Rn. 1212

Stand: EL 148 – ET: 12/2020

Nach Ausgrenzung der Geschäftsvorfälle, die den laufenden Gewinn beeinflussen, ist der Aufgabegewinn zu ermitteln. Hierzu bieten sich drei Methoden an (vgl Schoor, StBP 2006, 179):

  • Erstellung einer Aufgabebilanz und Vergleich des Aufgabe-Endvermögens mit dem Aufgabe-Anfangsvermögen;
  • Gegenüberstellung von Erträgen und Aufwendungen, die mit der Betriebsaufgabe im Zusammenhang stehen (hierzu s Rn 1216);
  • Vergleich des Buchwerts des Aktivvermögens mit seinem gemeinen Wert (eingeschränkt, dazu s Rn 1217).
 

Rn. 1213

Stand: EL 148 – ET: 12/2020

Die noch den laufenden Gewinn beeinflussenden Geschäftsvorfälle spiegeln sich in der Schlussbilanz, die von der Aufgabebilanz zu unterscheiden ist (zur Notwendigkeit einer Aufgabebilanz s Rn 1215) (Kulosa in H/H/R, § 16 EStG Rz 580 (November 2018); Schoor, StBP 2006, 179). Zum noch laufenden Geschäftsbetrieb gehörende Veräußerungsvorgänge beeinflussen also den Buchwert des Reinvermögens, ebenso sonstige sich bilanziell auswirkende Vorgänge wie zB Abschreibungen. Diese sind in der Schlussbilanz zu erfassen.

 

Rn. 1214

Stand: EL 148 – ET: 12/2020

Die Schlussbilanz stellt zum einen das BV zum Ende der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit dar (BFH v 25.04.2018, VI R 51/16, BStBl II 2018, 778). Außerdem dient sie als Ausgangspunkt zur Ermittlung des Aufgabegewinns (BFH v 17.06.1998, XI R 64/97, BStBl II 1998, 727). Sie enthält insoweit das Aufgabe-Anfangsvermögen. In der Aufgabebilanz sind zum einen die Erlöse aus der aufgabebedingten Veräußerung von WG abzubilden, zum anderen die ins PV entnommenen WG, jedoch nicht mehr unter Ansatz des Wertes, der sich unter Anwendung der Vorschriften für die Gewinnermittlung ergibt (§§ 47k EStG), sondern unter Ansatz des gemeinen Werts (§ 16 Abs 3 S 7 EStG; BFH v 21.11.2017, VIII R 17/15, BFH/NV 2018, 522). Das betrifft Aktiva wie Schulden, da auch Letztere grundsätzlich, wenn sie nicht ausgeglichen werden, ins PV übernommen werden. Außerdem sind sonstige Erträge im Zusammenhang mit der Betriebsaufgabe zu erfassen. Die Differenz zwischen Aufgabe-Endvermögen und Aufgabe-Anfangsvermögen abzüglich der Aufgabekosten stellt den Aufgabegewinn dar.

 

Beispiel: Ermittlung des Aufgabegewinns

Zum 01.01.2020 hat die Bilanz des X folgendes Bild (gemeiner Wert = Teilwerte in Klammern):

 
Aktiva Anfangsbilanz X Passiva
AV (1 000) 800 EK   950
UV (700) 350 Verbindlichkeiten   450
Liquide Mittel   250      
    1 400     1 400

In den ersten 6 Wochen veräußert X noch UV (Buchwert: 300) und erlöst hieraus 600. Seine Schlussbilanz sieht wie folgt aus:

 
Aktiva Schlussbilanz X Passiva
AV (1 000) 800 EK   1 250
UV (100) 50 Verbindlichkeiten   450
Liquide Mittel   850      
    1 700     1 700

X entschließt sich dann zur Betriebsaufgabe. AV im Buchwert von 200 kann er für 250 veräußern. Das verbleibende AV (gemeiner Wert: 750) und den Rest des UV übernimmt er ins PV. X tilgt noch die Verbindlichkeiten aus den liquiden Mitteln und zwischenzeitlichen Erlösen. Es fallen Aufgabekosten iHv 50 an. Die Aufgabebilanz hat folgendes Bild:

 
Aktiva Aufgabebilanz X Passiva
Rest-AV, gemeiner Wert   750 EK   1 450
Rest-UV, gemeiner Wert   100 Verbindlichkeiten   0
Liquide Mittel nach Tilgung   650 Veräußerungskosten   50
    1 500     1 500

Der laufende Gewinn des letzten (Rumpf-)Geschäftsjahres beträgt 300.

Der Aufgabegewinn von 200 setzt sich zusammen aus (einerseits) Veräußerungserlösen im Rahmen der Betriebsaufgabe iHv 250 und dem gemeinen Wert des ins PV übernommenen Rest-AV und Rest-UV iHv insgesamt 850 (insgesamt: 1.100) und andererseits aus den mit diesen WG korrespondieren Buchwerten von insgesamt 850 (Buchwert veräußertes AV: 200, ins PV übernommenes AV: 600, UV: 50) sowie den abzuziehenden Aufgabekosten von 50. Der Betrag von 200 entspricht der Differenz aus Aufgabe-Endvermögen (1.450) in der Aufgabebilanz und Aufgabe-Anfangsvermögen in der letzten Schlussbilanz (1.250).

 

Rn. 1215

Stand: EL 148 – ET: 12/2020

Weder handels- noch steuerrechtlich besteht eine Verpflichtung, eine Aufgabebilanz zusätzlich zur letzten Schlussbilanz aufzustellen (H 16 Abs 2 EStH 2019 "Aufgabegewinn"). Hier gelten die gleichen Grundsätze, die auch bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinns gelten, s Rn 703.

 

Rn. 1216

Stand: EL 148 – ET: 12/2020

Wird keine Aufgabebilanz erstellt, sind die sich aus der Betriebsaufgabe ergebenden Erträge und Aufwendungen gegenüberzustellen. Zu den Erträgen gehören neben den Veräußerungserlösen auch die bei der Entnahme ins PV anzusetzenden gemeinen Werte. Zu den Aufwendungen zählen die auszubuchenden Buchwerte der veräußerten und nicht veräußerten WG und die Veräußerungskosten.

 

Rn. 1217

Stand: EL 148 – ET: 12/2020

Die Methode, den Buchwerten des BV ihre gemeinen Werte entgegenzusetzen und die Differenz (unter Berücksichtigung der Aufgabekosten) als Aufgabegewinn anzusehen, ist nur für den Fall geeignet, dass alle WG ins PV übernommen werden.

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