OLG: Abbildung einer Fototapete im Internet

Hoteliers dürfen mit Bildern ihrer mit Fototapeten ausgestatteten Zimmer im Internet werben, ohne dadurch die Urheberrechte des Fotografen oder des Herstellers der Fototapete zu verletzen.

Das OLG Düsseldorf hat sich in einer Grundsatzentscheidung zur Frage des Urheberrechts bei Fototapeten gegen eine Entscheidung des LG Köln gestellt. Wie in einem ähnlichen Fall im Jahr 2022 schon das LG Stuttgart für Ferienwohnungen hat das OLG Düsseldorf eine Urheberrechtsverletzung durch die werbemäßige Abbildung von mit Fototapeten ausgestatteten Hotelzimmern im Netz verneint.

Hotelzimmer mit Fototapeten im Netz abgebildet

In dem aktuellen Fall hatte ein deutscher Fotograf und CEO einer von ihm gegründeten Gesellschaft eine ganze Reihe von Hoteliers – darunter die beklagte Hotelbetreiberin – wegen Urheberrechtsverletzungen abgemahnt. Die beklagte Hotelbetreiberin hatte für das von ihr geführte Hotel „Y. Resort & Spa“ auf ihrer Website als auch auf verschiedenen Hotelbuchungsportalen mit der Abbildung diverser Hotelzimmer geworben, auf denen sehr deutlich diverse Motive der dort angebrachten Fototapeten zu sehen sind.

Urheber forderte Unterlassung und Schadenersatz

Die von dem Fotografen geführte Gesellschaft mit Sitz in British Columbia machte aus abgetretenem Recht Ansprüche wegen Urheberrechtsverletzungen gegen die Beklagte geltend und forderte vor Gericht Unterlassung, Auskunft, Feststellung der Schadensersatzpflicht und die Erstattung von Abmahnkosten. Die Klage hatte weder erstinstanzlich vor dem LG noch zweitinstanzlich vor dem OLG Erfolg.

Fotografien sind grundsätzlich urheberrechtlich geschützt

Das OLG stellte in seiner Entscheidung zunächst klar, dass die Beklagte die als Lichtbild gemäß § 72 UrhG geschützten Fotografien entgegen § 13 UrhG ohne Urheberbenennung öffentlich zugänglich gemacht hat. Entgegen der Auffassung der Klägerin liege hierin aber weder eine Verletzung der Urheberrechte der Klägerin noch eine Verletzung des Urheberpersönlichkeitsrechts des Fotografen.

Einfaches Nutzungsrecht stillschweigend eingeräumt

Nach Auffassung des OLG hat der Fotograf mit der Freigabe der Fotografien für die Herstellung von Tapeten und in der Folge für den Vertrieb und Verkauf der Tapeten dem Erwerber konkludent ein Nutzungsrecht an den Tapeten eingeräumt. Dieses vom Urheber eingeräumte, einfache Nutzungsrecht beinhalte im Rahmen der vertragsmäßigen Nutzung die Einwilligung in eine untrennbare Verbindung der Tapete mit dem jeweiligen Raum, in dem die Tapete angebracht wird.

Nutzungsrecht beinhaltet Recht zur Veröffentlichung

Darüber hinaus beinhalte das einfache Nutzungsrecht das Recht der Hotelbetreiber, die die Tapete erworben und in ihren Hotels haben anbringen lassen, die jeweiligen Räume mit den an der Wand angebrachten Fototapeten zu fotografieren und diese Bilder werbemäßig auf ihrer Website und auf Hotelbuchungsportalen zu veröffentlichen. Bei lebensnaher Betrachtungsweise könne vom Erwerber einer Fototapete nicht erwartet werden, dass dieser von der Anfertigung von Lichtbildern von mit Fototapeten ausgestatteten Räumen absieht oder auf gefertigten Lichtbildern nachträglich die Tapete retuschiert. Eine solche gravierende Einschränkung der Nutzung sei mit dem Kauf einer solchen Tapete nicht verbunden und würde im Übrigen eine solche Fototapete auch unverkäuflich machen.

Vertrauenstatbestand durch Inverkehrbringen geschaffen

Da die Klägerin selbst die Fototapeten ursprünglich in Verkehr gebracht hat, ist sie nach Auffassung des OLG auch nach Treu und Glauben gemäß § 242 BGB daran gehindert, Ansprüche wegen der Veröffentlichung von Innenaufnahmen, auf denen die Fototapeten zu sehen sind, geltend zu machen. Mit dem Inverkehrbringen der Fototapete habe der Urheber für den Erwerber einen Vertrauenstatbestand dahin gehend geschaffen, dass dieser die Tapete im Rahmen des vertragsmäßigen Gebrauchs uneingeschränkt nutzen kann. In der nachträglichen Geltendmachung von Urheberrechten liege daher ein widersprüchliches Verhalten (venire contra factum proprium) und sei damit rechtsmissbräuchlich (BGH, Urteil v. 16.3.2017, I ZR 39/15).

