Leitsatz (amtlich)

1. Redaktionelle Werbung liegt vor, wenn ein Zeitschriftenbeitrag in der Weise zustande kommt, dass das Presseorgan sich ohne publizistischen Anlass dem Kunden andient, um dessen Firmenportrait nach Abstimmung und Genehmigung des vom Presseorgan entworfenen Textes durch den Kunden unter Verwendung von vom Kunden zur Verfügung gestellten Fotografien zu veröffentlichen.

2. Der Vertrag über die Veröffentlichung einer solchen Werbung in einem periodischen Druckwerk, die nicht als Anzeige kenntlich gemacht wird, verstößt gegen § 10 LPGNW und ist deshalb gem. § 134 BGB nichtig, auch wenn dem Kunden nur für die veröffentlichten Fotografien und nicht für den Textbeitrag ein Entgelt berechnet wird.

 

Verfahrensgang

LG Kleve (Urteil vom 27.01.2006; Aktenzeichen 8 O 144/04)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 27.1.2006 verkündete Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des LG Kleve teilweise geändert und wie folgt gefasst:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des aufgrund des Urteils gegen sie vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollsteckung Sicherheit i.H.v. 120 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die Klägerin verlangt von der Beklagten 9.418,28 EUR als Entgelt für die Veröffentlichung von Fotos in der von ihr herausgegebenen Zeitung W. Das LG hat der Klage bis auf einem Teil des Zinsanspruches stattgegeben und zur Begründung ausgeführt:

Es sei zwischen den Parteien ein Vertrag über die Veröffentlichung der Bilder zustande gekommen. Das Angebot der Klägerin über die kostenpflichtige Veröffentlichung von Fotos im Schreiben vom 11.3.2004 in Verbindung mit der Übersendung des Layouts habe die Beklagte zunächst nicht angenommen, da sie inhaltliche Änderungen des Artikels gewünscht habe. Die mit den genannten Änderungen verbundene Freigabeerklärung der Beklagten beinhalte ein neues, eigenes Angebot zur Veröffentlichung gegen Entgelt, das die Klägerin ihrerseits akzeptiert habe. Angesichts der vorangegangenen Schreiben der Klägerin, die einen Hinweis auf die Vergütungspflicht enthielten, greife der Vorwurf einer arglistigen Täuschung nicht durch. Auch seien die Voraussetzungen des Wuchertatbestandes nicht gegeben. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Tatbestand und die Entscheidungsgründe des Urteils des LG Bezug genommen.

Die Beklagte greift diese Entscheidung mit der Berufung an und trägt zur Begründung unter Bezugnahme auf ihr Vorbringen der ersten Instanz vor:

Der Vertrag sei gem. § 134 BGB nichtig, weil er gegen das Pressegesetz NRW verstoße. Die Zeitung der Klägerin sei kein Anzeigenblatt, sondern ein periodisches Druckwerk i.S.d. § 7 Pressegesetz, so dass eine Abgrenzung des Teils, für den die Klägerin ein Entgelt enthält, durch die Bezeichnung "Anzeige" erforderlich sei. Dies missachte die Klägerin, die sich ihren redaktionellen Teil durch die überteuerte Bildveröffentlichung bezahlen lasse. Dieser Vertrag sei daher nichtig und die Klägerin könne dem Verdikt nicht dadurch entgegen, dass die Zeitschrift kleingedruckt als Wirtschaftswerbemagazin bezeichnet werde. Angesichts der sittenwidrigen Methoden der Klägerin sei ein Bereicherungsausgleich nach § 817 S. 2 BGB ausgeschlossen. Im Übrigen habe die Klägerin die Kostenfreiheit mündlich zugesichert. Ein Faxschreiben vom 16.12.2003, in dem auf die Entgeltlichkeit hingewiesen worden sein soll, habe sie entgegen der Behauptung der Beklagten nicht erhalten. Letztlich habe das LG ihre berechtigte Irrtumsanfechtung völlig außer Acht gelassen.

Die Beklagte beantragt, unter teilweiser Änderung der Entscheidung des LG die Klage insgesamt abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin verweist auf eine Entscheidung des OLG Hamm vom 1.8.2006, aus der sich ergebe, dass ein Verstoß gegen das Presserecht nicht vorliege, und trägt vor:

Die Beklagte habe den jeweiligen Preishinweis in ihren Schreiben nicht übersehen können und dies erstinstanzlich auch eingeräumt. Eine Anfechtung scheide schon deshalb aus, weil die Beklagte den Vertrag nicht fristgerecht angefochten habe, insb. sei deren Schreiben vom 28.4.2004 nicht als Anfechtung zu werten. Es fehle zudem an einem Anfechtungsgrund. Ein Verstoß gegen das Presserecht mit der Folge der Nichtigkeit des Vertrages liege nicht vor. Die Zeitung sei keine periodische Veröffentlichung im Sinne des Pressegesetzes. Die in der Zeitschrift veröffentlichten Firmenportraits seien keine Werbeanzeigen, sondern redaktionelle Beiträge, die in unabhängiger journalistischer Arbeit entstanden seien. Für den Fall, dass man eine Werbeanzeige annehmen wolle, sei zu beachten, dass dies von der Leserschaft sofort erkannt werde. Die Kennzeichnung des Magazins als Wirtschaftswerbemagazin sei im Übrigen für den Kunden ausreichend. Letztlich könne sie, die Nichtigkeit...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt VerwalterPraxis Gold. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge