Rz. 415

Die vorstehend erwähnten Grundsätze zu den Sonderbetriebseinnahmen und zum Sonderbetriebsvermögen haben ihre Grundlage in § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 HS 2 EStG. Nach dieser Vorschrift sind bezogene Entgelte für Leistungen (Tätigkeit, Darlehensgewährung, Nutzungsüberlastung) steuerrechtlich als Sonderbetriebseinnahmen der an der empfangenen Gesellschaft beteiligten Gesellschafter zu behandeln mit der Folge, dass auch die zur Nutzung überlassenen Wirtschaftsgüter Sonderbetriebsvermögen der Gesellschafter bei der die Nutzung empfangenen Gesellschaft werden. Die verpachteten Wirtschaftsgüter sind in die Ermittlung des Gesamtgewinns der pachtenden Gesellschaft und damit in die gesonderte und einheitliche Feststellung der Einkünfte für diese Gesellschaft einzubeziehen. Diese Grundsätze gelten nicht nur für Leistungen, die einer von mehreren Gesellschaftern einzeln und unabhängig von den anderen Gesellschaftern erbringt, sondern in gleicher Weise auch für Entgelte für Leistungen, die alle Gesellschafter der die Leistung empfangenden und die Vergütung gewährenden Personengesellschaft gemeinsam über eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts erbringen.

 

Rz. 416

Vorstehende Grundsätze gelten jedoch nicht bei einer mitunternehmerischen Betriebsaufspaltung. Nach dem BFH-Urteil v. 23.4.1996[1] kommt es zu einem Vorrang der Rechtsgrundsätze der Betriebsaufspaltung vor der Anwendung des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 HS 2 EStG. Mitunternehmerische Betriebsaufspaltung ist gegeben, wenn eine Betriebspersonengesellschaft von einer (anderen) Besitzpersonengesellschaft (Besitz-Gesellschaft bürgerlichen Rechts) wesentliche Betriebsgrundlagen pachtet und an der Besitzpersonengesellschaft sowie der Betriebspersonengesellschaft ganz oder mindestens überwiegend dieselben Personen beteiligt sind mit der Folge, dass eine personelle und sachliche Verflechtung gegeben ist.

 

Rz. 417

Vorstehende Grundsätze gelten auch nicht für Schwester-Personengesellschaften; auch hier ist die Behandlung der vermieteten Wirtschaftsgüter als Sonderbetriebsvermögen der mietenden Gesellschaft ausgeschlossen. Der BFH hat mit Urteil v. 26.11.1996[2] diese Auffassung bestätigt: Die Qualifikation des Vermögens und der Einkünfte aus der Verpachtung des Vermögens einer gewerblich geprägten Personengesellschaft nach § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG (leistende Gesellschaft) hat bei ganz oder teilweise identischen Personengesellschaften (Schwester-Gesellschaften) Vorrang vor der Qualifikation des Vermögens als Sonderbetriebsvermögen und der Einkünfte als Sonderbetriebseinkünfte der Gesellschafter nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 HS 2 EStG bei der leistungsempfangenden Gesellschaft.[3]

 

Rz. 418

Die Finanzverwaltung hat sich vorstehender Rechtsauffassung des BFH, die eine Änderung der Rechtsprechung darstellt, durch ein Anwendungsschreiben v. 28.4.1998[4] angeschlossen. Der BFH betont dabei, dass die Rechtsgrundsätze des BFH-Urteils v. 23.4.1996 nur in den Fällen sog. Schwester-Gesellschaften anzuwenden sind, d. h., wenn sowohl an der vermietenden als auch an der mietenden Personengesellschaft ganz oder teilweise dieselben Personen als Gesellschafter beteiligt sind. Nicht betroffen von dieser Rechtsprechung sind die Fälle der sog. doppel- oder mehrstöckigen Personengesellschaft, also diejenigen Fälle, in denen eine Personengesellschaft selbst unmittelbar oder mittelbar an einer anderen Personengesellschaft als Mitunternehmer beteiligt ist. In diesen Fällen verbleibt es bei der Anwendung der gesetzlichen Regelung zur doppelstöckigen Personengesellschaft in § 15 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG.

[3] Der BFH betont, dass diese allgemein für Schwester-Personengesellschaften geltenden Grundsätze auch anwendbar sind, wenn die leistende Gesellschaft eine atypisch stille Gesellschaft ist.
[4] IV B 2 – S 2241 – 42/98, BStBl 1998 I S. 583.

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