Zusammenfassung
IGeL-Leistungen ist die Abkürzung für Individuelle Gesundheits-Leistungen. Diese werden gesetzlich krankenversicherten Patienten von ihren Ärzten angeboten. Sie sind selbst zu zahlen, da sie über das Maß einer ausreichenden und zweckmäßigen Versorgung hinausgehen. Eine Kostenübernahme durch die gesetzlichen Krankenkassen ist ausgeschlossen.
Sozialversicherung: Die erweiterte Informationspflicht des Arztes gegenüber dem Patienten im Rahmen des Behandlungsvertrags enthält § 630c BGB. Diese Informationspflicht gilt insbesondere für die IGeL-Leistungen.
Der Begriff "IGeL-Leistungen" ist gesetzlich nicht geregelt. So können ärztliche Zusatzleistungen angeboten werden, ohne sie IGeL-Leistungen zu nennen. Ebenso könnten alle selbst zu zahlenden ärztlichen Zusatzleistungen als IGeL-Leistungen bezeichnet werden.
Das Bundessozialgericht (BSG) hat sich mit Urteil vom 14.3.2001 (BSG, Urteil v. 14.3.2001, B 6 KA 36/00 R) sehr kritisch mit der Aufdrängung individueller Gesundheitsleistungen durch Ärzte befasst.
Das Bayerische Landessozialgericht hat mit Beschluss vom 5.1.2011 (Bayerisches LSG, Beschluss v. 5.1.2011, L 12 KA 116/10 B ER) bestätigt, dass eine gröbliche Verletzungen vertragsärztlicher Pflichten vorliegt, wenn
- ein Assistent ohne Genehmigung der Kassenärztlichen Vereinigung durch den Vertragsarzt beschäftigt wird und
- Leistungen als individuelle Gesundheitsleistungen erbracht und abgerechnet werden, die vom "Einheitlichen Bewertungsmaßstab" für ärztliche Leistungen erfasst sind.
1 Individuelle Gesundheitsleistungen
Eine genau definierte Liste der IGeL-Leistungen gibt es nicht und somit auch keine echte Qualitätskontrolle. Jeder Arzt kann seine persönliche IGeL-Liste zusammenstellen. In dieser Liste finden sich Leistungen, die durchaus sinnvoll sind oder ärztlich empfehlenswert erscheinen, um beispielsweise Heilungschancen für den Patienten zu verbessern. Letztlich entscheidet der Patient, welche zusätzlichen Leistungen er auf seine eigenen Kosten in Anspruch nehmen möchte.
Die Ärzte behaupten oftmals, die IGel-Leistungen würden von den Krankenkassen nicht mehr übernommen. Richtig ist vielmehr, dass viele dieser Leistungen vom Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) bisher noch nicht bewertet wurden. In anderen Fällen hat der G-BA die Einführung solcher Leistungen nach umfassender Prüfung wegen unzureichenden medizinischen Nutzens abgelehnt. Insofern besteht durchaus das Risiko, bei manchen IGeL-Leistungen unzureichend geprüfte oder gar risikoreiche und/oder nutzlose medizinische Leistungen zu erhalten.
2 Angebot
Dies ist eine beispielhafte Übersicht über derzeit u. a. angebotene Leistungen:
- Akupunktur in der Schwangerschaft
- Akupunktur zur Migränebehandlung
- Augeninnendruckmessung zur Glaukom-Früherkennung
- Bach-Blütentherapie
- Baby-TV
- Biofeedbacktherapie bei Migräne
- Colon-Hydro-Therapie
- Dünnschichtzytologie
- Eigenbluttherapie bei Tendinopathie
- Entfernung von Tätowierungen
- Excimer-Laser-Operation
- Extrakorporale Stoßwellentherapie
- Gebärmutterhalskrebs-Screening
- Glaukom-Früherkennung (Grüner Star)
- Glukokortikoide beim Hörsturz
- Gynäkologischer Sono-Check
- Haarentfernung (dauerhaft)
- Hormonspiegelbestimmung (Testosteronwert) beim Mann
- Hauttest auf Allergie
- HBA1c-Bestimmung zur Früherkennung eines Diabetes
- Hochtontherapie
- PRK – Photorefraktive Keratektomie
- Professionelle Zahnreinigung
- Prostatakarzinom-Screening
- PSA-Bestimmung
- Rauchervorsorge
- Refraktive Hornhautchirurgie
- Sputum-Zytologie
- Stoßwellentherapie gegen Schmerzen
- Testosteronwert-Bestimmung bei beschwerdefreien Männern
- Toxoplasmose-Test für Schwangere
- TSH-Bestimmung zum Schilddrüsencheck
- Ultraschallscreening in der Schwangerschaft
- Ultraschalluntersuchung zur gynäkologischen Krebsfrüherkennung
3 Aufklärungspflicht
Durch das Patientenrechtegesetz wurde eine neue Form des Dienstvertrags – der Behandlungsvertrag – ins Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) eingefügt. Danach ist der Behandelnde verpflichtet, dem Patienten in verständlicher Weise zu Beginn der Behandlung und – soweit erforderlich – in deren Verlauf sämtliche für die Behandlung wesentlichen Umstände zu erläutern, insbesondere die
- Diagnose,
- voraussichtliche gesundheitliche Entwicklung,
- Therapie sowie
- zu und nach der Therapie zu ergreifenden Maßnahmen.
Keine Kostenübernahme durch GKV
Weiß der Behandelnde, dass eine vollständige Übernahme der Behandlungskosten durch die gesetzliche Krankenversicherung nicht möglich oder nicht gesichert ist, oder ergeben sich nach den Umständen hierfür hinreichende Anhaltspunkte, muss er den Patienten vor Beginn der Behandlung über die voraussichtlichen Kosten der Behandlung schriftlich informieren.
Auffällig ist, dass es bei IGeL-Leistungen neben wenigen therapeutischen Leistungen (z. B. apparative Methoden bei orthopädischen Krankheiten) sehr viele diagnostische Leistungen gibt (z. B. Vorsorge-Untersuchungen und sog. Gesundheits-Check-ups, Sono-Check). Die Versicherten können oftmals nicht das Risiko dieser Behandlungen oder Untersuchungen einschätzen. Insbesondere bei sog.Vorsorgeuntersuchungen wäre es fatal...