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BFH Urteil vom 19.03.1997 - I R 7/96

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Entscheidungsstichwort (Thema)

Kein Billigkeitserlaß von Nachforderungszinsen nach verzögerter Veranlagung durch das Finanzamt

 

Leitsatz (amtlich)

1. Es ist sachlich nicht unbillig, Zinsen gemäß § 233a AO 1977 zu erheben, wenn die verspätete Festsetzung der Steuer auf einer durch das Finanzamt verzögerten Veranlagung beruht.

2. Es ist Sinn und Zweck des § 233a AO 1977, den Zinsvorteil des Steuerpflichtigen und den Zinsnachteil des Steuergläubigers auszugleichen, ohne daß es auf eine konkrete Berechnung der tatsächlich eingetretenen Zinsvorteile und Zinsnachteile ankommt.

 

Normenkette

AO 1977 §§ 227, 233a

 

Verfahrensgang

FG Nürnberg (Urteil vom 11.10.1994; Aktenzeichen I 232/93)

 

Tatbestand

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine GmbH, die ihre Körperschaftsteuererklärung 1989 erst am 19. Dezember 1990 beim Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt --FA--) einreichte. Der Sachbearbeiter des FA fertigte am 18. Februar 1991 einen Bescheidsentwurf, der aber nicht bekanntgegeben wurde. Ein Körperschaftsteuerbescheid 1989 erging erst am 28. August 1992. In ihm wurde eine Abschlußzahlung über 23 530 DM festgesetzt. Gleichzeitig setzte das FA Zinsen in Höhe von 2 115 DM gemäß § 233a der Abgabenordnung (AO 1977) fest.

Am 8. September 1992 beantragte die Klägerin, die festgesetzten Zinsen wegen sachlicher Unbilligkeit zu erlassen. Sie trage keine Schuld daran, daß die Körperschaftsteuerfestsetzung 1989 erst mit Bescheid vom 28. August 1992 erfolgt sei. Sie habe seit Februar 1991 mit der Steuerfestsetzung gerechnet und den zu erwartenden Nachzahlungsbetrag ständig auf einem Bankkonto als Guthaben zur Verfügung gehalten. Ein Liquiditätsvorteil sei bei ihr nicht eingetreten. Das FA lehnte den Erlaßantrag mit Bescheid vom 5. November 1992 ab. Die Beschwerde der Klägerin gegen diese Entscheidung hatte keinen Erfolg. In der Beschwerdeentscheidung vom 22. Juli 1993 führte die zuständige Oberfinanzdirektion (OFD) aus, daß kein sachlicher Billigkeitsgrund für einen Erlaß vorliege, wenn das FA eine Verzögerung der Steuerfestsetzung zu vertreten habe. Die Klägerin hätte die Möglichkeit gehabt, das FA auf seine Untätigkeit hinzuweisen.

Das Finanzgericht (FG) hat die Klage abgewiesen.

Die Klägerin hat die vom Bundesfinanzhof (BFH) zugelassene Revision eingelegt. Sie wird auf die Verletzung materiellen Rechts gestützt.

Sie beantragt, unter Änderung des Urteils des FG Nürnberg vom 11. Oktober 1994 I 232/93, den Ablehnungsbescheid vom 5. November 1992 aufzuheben und das FA zu verpflichten, Nachzahlungszinsen in Höhe von 2 115 DM zu erlassen.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

II. Die Revision ist unbegründet. Sie war deshalb zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

1. Rechtsgrundlage für den von der Klägerin begehrten Erlaß kann nur § 227 AO 1977 sein. § 227 AO 1977 ist mit Rücksicht auf § 239 Abs. 1 AO 1977 auch auf Zinsen anwendbar. Tatbestandsmäßig setzt die Vorschrift sachliche oder persönliche Billigkeitsgründe voraus. Persönliche Billigkeitsgründe wurden von der Klägerin nicht geltend gemacht, weshalb sich die revisionsrechtliche Überprüfung auf das Vorliegen sachlicher Billigkeitsgründe beschränkt.

