Sie verwenden eine veraltete Browser-Version. Dies kann unter Umständen zu Einschränkungen in der Funktion sowie Darstellung führen. Daher empfehlen wir Ihnen, einen aktuellen Browser wie z.B. Microsoft Edge zu verwenden.
Personal
Steuern
Finance
Immobilien
Controlling
Themen
Öffentlicher Dienst
Recht
Arbeitsschutz
Sozialwesen
Sustainability
Haufe.de
Shop
Service & Support
Newsletter
Kontakt & Feedback
Login

Personal Steuern Finance Immobilien Controlling Öffentlicher Dienst Recht Arbeitsschutz Sozialwesen
Immobilien
Controlling
Öffentlicher Dienst
Recht
Arbeitsschutz
Sozialwesen
Sustainability
Themen

BFH Urteil vom 14.11.2001 - X R 24/00

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen
 

Entscheidungsstichwort (Thema)

§ 10e-Begünstigung von Wohnungen in einem Sondernutzungsgebiet

 

Leitsatz (amtlich)

Wohnungen in einem Sondernutzungsgebiet i.S. von § 10 BauNVO sind nach § 10e EStG begünstigt, wenn die zuständige Baugenehmigungsbehörde die dauernde Nutzung genehmigt hat. Dies gilt bis zur Rücknahme der Baugenehmigung selbst dann, wenn sie insoweit rechtswidrig ist (Fortführung der BFH-Urteile vom 28. März 1990 X R 160/88, BFHE 160, 481, BStBl II 1990, 815, und vom 31. Mai 1995 X R 140/93, BFHE 178, 140, BStBl II 1995, 720).

 

Normenkette

EStG §§ 10e, 34f; BauNVO § 10

 

Verfahrensgang

Niedersächsisches FG (EFG 2000, 673)

 

Tatbestand

I. Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) sind verheiratet und wurden im Streitjahr 1995 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt.

Im Jahr 1994 erwarben sie ein mit einem Wohnblockhaus bebautes Grundstück. Das Grundstück liegt in einem Sondernutzungsgebiet i.S. des § 10 Abs. 1 der Baunutzungsverordnung (BauNVO). Die Baugenehmigung aus dem Jahr 1982 enthält weder eine Nutzungseinschränkung noch einen Hinweis auf die Festsetzungen des Bebauungsplans. Die Kläger bewohnen das Wohnblockhaus selbst.

In ihrer Einkommensteuererklärung für 1995 machten die Kläger die Grundförderung nach § 10e Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in Höhe von 9 000 DM, Vorkosten (§ 10e Abs. 6 EStG) in Höhe von 2 567 DM sowie die Steuerermäßigung nach § 34f Abs. 2 EStG für ein Kind geltend.

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt ―FA―) ließ die beantragten Steuervergünstigungen mit der Begründung unberücksichtigt, das Gebäude liege in einem Wochenend- und Ferienhausgebiet. Ohne Bedeutung sei deshalb, dass das Haus tatsächlich dauernd bewohnt werden könne und die Kläger es als einzigen Wohnsitz nutzten.

Die Baugenehmigungsbehörde teilte dem FA im Einspruchsverfahren im Wege einer amtlichen Auskunft mit, dass im Bebauungsplan eine Wohnnutzung weder allgemein noch im Wege der Ausnahme zugelassen worden sei. Gleichwohl seien im Zeitraum von 1972 bis 1982 sogenannte Wohnblockhäuser genehmigt worden. Das Gebäude dürfe aufgrund der erteilten Baugenehmigung zu Dauerwohnzwecken genutzt werden. Die Rücknahme der Baugenehmigungen sei nicht beabsichtigt. Daraus könne jedoch nicht auf eine stillschweigende Duldung geschlossen werden.

Die Klage hatte Erfolg. Das Finanzgericht (FG) vertrat in dem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2000, 673 veröffentlichten Urteil die Auffassung, § 10e Abs. 1 Satz 2 EStG schließe die Begünstigung nicht aus, da die Wohnung der Kläger keine Ferien- oder Wochenendwohnung sei. Die Baugenehmigung sei ohne Einschränkungen und ohne einen Hinweis auf die Festsetzungen des Bebauungsplans, der ein Sondernutzungsgebiet mit Nutzungsbeschränkungen ausweise, erteilt worden. In Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH), wonach bei Wohnungen in Sondernutzungsgebieten der Nachweis der baurechtlich zulässigen Nutzung nur durch eine entsprechende Genehmigung der zuständigen Behörde erbracht werden könne, sei den Klägern die Förderung zu gewähren.

