Eine wesentliche Aufgabe des Controllings ist es, die Strategieumsetzung sicherzustellen und für eine Leistungstransparenz sowie Leistungssicherung aller organisatorischen Einheiten wie Teams, Abteilungen, Business Units, Geschäftsfelder oder Unternehmenssegmente sowie des Gesamtunternehmens zu sorgen.

Etliche Grundkonzepte des Controllings bestehen schon seit Dekaden, wenn nicht sogar seit Jahrhunderten. So ist das Konzept einer unternehmensweiten Budgetplanung -- im Sinne einer operativen Jahresplanung -- mit entsprechen Plan-Ist-Vergleichen im frühen 20. Jahrhundert in den damals entstehenden Großunternehmen wie Ford, General Motors, BASF oder DuPont de Nemours entstanden und wurde in den folgenden Jahrzehnten von nahezu allen Unternehmen ab einer gewissen Größe adaptiert.

Es gab immer wieder Neuerungen im inhaltlichen Fokus der Controllingsysteme. So hat die Balanced Scorecard in den 1990er Jahren als eines der ersten Instrumente des Performance Managements grundlegend neue Aspekte in die bis dahin eher vergangenheitsorientierte und auf Finanzkennzahlen ausgerichtete Controllingpraxis eingebracht:

  • Das Grundkonzept der KPIs,
  • die Anforderung der Strategierelevanz der KPIs,
  • die Integration von KPIs aus drei nicht-finanziellen Perspektiven,
  • die Forderung nach vorlaufenden KPIs ("leading indicators") und
  • die Beschränkung auf eine begrenzte Anzahl von KPIs.[1]

An der Jahresrhythmik an sich hat die Balanced Scorecard aber nichts verändert. Vielmehr hat auch sie in der Praxis zur Erhöhung der Komplexität der Planungssysteme beigetragen. Es gab in etlichen Unternehmen eine strategische Planung und zusätzlich in vielen Unternehmen die operative Mittelfristplanung mit der Budgetplanung für das kommende Jahr. Zudem planten die meisten Unternehmen ihre Organisationseinheiten in der sogenannten Gegenstromplanung (Top-down/Bottom-up), was das Alignment der detaillierten Kunden- und Prozesskenntnis der operativen Ebenen mit der Zielsetzung des Top-Managements sicherstellte.

Nachteile der Gegenstromplanung sind die erhebliche Dauer in größeren Unternehmen und die hohe Ressourcenbindung in den Controllingabteilungen, aber besonders auch in den Fachabteilungen. Ein Gegenstromplanungsprozess kann in einem globalen Großkonzern durchaus sechs bis acht Monate in Anspruch nehmen. Etwas überspitzt konnte man sagen, dass die Controller in großen Unternehmen das ganze Jahr entweder im Jahresabschluss oder in Planungsprozessen gebunden waren und somit keine Zeit hatten, sich konzeptionell, geschweige denn als Business Partner zu betätigen.

Eine solch aufwändige Gegenstromplanung ist nur im stabilen Unternehmensumfeld sinnvoll, in einem dynamischen Umfeld sind die Planungsprämissen überholt, bevor der Planungsprozess abgeschlossen ist. Stabile Umfeldbedingungen sind in vielen Märkten und damit für viele Unternehmen nicht mehr gegeben. Seit den 2010er Jahren wird von sogenannten VUCA-World bzw. den VUCA-Umfeldbedingungen gesprochen. VUCA steht dabei für

  • Volatile: Das Umfeld des Unternehmens ist extrem dynamisch, sodass selbst mittelfristige Prognosen nicht möglich sind.
  • Uncertain: Das Umfeld ist von Unsicherheit geprägt. Selbst wenn man zukünftige Umweltzustände kennt, kann man diesen keine Eintrittswahrscheinlichkeiten zuordnen.
  • Complex: Die externe Umwelt und die internen Prozesse werden von so vielen Faktoren beeinflusst, dass diese nicht zu überschauen, geschweige denn zu modellieren sind und damit nicht geplant werden können.
  • Ambiguous: Gleiche Aktionen führen zu unterschiedlichen Zeitpunkten zu unterschiedlichen Konsequenzen, ohne dass die Gründe hierfür erkennbar wären bzw. man Ursache-Wirkungsketten definieren könnte.

Die Covid19-Pandemie und später der Krieg in der Ukraine haben vielen Unternehmen, die sich seit Dekaden in einem stabilen Umfeld wähnten, ihr VUCA-Umfeld offenbart. Mittelfristplanungen, die Ende des Jahres 2019 für die Planjahre 2020 – 2022 verabschiedet wurden, waren im März 2020 mit Beginn der Covid19-Pandemie obsolet. Ganze Branchen wie z. B. die Luftfahrtindustrie sind bis heute nicht auf einem Vor-Covid19-Stand und werden manche Kundensegmente z. B. aufgrund der hohen Verbreitung von Online-Videokonferenzsystemen nicht mehr vollständig zurückgewinnen. Die gesamte Arbeitswelt hat sich verändert.

"Agilität bietet eine umfassende Antwort auf die Herausforderungen, die ein durch Wandel und Unsicherheit beherrschtes Unternehmensumfeld stellt. Für ein Unternehmen bedeutet Agilität die Fähigkeit, in einer Wettbewerbsumgebung gewinnbringend zu operieren, die charakterisiert ist durch ständig, aber unvorhersehbar sich verändernde Kundenwünsche", so charakterisieren die Mitarbeiter des Iacocca Institute Goldman, Nagel und Preiss an der Lehigh University in Bethlehem (USA) die Agilität.[2]

Agilität als Begriff bezeichnet also die Fähigkeit eines Unternehmens, die Herausforderungen eines VUCA-Umfeld zu bewältigen. Das bedeutet, dass die Controllingsysteme und -instrumente sich verändern müssen. Es müssen schnelle und deze...

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