Entscheidungsstichwort (Thema)

Streitwert in Verfahren über die Erteilung einer Ursprungsbescheinigung; keine Bindung des BFH an Wertfestsetzung durch das FG

 

Leitsatz (NV)

1. Der Streitwert in Verfahren über die Erteilung einer Ursprungsbescheinigung gemäß § 8 BerlinFG 1982/1987 wird durch die Höhe des Anspruchs auf Kürzung der geschuldeten Umsatzsteuer bestimmt (Anschluß an BFH-Beschluß vom 27. Juni 1990 V E 2/90, BFH/NV 1991, 108).

2. Der BFH ist nicht daran gehindert, den Streitwert für ein bei ihm anhängiges Verfahren abweichend von dem FG im erstinstanzlichen Verfahren festzusetzen. Das untere Gericht kann das obere Gericht nicht durch seine Wertfestsetzung binden.

 

Normenkette

GKG § 5 Abs. 1, § 11 Abs. 1, § 13 Abs. 1, §§ 14, 25 Abs. 1 S. 3; BerlinFG 1982/1987 § 8 Abs. 1

 

Tatbestand

Nachdem der Senat die Revision des Klägers, Kostenschuldners und Erinnerungsführers (Erinnerungsführer) gegen das Urteil des Finanzgerichts (FG) als unbegründet zurückgewiesen und dem Erinnerungsführer die Kosten des Revisionsverfahrens auferlegt hatte, setzte die Kostenstelle des Bundesfinanzhofs (BFH) die Gerichtskosten nach einem Streitwert von 75000 DM auf insgesamt 2952 DM fest.

Gegenstand des von dem Erinnerungsführer gegen die Senatsverwaltung für Wirtschaft in Berlin geführten Rechtsstreits war die Verpflichtung zur Erteilung von Ursprungsbescheinigungen nach § 8 des Gesetzes zur Förderung der Berliner Wirtschaft (BerlinFG) 1982/1987 für 1983 bis 1987 für Leistungen nach § 1 Abs. 6 Nr. 1 (technische und wirtschaftliche Beratung und Planung für Anlagen außerhalb von Berlin-West) und Nr. 2 (Überlassung von gewerblichen Verfahren, Erfahrungen und Datenverarbeitungsprogrammen) BerlinFG 1982/1987. Der Erinnerungsführer wollte für die Leistungen Kürzung der Umsatzsteuer nach § 1 Abs. 6 BerlinFG 1982/1987 in Höhe von insgesamt 76665 DM beanspruchen.

Mit der Erinnerung begehrt der Erinnerungsführer eine Verminderung des Streitwerts auf ein Drittel des Gegenstandswerts. Auf diesen Wert hatte das FG den Streitwert im erstinstanzlichen Verfahren festgesetzt.

 

Entscheidungsgründe

Die Erinnerung (§ 5 Abs. 1 des Gerichtskostengesetzes - GKG -) ist nicht begründet.

Die vollständige Nachprüfung der Kostenrechnung des BFH im Erinnerungsverfahren (vgl. dazu Urteil des Bundesgerichtshofs vom 25. Oktober 1983 VI ZR 249/81, Neue Juristische Wochenschrift 1984, 870, 871 m.w.N.) ergibt, daß die Gerichtskosten für das Rechtsmittelverfahren (§ 4 Abs. 1 Nr. 2 GKG) zutreffend angesetzt worden sind. Die Angriffe des Erinnerungsführers gegen den Kostenansatz (§ 5 Abs. 1 GKG, § 4 Abs. 1 Satz 1, § 27 Abs. 1 der Kostenverfügung), insbesondere gegen die Höhe der Kosten (§ 11 Abs. 1 GKG), sind unberechtigt.

Die Gebühren richten sich nach dem Wert des Streitgegenstandes (Streitwert), soweit nichts anderes bestimmt ist (§ 11 Abs. 2 Satz 1 GKG). Im Revisionsverfahren bestimmt sich der Streitwert nach dem Antrag des Rechtsmittelführers (§ 14 Abs. 1 Satz 1 GKG). Im Streitfall entsprach der Antrag des Erinnerungführers im Revisionsverfahren dem Klageantrag, so daß für die Bestimmung des Streitwerts im Revisionsverfahren die Vorschriften über die Bestimmung des Streitwerts im erstinstanzlichen Verfahren heranzuziehen sind (BFH-Beschluß vom 27. Juni 1990 V E 2/90, BFH/NV 1991, 108 m.w.N.). Im Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist der Streitwert nach § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG - von der hier nicht vorliegenden Ausnahme des § 13 Abs. 1 Satz 2 GKG abgesehen - nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Das im Verfahren über die Verpflichtung zur Erteilung der Ursprungsbescheinigung nach § 8 BerlinFG maßgebende Interesse des jeweiligen Klägers richtet sich ausschließlich auf die Kürzung der Steuerschuld. Die Bedeutung der Sache stimmt deshalb betragsmäßig mit der begehrten Kürzung der Steuerschuld überein (BFH-Beschluß in BFH/NV 1991, 108). Eine über die Herabsetzung auf 75000 DM hinausgehende weitere Herabsetzung des Streitwertes in Ausübung der Ermessensentscheidung gemäß § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG ist nicht gerechtfertigt (BFH-Beschluß in BFH/NV 1991, 108).

Daß das FG im erstinstanzlichen Verfahren einen geringeren Streitwert zugrundegelegt hat, bedingt nichts anderes. Jede Instanz setzt für ihr Verfahren den Streitwert gesondert fest. Das untere Gericht kann das obere Gericht nicht durch seine Wertfestsetzung binden (BFH-Beschluß vom 9. November 1976 VII R 22/76, BFHE 120, 164, BStBl II 1977, 42; Hartmann, Kostengesetze, 25. Aufl., § 25 GKG Rdnr. 25ff.; vgl. auch § 25 Abs. 1 Satz 3 GKG). Das Rechtsmittelgericht ist auch nicht durch die Vorschrift des § 14 Abs. 2 Satz 1 GKG gehindert, den Streitwert heraufzusetzen (vgl. Beschluß des Bundesverwaltungsgerichts vom 10. Dezember 1992 6 B 42.92, Kostenrechtsprechung § 14 Nr. 40 GKG).

Fehler in der Kostenrechnung bei der Berücksichtigung der Gebührentatbestände sind nicht ersichtlich.

Die Entscheidung ergeht gemäß § 5 Abs. 4 GKG gebührenfrei.

 

Fundstellen

BFH/NV 1994, 819

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