Mit der Revision rügt das FA Verletzung von §§ 10e und 34f EStG. Es beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Kläger beantragen, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

II. Die Revision ist unbegründet. Zu Recht hat das FG einen Steuerabzugsbetrag nach § 10e Abs. 1 EStG in Höhe von 9 000 DM, Vorkosten in Höhe von 2 567 DM sowie die Steuerermäßigung nach § 34f Abs. 2 EStG für ein Kind berücksichtigt.

1. § 10e Abs. 1 EStG begünstigt die Anschaffung oder Herstellung einer zu eigenen Wohnzwecken genutzten Wohnung, die keine Ferien- oder Wochenendwohnung ist. Der erkennende Senat hat in den Urteilen vom 28. März 1990 X R 160/88 (BFHE 160, 481, BStBl II 1990, 815) und vom 31. Mai 1995 X R 140/93 (BFHE 178, 140, BStBl II 1995, 720) entschieden, dass unter Ferien- und Wochenendwohnungen i.S. des § 10e Abs. 1 Satz 2 EStG solche Wohnungen zu verstehen sind, die baurechtlich nicht ganzjährig bewohnt werden dürfen oder sich aufgrund ihrer Bauweise nicht zum dauernden Bewohnen eignen. Ziel dieser Einschränkung ist es, die Herstellung oder Anschaffung von "Ferien- und Wochenendwohnungen", bei denen die "Befriedigung des allgemeinen Wohnbedürfnisses nicht im Vordergrund steht", von der Begünstigung auszuschließen (Senats-Urteil in BFHE 160, 481, BStBl II 1990, 815).

2. Im Streitfall liegt die Wohnung in einem Sondernutzungsgebiet i.S. von § 10 BauNVO (Wochenendhausgebiete, Ferienhausgebiete oder Campingplatzgebiete). Die Begünstigung nach § 10e EStG hängt deshalb davon ab, ob nach der verbindlichen Entscheidung der zuständigen Behörde die Dauernutzung der Wohnung baurechtlich genehmigt wurde (Senats-Urteile vom 13. Dezember 1995 X R 103/94, BFH/NV 1996, 536, und vom 18. November 1998 X R 110/95, BFHE 187, 488, BStBl II 1999, 225). Die Baugenehmigung enthält die verbindliche Feststellung, dass das genehmigte Vorhaben "mit dem im Zeitpunkt der Erteilung der Genehmigung geltenden öffentlichen Recht übereinstimmt" (vgl. Urteil des Bundesverwaltungsgerichts ―BVerwG― vom 25. Oktober 1967 IV C 129.65, BVerwGE 28, 145), es also allen Anforderungen des materiellen Rechts entspricht. Deshalb kann sich bei einem Gebäude die Frage nach der materiellen Legalität erst stellen, wenn die erteilte Genehmigung zurückgenommen wird (vgl. BVerwG-Urteil vom 8. Juni 1979 IV C 23.77, BVerwGE 58, 124).

Die Baugenehmigung enthält für die Dauer ihrer Wirksamkeit die für die Betroffenen ebenso wie für andere Behörden verbindliche Entscheidung, dass die von ihr mitumfasste und bezweckte Nutzung der baulichen Anlage nach den öffentlich-rechtlichen Vorschriften im Zeitpunkt der Entscheidung zulässig ist. Sie schließt eine ganz bestimmte Nutzung ein (BVerwG-Urteil vom 11. Mai 1989 4 C 1.88, BVerwGE 82, 61). Nach der Rechtslage etwa erforderliche Regelungen und Einschränkungen der beantragten Nutzung müssen in der Baugenehmigung durch Nebenbestimmungen (z.B. Auflagen) ausdrücklich festgelegt werden (Simon, Bayerische Bauordnung 1994, Art. 79 Rz. 11 b). Werden in der Baugenehmigung Feststellungen des Bebauungsplans nicht beachtet, ist die Baugenehmigung rechtswidrig. Insoweit kommt ihr rechtsbegründende Wirkung zu, d.h. die Bestandskraft der rechtswidrigen Baugenehmigung führt zu einer vom öffentlichen Baurecht abweichenden Gestaltung der Rechtslage (Große-Suchsdorf/Lindorf/ Schmaltz/Wiechert, Niedersächsische Bauordnung, 6. Aufl. 1996, § 75 Rz. 11). Die Baugenehmigung garantiert nicht nur den öffentlich-rechtlichen Bestand der genehmigten baulichen Anlage in dem genehmigten Umfang, sondern auch in der genehmigten Funktion (Simon, a.a.O., Art. 79 Rz. 11 a).

