen, dass einer weiblichen Person im Gebäralter ausreichende Mengen eines Gestodens verabreicht werden. Beispielsweise werde gemäß der französischen Patentanmeldung Nr. ein Gestoden ab mindestens dem fünften Tag bis zum fünfundzwangzigsten Tag des Menstruationszyklus verabreicht, wobei die Gestodendosis während der letzten sieben Tage der Verabreichung größer sei als während der ersten sieben Tage. Das US-Patent beschreibe ein sequentielles orales Empfängnisverhütungsverfahren, das zwei verschiedene Arten von Gestoden-Agenzien verwende. Hierbei handelt es sich um ein Gestoden vom Typ A (z.B. Norethindron) und ein Gestoden vom Typ B (z.B. Chlormadionacetat).

Nur-Gestoden-Pillen seien - so das Grundpatent weiter - ein bevorzugtes Empfängnisverhütungsverfahren für stillende Mütter, ältere Frauen, Frauen, für die Östrogen kontraindiziert ist, Frauen mit Bluthochdruck und Frauen, die Migräne oder Kopfschmerzen bekommen, wenn sie eine kombinierte Pille nehmen. Obwohl verschiedene Nur-Gestoden-Therapien beschrieben worden seien, würden diese immer noch mit unvollständiger Ovulationsinhibierung und relativ hohen Ausfallquoten in Verbindung gebracht. Es sei vorgeschlagen worden, die tägliche Gestodendosis zu erhöhen, um eine vollständige Ovulationsinhibierung zu bewirken, wobei jedoch eine solche Dosiserhöhung ebenfalls die Häufigkeit der Zwischenblutung (sog. Fleckenblutung) erhöhe, was unerwünscht sei. Außerdem sei bei Therapien mit Nur-Gestoden-Empfängnisverhütungstherapien ein erhöhtes Vorkommen von funktionellen Ovarzysten festgestellt worden, die sich nach dem Abbruch der Nur-Gestoden-Empfängnisverhütungstherapie auflösten.

Das Grundpatent hält im Anschluss an diese Erläuterungen zum Stand der Technik fest, dass ein Bedarf für eine Nur-Gestoden-Empfängnisverhütungstherapie bestehe, die die Ovulation wirkungsvoller inhibiert, ohne die Häufigkeit der Zwischenblutungen zu erhöhen oder zu persistierenden funktionellen Ovarzysten zu führen.

In seinem im vorliegenden Verfügungsverfahren geltend gemachten Anspruch 1 schlägt das Grundpatent vor:

1. Eine Kombination und Empfängnisverhütungspackung,

2. umfassend sequentielle tägliche Dosiseinheiten zur oralen Verabreichung,

3. von denen jede als einzigen empfängnisverhütend wirksamen Bestandteil

4. 70 bis 80 ìg (= 0,070 bis 0,080 mg)

5. Desogestrel oder 3-Ketodesogestrel oder Mischungen davon enthält.

Zu den Vorteilen der Erfindung führt die Patentschrift aus: Überraschenderweise sei festgestellt worden, dass bei der Wahl von Desogestrel oder 3-Ketodesogestrel als Gestoden in bestimmten spezifizierten Dosen bei der Anwendung in einer oralen Empfängnisverhütungstherapie, verabreicht ü...

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