Urheberpersönlichkeitsrecht nicht verletzt

Schließlich liegt nach Auffassung des OLG auch keine Verletzung des Urheberpersönlichkeitsrechts vor. Gemäß § 13 UrhG hat der Urheber grundsätzlich ein Recht auf Namensnennung bei Veröffentlichung seines Werkes. Dieses sei allerdings mit Ausnahme eines unverzichtbaren Kerns vertraglich ausdrücklich oder stillschweigend einschränkbar (BGH, Urteil v.15.6. 2023, I ZR 179/22). Im Fall der Fototapete ist nach Auffassung des OLG von einem stillschweigenden Verzicht auf die Anbringung einer Urheberbezeichnung auszugehen. Es sei allgemeiner Brauch, dass Fototapeten keine Urheberbezeichnung enthalten.

Frage des urheberrechtlich zulässigen Beiwerks offengelassen

Das OLG hat ausdrücklich die Frage offengelassen, ob es sich bei der Abbildung der Fototapete lediglich um eine nach § 57 UrhG zulässige Abbildung von unwesentlichem Beiwerk (BGH, Urteil v. 17.11.2014, I ZR 177/13) des abgebildeten Hotelzimmers gehandelt hat. Hierauf kam es nach der Entscheidung des OLG nicht mehr an.

(OLG Düsseldorf, Urteil v. 8.2.2024, I-20 U 56/23)

Hintergrund:

Die Urheberrechte bei Fototapeten werden von den Gerichten nicht einheitlich beurteilt.

Leitsatzentscheidung des BGH aus dem Jahr 2014

Ausgangspunkt der unterschiedlichen Sichtweisen der Gerichte dürfte eine Leitsatzentscheidung des BGH aus dem Jahr 2014 sein. Der BGH hatte über den Verkaufskatalog und die Internet-Werbung eines Möbelhauses zu entscheiden. Dort wurde eine Verkaufsausstellung des Möbelhauses präsentiert. Auf den fotografischen Abbildungen der Verkaufsausstellung waren neben den Möbeln an den Wänden hängende Gemälde zu sehen.

BGH-Entscheidung betraf anderen Lebenssachverhalt

Hier erkannte der BGH ohne Umschweife auf eine Verletzung des Urheberrechts. Allerdings bestehen grundsätzliche Unterschiede zum Fototapetenfall des OLG Düsseldorf. Im BGH-Fall hatte der Künstler und Urheber seine Originalgemälde dem Möbelhaus leihweise und lediglich temporär zur Verfügung gestellt, während mehrfach vervielfältigte Fototapeten käuflich erworben und – anders als Gemälde – untrennbar mit einem Raum verbunden werden. Die Sachverhalte sind daher nicht ohne Weiteres vergleichbar. Anders als bei der Fototapetenentscheidung des OLG Düsseldorf stand im Zentrum der BGH-Entscheidung im Übrigen die Präzisierung der Kriterien, nach denen eine Veröffentlichung gemäß § 57 UrhG (unwesentliches Beiwerk) zulässig ist (BGH, Urteil v. 17.11.2014, I ZR 177/13).

LG Köln erkannte auch bei Fototapete auf Urheberrechtsverletzung

Das LG Köln hat sich im Fall einer Fototapete der Möbelhaus-Entscheidung des BGH angeschlossen. So hat das LG die Frage, ob durch den Kauf einer Fototapete Nutzungsrechte für die Vervielfältigung und öffentliche Zugänglichmachung erworben werden, verneint. Die Inhaberin einer Ferienwohnung hatte auf ihrer Website eine Abbildung des mit einer Fototapete versehenen Schlafzimmers der Ferienwohnung gezeigt. Der Urheber und Fotograf der auf der Tapete abgebildeten Blumenmotive klagte vor dem LG Köln erfolgreich auf Unterlassung und Schadenersatz (LG Köln, Urteil v. 18.8.2022, 14 O 350/21).

LG Stuttgart hält Urheber zur Einwilligung in Veröffentlichung verpflichtet

Das aktuelle Fototapetenurteil des OLG Düsseldorf korrespondiert mit einer ähnlichen Entscheidung des LG Stuttgart aus dem Jahr 2022. Dieses hatte im Fall der werbemäßigen Abbildung einer Ferienwohnung mit Fototapete ohne Nennung des Urhebers die Unterlassungsklage des Fotografen abgewiesen, mit der Begründung, mit dem Inverkehrbringen der Fototapete sei der Urheber nach Treu und Glauben verpflichtet, in die vertragsgemäße Nutzung der Fotos durch den Erwerber der Tapete einzuwilligen. Auch die Veröffentlichung von Aufnahmen einer Ferienwohnung im Internet gehöre zur vertragsmäßigen Nutzung einer solchen Tapete (LG Stuttgart, Urteil v. 25.10.2022,17 O 39/22).

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