Die materielle Bindungswirkung einer Baugenehmigung erstreckt sich nicht nur auf den Bauherrn und seine Rechtsnachfolger, auf die Bauaufsichtsbehörden und Gemeinden, sondern auch auf andere Behörden. Dies folgt aus dem Grundsatz der Tatbestandswirkung von Verwaltungsakten (Kopp/Ramsauer, Verwaltungsverfahrensgesetz, 7. Aufl. 2000, § 43 Rz. 18 ff.). Auch Gerichte aller Gerichtszweige, die nicht selbst mit der Kontrolle der Baugenehmigung im Rahmen von Klagen und Anträgen befasst sind, sind als Teil des staatlichen Kompetenzgefüges an den Inhalt einer bestandskräftigen, formell wirksamen Baugenehmigung gebunden (Simon, a.a.O., Art. 79 Rz. 13). Sie können wegen der ―unabhängig von der Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit― gegebenen Bindungswirkung der Baugenehmigung diese nicht incidenter überprüfen.

3. Ob die Wohnung der Kläger rechtlich als Wochenend- bzw. Ferienwohnung einzustufen ist oder ob sie dauernd bewohnt werden darf, hängt nach alledem nicht von den Festsetzungen im Bebauungsplan, sondern allein von der ihren Rechtsvorgängern erteilten Baugenehmigung ab. Nach den Feststellungen des FG enthält diese weder eine Nutzungseinschränkung noch einen Hinweis auf die Festsetzungen des Bebauungsplans. Die Baugenehmigung beinhaltet somit die ―auch die Gerichte der Finanzgerichtsbarkeit― bindende Feststellung, dass das Gebäude nicht nur zu Wochenend- und Ferienzwecken, sondern zu Dauerwohnzwecken ―wie von der Baugenehmigungsbehörde im finanzgerichtlichen Verfahren auch bestätigt wurde― genutzt werden darf.

4. Das angefochtene Urteil entspricht diesen Grundsätzen. Die Revision war daher als unbegründet zurückzuweisen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 679361

BFH/NV 2002, 572

BStBl II 2002, 514

BFHE 197, 301

BFHE 2002, 301

BB 2002, 560

DB 2002, 511

DStR 2002, 400

DStRE 2002, 345

HFR 2002, 388

StE 2002, 134

Dieser Inhalt ist unter anderem im Haufe Personal Office Gold enthalten. Sie wollen mehr?

Jetzt kostenlos 4 Wochen testen

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene Beiträge
  • Rahmen-TV, Maler- u. Lackiererhandwerk, Bundesrepublik o ... / §§ 45 - 48 ABSCHNITT VIII Kündigung
    9
  • Anwesenheitsprämie / 3.1 Krankheit und Gesundheit
    4
  • Berufsgenossenschaften / 4 Aufgaben
    2
  • Betriebsveranstaltung: Abrechnung der Aufwendungen / 4.2 Ermittlung der Gesamtkosten
    2
  • Betriebsrat: Kosten / 6 Kosten der Betriebsratswahl
    1
  • Elektronische Entgeltersatzleistung (EEL) / Sozialversicherung
    1
  • Pfändung: Ermittlung und Berechnung des pfändbaren Arbei ... / 3.1.1 Keine Geltung der Pfändungsgrenzen nach § 850c ZPO
    1
  • Flexible Arbeitszeit (SV-Luft) / 3.3 Entgeltersatzleistungen
    1
  • Inflationsausgleichsprämie / 3 Begünstigter Personenkreis
    1
  • Mindestlohn / 1 Aktuelle Situation
    1
  • Mutterschutz / 6 Kündigungsverbot
    1
  • Seearbeitsgesetz / §§ 73 - 78 Unterabschnitt 7 Heimschaffung und Imstichlassen
    1
  • TV Sonderzahlungen, Einzelhandel, Nordrhein-Westfalen, 2 ... / §§ 1 - 4 B Tarifliche Sonderzuwendung
    1
  • Arbeitnehmer / 3 Unterscheidung von Arbeitern und Angestellten
    0
  • Ausländische Arbeitnehmer / 3.1 Versicherungspflicht bei ausländischen Arbeitnehmern
    0
  • Bachelorand / 1 Einordnung
    0
  • Beitragsverfahrensverordnung / §§ 7 - 13a Vierter Abschnitt Prüfung beim Arbeitgeber
    0
  • Betriebsvereinbarung / 2 Rechtswirkung
    0
  • Bürgerliches Gesetzbuch / §§ 1018 - 1029 Titel 1 Grunddienstbarkeiten
    0
  • Bulgarien / 2 Arbeitnehmer mit Wohnsitz in Bulgarien
    0
Weitere Inhalte finden Sie u.a. in folgendem Produkt Haufe Personal Office Gold
Top-Themen
Downloads
Zum Haufe Shop
Produktempfehlung


