Hinweis

Vor Ort ist – wie dies durch die anliegenden Lichtbilder sowie durch die vorliegende Ermittlungsakte dokumentiert wird – eine sogenannte Bedarfsampel vorhanden. Unstreitig dürfte hierbei sein, dass die Bedarfsampel – so diese nicht durch ein Drücken des Anforderungsschalters für Grünlicht aktiviert wird – ausgeschaltet ist, es sich also um eine "Schlafampel" handelt. Diese zeigt also ohne Aktivierung des Schalters kein Licht, und zwar weder für den Fahrzeugverkehr noch für Fußgänger oder Radfahrer.

Unstreitig ist, dass mein Mandant vor Betreten der Fahrbahn weder den Anforderungsschalter gedrückt noch ein Grünlicht abgewartet hat. Im Rahmen des Unfallgeschehens war die Bedarfsampel permanent ausgeschaltet. Dennoch hat Ihr Haus mangels (Mit-)Verschulden sowie mangels Vorliegen höherer Gewalt vollumfänglich gegenüber unserer Mandantschaft zu haften.

Zur Beurteilung der Haftung dem Grunde nach ist nicht auf § 25 Abs. 3 StVO abzustellen, sondern auf § 37 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. Nr. 2 StVO. Nach § 25 Abs. 3 StVO hat der, der zu Fuß geht, die Fahrbahn unter Beachtung des Fahrzeugverkehrs zügig auf dem kürzesten Weg quer zur Fahrtrichtung zu überschreiten, und zwar, wenn die Verkehrslage es erfordert, nur an Kreuzungen oder Einmündungen, an Lichtzeichenanlagen innerhalb von Markierungen. Wird die Fahrbahn an Kreuzungen oder Einmündungen überschritten, sind die dort vorhandenen Fußgängerüberwege oder Markierungen an Lichtzeichenanlagen stets zu benutzen.

Hieran hat sich unserer Mandant gehalten, und zwar auch unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die Bedarfsampel nicht benutzt wurde. Die Fahrbahn wurde bzw. sollte im Bereich der Markierungen des Fußgängerüberweges überquert werden.

Vorzuwerfen ist unserem Mandanten nicht, dass er die Bedarfsampel nicht genutzt hat. Im Bereich einer Fußgängerampel, die nur nach Druckknopfbetätigung Grün zeigt, sonst dagegen ständig auf Rot geschaltet ist, gilt § 37 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. Nr. 2 StVO uneingeschränkt. Daraus folgt, dass an dieser Stelle die Fahrbahn nur nach Betätigung der Anlage überquert werden darf. Anders – nämlich genau gegenteilig – ist dies bei Lichtzeichenanlagen zu beurteilen, die ohne Druckknopfbetätigung kein Rotlicht zeigen, sondern dunkel bzw. deaktiviert sind. Es wird auf Hentschel/König/Dauer, Kommentar zum Straßenverkehrsrecht, 41. Auflage, § 37 Rn 35 verwiesen.

Ein Mitverschulden zu Lasten unserer Mandantschaft scheidet daher aus.

 

Erläuterung:

Bei Bedarfsampeln für Fußgängerüberwege werden die Ampeln erst auf Knopfdruck eines Fußgängers für ihn auf Grün geschaltet (Bedarfsphase).

Ein Sonderfall der Bedarfsampel ist die "Schlafampel", die sich erst beim Knopfdruck einschaltet und damit Energie spart. Diese Art der Ampel zeigt nach dem Einschalten (durch Knopfdruck eines Fußgängers) zunächst Grün für den Kfz-Verkehr, um dann auf Rot für den Kfz-Verkehr und Grün für Fußgänger und wieder zurück zu schalten. In der nächsten Grün-Phase für Autofahrer schaltet sie sich dann wieder vollständig ab.

Häufig wird bei solchen Schlafampeln das grüne Lichtzeichen eingespart, es gibt also nur rotes und gelbes Licht. Betätigt ein Fußgänger den Anforderungstaster, wird für den Kfz-Verkehr sofort die Gelb-Phase, gefolgt von der Rot-Phase eingeschaltet. Anschließend wird die Ampel vollständig abgeschaltet, wodurch direkt von der Rot- in eine (nicht sichtbare) Grün-Phase übergeleitet wird.

In der Regulierungspraxis wird gern keine Unterscheidung zwischen einer klassischen Bedarfsampel und einer sogenannten Schlafampel gemacht. Der Geschädigte muss sich in der Regel in beiden Fällen zunächst den Vorwurf gefallen lassen, er hätte auf Grünlicht warten und erst dann die Straße passieren dürfen. Bei der sogenannten Schlafampel geht diese Argumentation jedoch fehl. Eine Pflicht zur Aktivierung gibt es nicht. Solange die Schlafampel nicht aktiviert wurde, ist sie – rechtlich gesehen – nicht existent. Eine Benutzungspflicht und damit ein Mitverschulden bei fehlender Benutzung gibt es nicht.

Autor: Stefan Herbers

RA Stefan Herbers, FA für Verkehrsrecht, FA für Arbeitsrecht, Oldenburg

zfs 7/2015, S. 363

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