Leitsatz

Eine "andere gleichwertige Vorbildung" i. S. d. § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 StBerG hat nur derjenige, der eine Abschlussprüfung in einem Beruf bestanden hat, der aufgrund der im Rahmen der Ausbildung vermittelten Lehrinhalte einem kaufmännischen Beruf als gleichwertig erachtet werden kann.

 

Sachverhalt

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist ein überregional tätiger Lohnsteuerhilfeverein, der im gesamten Bundesgebiet Beratungsstellen unterhält. Seinen Antrag auf Eintragung einer neuen Beratungsstelle in S unter Leitung des hierfür vorgesehenen Beratungsstellenleiters B lehnte die Aufsichtsbehörde mit der Begründung ab, B erfülle nicht die in § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 StBerG normierten Voraussetzungen.

B hatte erfolgreich eine Ausbildung zum Beruf des Bauzeichners abgeschlossen. Zusätzlich hatte er an einer Fernuniversität im Fachbereich Wirtschaftswissenschaften das Vordiplom erhalten, das ihm den Zugang zum Hauptstudium mit Diplomprüfung eröffnete. Im Zeitraum von 1999 bis 2012 war er bei einer Steuerberatungskanzlei beschäftigt, bei der er ausweislich der von dieser ausgestellten Bescheinigung insgesamt 159 Wochen mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 16 Stunden auf dem Gebiet der von den Bundes- und Landesfinanzbehörden verwalteten Steuern tätig gewesen ist.

 

Entscheidung

Die nach der erfolglosen Durchführung eines Klageverfahrens erhobene Revision hat der BFH als unbegründet abgewiesen.

Die Münchner Richter führen aus, dass das FG zu Recht entschieden habe, dass der Kläger keinen Anspruch auf Eintragung der Beratungsstelle in S mit B als deren Leiter hat. § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 StBerG sei dahin auszulegen, dass die Erfüllung des Tatbestandsmerkmals einer anderen gleichwertigen Vorbildung den Nachweis des Bestehens einer Abschlussprüfung in einem Beruf voraussetzt, der aufgrund der vermittelten Lerninhalte einem kaufmännischen Beruf als gleichwertig erachtet werden kann.

Eine Abschlussprüfung in einem kaufmännischen Ausbildungsberuf habe B unstreitig nicht abgelegt; vielmehr habe er erfolgreich eine Ausbildung in einem eher technisch orientierten Beruf als Bauzeichner abgeschlossen. Auch das in einem Fernstudium erworbene Vordiplom im Fachbereich Wirtschaftswissenschaft könne die von Gesetzes wegen geforderte Abschlussprüfung in einem kaufmännischen Ausbildungsberuf nicht ersetzen. Da die Diplom-Vorprüfung lediglich den Zugang zum Hauptstudium eröffne, das mit einer Diplomprüfung abzuschließen sei, liege keine abgeschlossene Berufsausbildung vor.

B besitze auch keine "andere gleichwertige Vorbildung" i. S. d. § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 StBerG. Nach dem Wortlaut dieser Bestimmung müsse die Vorbildung eine Qualifikation vermitteln, die einer Abschlussprüfung in einem kaufmännischen Ausbildungsberuf gleichwertig sei. Darauf, dass eine gleichwertige Vorbildung nur dann angenommen werden könne, wenn der zukünftige Beratungsstellenleiter eine Abschlussprüfung abgelegt habe, deute die Ausgestaltung des weiteren Tatbestandsmerkmals der praktischen Tätigkeit hin, auf dessen Erfüllung nicht verzichtet werden könne. Zum Zeitpunkt des frühesten Beginns dieser Tätigkeit habe der Gesetzgeber den Abschluss der Ausbildung bestimmt. Da der Abschluss der Ausbildung in der Regel durch die Ablegung einer entsprechenden Prüfung gekennzeichnet sei, lasse sich der Zeitpunkt, ab dem eine anrechenbare praktische Tätigkeit aufgenommen werden könne, zuverlässig bestimmen. Käme es dagegen lediglich auf den Nachweis von Kenntnissen an, die auch im Rahmen einer Ausbildung in einem kaufmännischen Beruf erworben werden könnten, wäre die Bestimmung des Abschlusses einer solchen Kenntniserlangung mit erheblichen Unsicherheiten behaftet. Der Besitz eines Vordiploms in einem wirtschaftswissenschaftlichen Studiengang reiche somit nicht aus, um eine "andere gleichwertige Vorbildung" i. S. d. § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 StBerG zu vermitteln. Erforderlich sei das Bestehen einer Abschlussprüfung.

Auch eine Gesamtschau der Ausbildung und des beruflichen Werdeganges des B könne nicht dazu führen, auf die Erfüllung des Tatbestandsmerkmals einer abgeschlossenen Berufsausbildung in einem kaufmännischen oder gleichwertigen Bereich zu verzichten. Eine solche Gesamtbetrachtung sehe das Gesetz nicht vor. Gegen sie spreche auch der Umstand, dass der praktischen Tätigkeit im Rahmen eines gesondert zu erfüllenden Tatbestandsmerkmals eine eigenständige Bedeutung zukomme.

 

Hinweis

Die Vorinstanz (FG des Saarlandes, Urteil v. 28.8.2015, 1 K 1004/15, EFG 2015 S. 2111) hatte die Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 AO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtsfrage, ob das Tatbestandsmerkmal "andere gleichwertige Vorbildung" in § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 StBerG eine Abschlussprüfung in einem kaufmännischen oder gleichwertigen Ausbildungsbereich erfordert, zugelassen.

Wie der BFH nun entschieden hat, kann eine "andere gleichwertige Vorbildung" nur durch das Bestehen einer Abschlussprüfung vermittelt werden. Dabei ging es in der Entscheidung nicht um die Klärung der sicher...

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