Zum Thema Personal
Kostenlose Checkliste: Kontaktmöglichkeiten zwischen Vertragsunterschrift und 1. Arbeitstag
Kontaktmöglichkeiten zwischen Vertragsunterschrift und 1. Arbeitstag
Bild: Haufe Online Redaktion

Nach der Vertragsunterzeichnung dauert es oft Wochen oder Monate bis der neue Mitarbeiter die Stelle antritt. In dieser Phase ist es wichtig, dem neuen Mitarbeiter das Gefühl zu geben, dass er sich für das richtige Unternehmen entschieden hat.


Einkommensteuergesetz / § 10e Steuerbegünstigung der zu eigenen Wohnzwecken genutzten Wohnung im eigenen Haus
Einkommensteuergesetz / § 10e Steuerbegünstigung der zu eigenen Wohnzwecken genutzten Wohnung im eigenen Haus

  (1) 1Der Steuerpflichtige kann von den Herstellungskosten einer Wohnung in einem im Inland belegenen eigenen Haus oder einer im Inland belegenen eigenen Eigentumswohnung zuzüglich der Hälfte der Anschaffungskosten für den dazugehörenden Grund und Boden ...

4 Wochen testen


Newsletter Personal
Newsletter Personalmagazin – neues lernen

Jede Woche Inspiration für das Corporate Learning. Abonnieren Sie unseren kostenlosen Newsletter! Unsere Themen:  

  • Personal- und Organisationsentwicklung
  • Training, Coaching und Mitarbeiterführung
  • Digitalisierung und Lerntechnologien
Pflichtfeld: Bitte geben Sie eine gültige E-Mail Adresse ein.
Bitte bestätigen Sie noch, dass Sie unsere AGB und Datenschutzbestimmungen akzeptieren.
Haufe Fachmagazine
Themensuche
A B C D E F G H I J K L M N O P Q R S T U V W X Y Z
Zum Personal Archiv
Haufe Group
Haufe People Operations Haufe Fachwissen Haufe Onlinetraining Haufe HR-Software Haufe Digitale Personalakte Haufe HR Chatbot Haufe Akademie Semigator Enterprise rudolf.ai - Haufe meets AI
Weiterführende Links
RSS Newsletter FAQ Mediadaten Presse Editorial Code of Conduct Redaktionsrichtlinie zum KI-Einsatz Netiquette Sitemap Buchautor:in werden bei Haufe
Kontakt
Kontakt & Feedback AGB Cookie-Einstellungen Compliance Datenschutz Impressum
Haufe Personal Shop
Personal Software Arbeits- & Sozialrecht Lösungen Lohn & Gehalt Produkte Personalmanagement Lösungen Alle Personal Produkte Haufe Shop Buchwelt
 

    Weitere Produkte zum Thema:

    × Profitieren Sie von personalisierten Inhalten, Angeboten und Services!

    Unser Ziel ist es, Ihnen eine auf Ihre Bedürfnisse zugeschnittene Website anzubieten. Um Ihnen relevante und nützliche Inhalte, Angebote und Services präsentieren zu können, benötigen wir Ihre Einwilligung zur Nutzung Ihrer Daten. Wir nutzen den Service eines Drittanbieters, um Ihre Aktivitäten auf unserer Website zu analysieren.

    Mit Ihrer Einwilligung profitieren Sie von einem personalisierten Website-Erlebnis und Zugang zu spannenden Inhalten, die Sie informieren, inspirieren und bei Ihrer täglichen Arbeit unterstützen.

    Wir respektieren Ihre Privatsphäre und schützen Ihre Daten. Sie können sich jederzeit darüber informieren, welche Daten wir erheben und wie wir sie verwenden. Sie können Ihre Einwilligung jederzeit widerrufen. Passen Sie Ihre Präferenzen dafür in den Cookie-Einstellungen an.

    Mehr Informationen Nein, Danke Akzeptieren