2. Das FG ist zutreffend davon ausgegangen, daß § 233a AO 1977, auf dem die Festsetzung der Zinsen beruht, deren Erlaß die Klägerin begehrt, auf einer zulässigen gesetzlichen Typisierung beruht. Durch die sog. Vollverzinsung sollen der Zinsvorteil des Steuerpflichtigen und der Zinsnachteil des Steuergläubigers ausgeglichen werden. Gleichzeitig sollen im Interesse der Gleichmäßigkeit der Besteuerung und zur Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen die Folgen der unterschiedlichen Steuererhebungsformen beseitigt werden (vgl. BTDrucks 8/1410 S. 4). Die Klägerin sieht deshalb den Sinn und Zweck des § 233a AO 1977 zu einseitig, wenn sie in der Revisionsbegründung darlegt, daß es nur um die Abschöpfung von Liquiditätsvorteilen auf Seiten des Steuerpflichtigen gehe. Mit Hilfe der Sollverzinsung sollen auch die Zinsnachteile ausgeglichen werden, die auf Seiten des Steuergläubigers objektiv entstehen. Auch im Streitfall ist ein solcher Zinsnachteil auf Seiten des Steuergläubigers objektiv entstanden. Der Gesetzgeber hat im Interesse der Praktikabilität und der Verwaltungsvereinfachung den auszugleichenden Zinsvorteil und -nachteil typisierend auf 0,5 v.H. pro Monat festgesetzt. Daraus folgt, daß es auf den im Einzelfall vom Steuerpflichtigen konkret erzielten bzw. vom Steuergläubiger erlittenen Zinsvorteil oder -nachteil nicht ankommen soll (vgl. BFH-Urteil vo vom 20. September 1995 X R 86/94, BFHE 178, 555, BStBl II 1996, 53). Der konkrete Zinsvorteil- oder -nachteil soll für den Einzelfall nicht ermittelt werden müssen. In vielen Fällen ist eine solche Ermittlung gar nicht möglich, weil es von subjektiven Entscheidungen des Steuerpflichtigen abhängt, in welcher Weise er Steuernachzahlungen finanziert bzw. das noch nicht zu Steuerzahlungen benötigte Kapital verwendet. Ebenso wenig soll es darauf ankommen, welcher Zinsnachteil im konkreten Einzelfall dem Steuergläubiger entsteht und inwieweit Zinsvorteil und -nachteil voneinander abweichen. Daraus folgt gleichzeitig, daß es kein Grund für einen Erlaß aus sachlichen Billigkeitsgründen sein kann, wenn im konkreten Einzelfall entweder der Steuerpflichtige einen Zinsvorteil erzielt oder aber der Steuergläubiger einen Zinsnachteil erleidet, der deutlich unterhalb des angesetzten Betrages von 0,5 v.H. pro Monat liegt. Die Klägerin hätte ihre Zinszahlungspflicht dadurch vermeiden können, daß sie in Höhe der erwarteten Nachzahlung die nachträgliche Anpassung der Vorauszahlungen beantragte und die entsprechende Zahlung leistete. Dann hätte die in der Beratung des Finanzausschusses des Deutschen Bundestages vorgesehene Billigkeitsregelung (vgl. BTDrucks 11/2529) greifen können, die die Finanzverwaltung durch Schreiben des Bundesministers der Finanzen vom 4. Juli 1990 IV A 5 -S 0460 a- 16/90 (BStBl I 1990, 304) und vom 8. Juli 1993 IV A 5 -S 0460 a- 24/93 (BStBl I 1993, 527) umgesetzt hat. Soweit die Klägerin freiwillige Leistungen nicht erbracht hat, kann sie sich gegenüber der Festsetzung von Zinsen nicht auf den von ihr nur in geringem Umfang gezogenen Zinsvorteil berufen. Damit ist die vom Senat im Urteil vom 8. September 1993 I R 30/93 (BFHE 172, 304, BStBl II 1994, 81) offen gelassene Rechtsfrage entschieden.

 

Fundstellen

Haufe-Index 66338

BFH/NV 1997, 285

BStBl II 1997, 446

BFHE 182, 293

BFHE 1997, 293

BB 1997, 1298 (Leitsatz)

DB 1997, 1450 (Leitsatz und Gründe)

DStR 1997, 965-966 (Leitsatz und Gründe)

DStRE 1997, 573 (Leitsatz)

DStZ 1997, 576 (Leitsatz und Gründe)

HFR 1997, 557-558 (Leitsatz)

StE 1997, 383 (Leitsatz)

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