8.1 Gesetzliches Rangverhältnis

Bedeutung für Sicherheit und Wert

Der Rang eines Rechts hat Bedeutung für dessen Sicherheit und Wert. Er bestimmt die Berücksichtigung des Rechts und seine Befriedigungsaussichten in der Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung. Rechte, die einem die Zwangsversteigerung betreibenden Gläubiger im Rang vorgehen, fallen in das geringste Gebot (§ 44 ZVG) und bleiben als Belastung des Grundstücks bestehen. Die Reihenfolge der Befriedigung der durch Zuschlag erlöschenden Rechte (§ 90 ZVG) richtet sich nach dem Rangverhältnis der Rechte (§ 11 ZVG). Das gesetzliche Rangverhältnis unter mehreren Rechten, mit denen ein Grundstück belastet ist, bestimmt sich, wenn die Rechte in derselben Abteilung des Grundbuchs eingetragen sind, nach der Reihenfolge der Eintragung (§ 879 Abs. 1 Satz 1 BGB). Sind die Rechte in verschiedenen Abteilungen des Grundbuchs eingetragen, hat das unter Angabe eines früheren Tages eingetragene Recht den Vorrang; die unter Angabe desselben Tages eingetragenen Rechte haben Gleichrang (§ 879 Abs. 1 Satz 2 BGB).

Das Grundbuchverfahren zur Herstellung des Rangs bestimmen die §§ 17 und 45 GBO. Sind in einer Abteilung des Grundbuchs mehrere Eintragungen zu bewirken, erhalten sie die Reihenfolge, welche der Zeitfolge ihres Eingangs beim Grundbuchamt entspricht (§ 45 Abs. 1 GBO). Werden mehrere Eintragungen, die nicht gleichzeitig beantragt sind, in verschiedenen Abteilungen unter Angabe desselben Tages bewirkt, ist im Grundbuch zu vermerken, dass die später beantragte Eintragung der früher beantragten im Rang nachsteht (§ 45 Abs. 2 GBO). Sind die Anträge gleichzeitig beim Grundbuchamt eingegangen, steht den einzutragenden Rechten gleicher Rang zu.

8.2 Vertraglich vereinbarte Rangverhältnisse

Voraussetzungen

Sollen mehrere Rechte eingetragen werden, können die Beteiligten eine abweichende Rangregelung vereinbaren (§ 879 Abs. 3 BGB). Dies muss in der Bewilligung gem. § 19 GBO oder im – dann der Form des § 29 GBO entsprechenden – Antrag (§ 45 Abs. 3 GBO) zum Ausdruck kommen. Das Grundbuchamt muss die verlangte Abweichung bei der Vornahme der Eintragungen durch entsprechende Reihenfolge der Einträge oder Rangvermerke zum Ausdruck bringen. Allein aufgrund der gesetzlichen Vollmacht zur Stellung von Anträgen gem. § 15 GBO ist der Notar nicht befugt, eine Rangbestimmung zu treffen.[1]

[1] OLG Frankfurt/M., Beschluss v. 27.3.1991, 20 W 183/90, Rpfleger 1991 S. 362.

8.3 Rangänderung

Nachträgliche Änderung

Das unter eingetragenen Rechten bestehende Rangverhältnis kann nachträglich geändert werden (§ 880 BGB). Hierzu ist materiell-rechtlich die Einigung zwischen den Gläubigern, bei Hypotheken-, Grund- und Rentenschulden auch die Zustimmung des Grundstückseigentümers (§ 1183 BGB) erforderlich, nach Grundbuchrecht aber lediglich die Bewilligung der Genannten (§ 19 GBO).

8.4 Rangvorbehalt

Der Grundstückseigentümer kann sich bei Belastung eines Grundstücks mit einem Recht die Befugnis vorbehalten, ein anderes Recht mit Vorrang eintragen zu lassen (§ 881 BGB). Ein solcher Rangvorbehalt kommt insbesondere infrage, wenn das zweitrangige Recht eingetragen werden soll, bevor das erststellige Recht eingetragen werden kann. Bei späterer Eintragung des Rechts, das die erste Rangstelle erhalten soll, ist dann zu vermerken, dass diesem Recht der vorbehaltene Rang beigelegt wird. Das Recht aus dem Rangvorbehalt ist nicht übertragbar und unpfändbar.[1]

[1] BGH, Urteil v. 4.2.1954, IV ZR 120/53, BGHZ 12 S. 238, 241.

8.5 Rangklarstellung

Das Grundbuchamt kann aus besonderem Anlass, insbesondere bei Umschreibung unübersichtlicher Grundbücher, Unübersichtlichkeiten und Unklarheiten in den Rangverhältnissen von Amts wegen oder auf Antrag eines Beteiligten beseitigen (§§ 90 ff. GBO).

8.6 Rangverletzung

Maßgeblich ist eingetragener Rang

Werden bei einer Eintragung im Grundbuch ohne Rangvermerk die Vorschriften über die Erledigungsreihenfolge (§§ 17, 45 GBO) verletzt, ist ausschließlich der im Grundbuch eingetragene Rang maßgebend. Die Grundbucheintragung begründet den Rang. Unerheblich ist, über welchen Rang sich die Beteiligten geeinigt haben. Das Grundbuch ist bezüglich des Rangs nicht unrichtig. Möglich ist aber die Grundbuchunrichtigkeit wegen Unwirksamkeit des Rechts selbst, wenn dieses zufolge der Rangabweichung von der Einigung der Parteien nicht entstanden ist (§ 139 BGB).[1] Es kann ein Schadensersatzanspruch gegen den Staat wegen Amtspflichtverletzung gegeben sein, insbesondere wenn das Recht später in der Zwangsversteigerung ausfällt. Ist jedoch das Rangverhältnis gem. § 879 Abs. 3 BGB mit dinglicher Wirkung abweichend vom gesetzlichen Rangverhältnis bestimmt, ist das Grundbuch hinsichtlich des Rangs nur richtig, wenn der Vermerk der Einigung entspricht. Fehlt es daran, hat das Recht den gesetzlichen Rang des § 879 Abs. 1 BGB. Das Grundbuch ist bezüglich des Rangvermerks unrichtig. Fehlt ein der Einigung entsprechender Rangvermerk, ist das Grundbuch richtig. Jedoch ist in allen Fällen der Abweichung der Eintragung von der materiell-rechtlichen Einigung der Beteiligten über das Rangverhältnis zu prüfen, ob gem. § 139 BGB durch die Abweichung das gesamte ei...

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