Leitsatz (amtlich)

Ein Fahrgast der Deutschen Bahn, der auf einem Bahnhof verunfallt, muss vertragliche Ansprüche gegen das Eisenbahnverkehrsunternehmen richten, mit dem er den Beförderungsvertrag abgeschlossen hat. Für deliktische Ansprüche kommt als Anspruchsgegner auch das Eisenbahninfrastrukturunternehmen in Betracht, das den Bahnhof betreibt. Die Deutsche Bahn AG ist in diesen Fällen nicht passivlegitimiert.

 

Normenkette

ENeuOG

 

Verfahrensgang

LG Dortmund (Aktenzeichen 25 O 445/19)

 

Tenor

I. Der Senat weist darauf hin, dass er beabsichtigt, die Berufung der Klägerin gegen das am 29.01.2021 verkündete Urteil des Einzelrichters der 25. Zivilkammer des Landgerichts Dortmund durch einstimmigen Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO als offensichtlich unbegründet zurückzuweisen.

II. Der Klägerin wird Gelegenheit gegeben, binnen zwei Wochen nach Zugang dieses Beschlusses zu dem Hinweis Stellung zu nehmen oder mitzuteilen, ob die Berufung aus Kostengründen zurückgenommen wird.

 

Gründe

I. Die Klägerin nimmt die Beklagte wegen eines Unfalls, den sie nach ihrem Behaupten am 02.12.2016 gegen 7.15 Uhr als Fahrgast auf dem Hauptbahnhof in A erlitten haben will, auf Zahlung eines angemessenen, sich ihrer Vorstellung nach zumindest auf 15.000,- EUR belaufenden Schmerzensgeldes sowie auf Erstattung der Kosten für einen Arztbericht in Höhe von 48,67 EUR und von vorprozessualen Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 1.029,35 EUR in Anspruch. Des Weiteren begehrt sie die Feststellung der Ersatzverpflichtung der Beklagten für ihre zukünftigen, unfallbedingten immateriellen und materiellen Schäden.

Nach ihrem Behaupten war die Klägerin am Unfalltag von ihrem Wohnort B kommend mit dem Personennahverkehr zum Bahnhof in A gefahren und wollte von dort mit der U-Bahn weiterreisen. Auf ihrem Weg vom Ankunftsbahnsteig zur U-Bahnstation sei sie in der dorthin führenden Personenunterführung des Bahnhofs zu Fall gekommen, weil in dieser auf einer ca. 1-2 qm großen Teilfläche des Fußbodenbereichs die Verfliesung gefehlt habe.

In erster Instanz haben die Parteien unter anderem darüber gestritten, ob die Beklagte überhaupt passivlegitimiert ist, es sich bei der von der Klägerin behaupteten Unfallstelle um eine abhilfebedürftige Gefahrenstelle gehandelt hat und wenn ja, ob der Klägerin ein Mitverschulden am Zustandekommen des Unfalls zur Last fällt. Ferner hat man über den Umfang der von der Klägerin erlittenen Verletzungen und Verletzungsfolgen sowie das Vorliegen eines Dauerschadens gestritten.

Das Landgericht hat mit seinem angefochtenen Urteil vom 29.01.2021 die Klage mit der Begründung abgewiesen, dass der Klägerin wegen des streitgegenständlichen Unfallgeschehens weder ein vertraglicher noch deliktischer Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte zustehe. Ein vertraglicher Schadensersatzanspruch bestehe deshalb nicht, weil zwischen den Parteien kein Vertragsverhältnis bestanden habe. Der von der Klägerin abgeschlossene Beförderungsvertrag sei nicht mit der Beklagten, sondern mit der DB Regio AG zustande gekommen. Vor diesem Hintergrund sei auch der Hinweis der Klägerin auf die Entscheidung des BGH vom 17.01.2012 (Az.: X ZR 59/11) nicht zielführend. Auch eine (Mit-)Haftung der Beklagten unter Anscheins- oder Rechtsscheinsgesichtspunkten wegen ihres Verhaltens im Zuge der vorgerichtlichen Anspruchsstellung komme nicht in Betracht, weil die Beklagte in ihrem Schreiben vom 04.01.2017 ausdrücklich darauf hingewiesen habe, die Angelegenheit lediglich im Auftrag der DB Station & Service AG zu bearbeiten. Ein deliktischer Schadensersatzanspruch aus § 823 Abs. 1 BGB stehe der Klägerin ebenfalls nicht gegen die Beklagte zu, weil nicht diese, sondern die DB Station & Service AG Betreiberin des Bahnhofs und damit für diesen verkehrssicherungspflichtig sei

Wegen der weiteren Einzelheiten des zugrunde liegenden Sachverhalts einschließlich der erstinstanzlichen Anträge und der Urteilsbegründung wird auf die erstinstanzliche Entscheidung des Landgerichts vom 29.01.2021 Bezug genommen.

Mit der Berufung verfolgt die Klägerin ihre erstinstanzlichen Klageanträge weiter. Sie meint, das Landgericht habe zu Unrecht die Passivlegitimation der Beklagten verneint. Die Beklagte sei passivlegitimiert, weil sie und nicht die DB Region AG Betreiberin des Schienennetzes und damit auch der von ihr am Unfalltag benutzten Schienenbahn sei. Die von ihr mit Schriftsatz vom 22.01.2021 überreichten Übersendungsschreiben enthielten ausdrücklich den Hinweis, dass die Beförderungsbedingungen der Deutschen Bahn AG zu beachten sein. Dies in Verbindung mit dem hervorgehobenen Logo der Beklagten lasse keinen anderen Rückschluss zu, als dass der Beförderungsvertrag durch die Beklagte und nicht etwa durch ein Tochterunternehmen ausgeführt wird. Dementsprechend sei ihr auch nach dem Unfall durch einen Mitarbeiter der Beklagten der schriftliche Hinweis erteilt worden, dass bei Schadensfällen in Bahnhofsgebäude und im Bahnhof, in den Zügen des Regional- oder Fernverkehrs die "Deutsche Bahn AG -Haftung...

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